· Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Steuerstrafverteidiger antwortet
Irrtum über die schenkungsteuerliche Anzeigepflicht
von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf
| Unwissenheit kann - entgegen der Redensart - durchaus vor Strafe schützen, oder, um es juristischer zu formulieren, dem Vorsatz oder der Schuld als Voraussetzung strafbaren Verhaltens entgegenstehen. Wie die Fehlvorstellung eines Täters bei der steuerstrafrechtlichen Würdigung zu behandeln ist, ist immer schwierig. Die Abgrenzung zwischen dem Tatumstandsirrtum, bei dem der Täter nach § 16 StGB (stets) ohne Vorsatz handelt, und dem Verbotsirrtum nach § 17 StGB , bei dem der Täter (nur dann) ohne Schuld handelt, wenn der Irrtum unvermeidbar war, ist umstritten. |
Frage des Steuerberaters
Meine Mandantin, die schon fortgeschrittenen Alters ist, hatte sich entschlossen, ihren drei Söhnen den Großteil ihres beachtlichen Vermögens schon zu Lebzeiten zuzuwenden. Nachdem dann weder die Söhne noch sie selbst diese Schenkung angezeigt hatten, wird gegen die Mandantin nun wegen Hinterziehung von Schenkungsteuer ermittelt. Obschon ihr klar war, dass es sich bei der Schenkung um einen steuerlich relevanten Sachverhalt handelte, versichert die Mandantin glaubhaft, dass sie keine Kenntnis davon hatte, dass auch sie als Schenkerin zur Anzeige des Erwerbs verpflichtet war.
Antwort des Verteidigers
In objektiver Hinsicht liegen die Voraussetzung einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO vor. Gemäß § 30 Abs. 2 ErbStG war nämlich auch die Mandantin verpflichtet, den Erwerb gegenüber dem FA anzuzeigen. Durch das Unterlassen dieser Anzeige hat sie das FA pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen. In subjektiver Hinsicht unterlag die Mandantin allerdings einer Fehlvorstellung. Sie ging davon aus, dass Anzeige- und Erklärungspflichten nach dem ErbStG nur den Erwerber träfen. Dieser Irrtum ist nicht unverbreitet, weil die steuerlichen Pflichten meist bei demjenigen angesiedelt sind, bei dem ein Zufluss stattfindet. Der Irrtum bezog sich somit nicht auf die tatsächlichen Umstände der Schenkung und auch nicht auf den Schenkungssteueranspruch, sondern allein auf die Verpflichtung, Angaben gegenüber dem FA machen zu müssen. Ein Irrtum über das Bestehen einer solchen „Garantenpflicht“ ist der Sache nach ein Irrtum über rechtliche Zusammenhänge und wird als solcher außerhalb des Steuerstrafrechts mehr oder minder unstreitig als Verbotsirrtum nach § 17 StGB behandelt.
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