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  • · Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet

    Kryptowährungen ‒ neue Möglichkeiten der Steuerhinterziehung im Einkommensteuerrecht?

    von RAin Dr. Janika Sievert, LL.M. Eur., FAin StrR, und RA Alexander Littich, LL.M., FA StrR, ECOVIS L+C Regensburg und Landshut

    | Zu der heute wohl bekanntesten digitalen Währung basierend auf der Blockchain-Technologie zählt der Bitcoin. Überweisungen in dieser Währung können über einen Zusammenschluss von Rechnern über das Internet abgewickelt werden, sodass anders als im herkömmlichen Bankverkehr keine zentrale Abwicklungsstelle benötigt wird. Eigentumsnachweise an Bitcoins können in einer persönlichen digitalen Brieftasche gespeichert werden. Bitcoins stellen jedoch kein gesetzliches Zahlungsmittel dar. Der Umrechnungskurs von Bitcoin in andere Zahlungsmittel bestimmt sich durch Angebot und Nachfrage. Der Hype um Kryptowährungen als krisensichere Geldanlage klingt nun etwas ab. Die steuerlichen Diskussionen um die Bitcoin-Technologie fangen aber gerade erst an. |

     

    Frage des Steuerberaters: Einer meiner Mandanten hat berichtet, vor 2 Jahren in Bitcoins investiert und diese im Privatvermögen gehalten zu haben. Da sich der Kurs so gut entwickelte, hatte er die Bitcoins nach nur 5 Monaten wieder verkauft und dabei einen hohen Gewinn i.H. von 120.000 EUR gemacht. Bei der Erstellung seiner Einkommensteuererklärung hat er diesen Gewinn jedoch nicht angegeben, da er dachte, digitale Währungen unterfallen keiner Steuerpflicht. Hat sich mein Mandant mit seiner Investition in die Kryptowährung der Steuerhinterziehung strafbar gemacht?

     

    Antwort des Strafverteidigers: Im Rahmen der Diskussion um die einkommensteuerliche Behandlung digitaler Währungen sind immer noch einige Fragen offen. Nach wohl herrschender Ansicht gelangen jedoch auch bei dem Verkauf von Kryptowährungen, die eine natürliche Person im Privatvermögen gehalten hat, die Vorschriften des deutschen Steuerrechts zur Anwendung. Bei dem Verkauf von Bitcoins im Falle des Mandanten handelt es sich damit einkommensteuerlich um sonstige Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 2 EStG i.V. mit § 23 EStG , wenn die Bitcoins zuvor im Rahmen eines Anschaffungsvorgangs erworben wurden.

     

    Kryptowährungen stellen Wirtschaftsgüter in digitaler und damit immaterieller Form dar, deren Veräußerungsgewinn als privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG dann steuerpflichtig ist, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Anschaffung und der Veräußerung nicht mehr als ein Jahr liegt. In diesem Bereich sind virtuelle Währungen nicht anders zu behandeln als Veräußerungssachverhalte von Fremdwährungen, welche als gesetzliche Zahlungsmittel anerkannt sind. Damit ist auch bei Kryptowährungen das First-In-First-Out-Verfahren (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 3 EStG) anzuwenden, und die zuerst angeschafften Bitcoin-Einheiten gelten auch als zuerst veräußert (eine Alternative wäre die Berechnung des Gewinns nach der Durchschnittsmethode ‒ siehe hierzu BFH 24.11.93, X R 49/90, BStBl II 94, 591).

     

    Wendet man die Fifo-Methode an, ist auf diese Weise zu bestimmen, wann die Haltefrist von einem Jahr abgelaufen war. Lag der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung der Bitcoins unter einem Jahr, liegt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vor. Die Besteuerungsgrundlage ist gemäß § 23 Abs. 3 EStG als die Differenz zwischen Anschaffungskosten und Veräußerungserlös zu ermitteln. Auch Werbungskosten, z.B. Tradingkosten, sind gemäß § 23 Abs. 3 S. 1 EStG zu berücksichtigen.

     

    Welche Kosten tatsächlich für die Erzeugung von Bitcoins und deren Verwaltung in den sogenannten Blockchains anfallen, ist umstritten und kann vielleicht nie genau festgestellt werden. Bereits der Stromverbrauch für die Erzeugung dieser digitalen Währung und etwa auch die Kühlung der Rechner, auf denen die Bitcoins verwaltet werden, ist enorm, wird jedoch seitens des Mandanten nicht belegt werden können.

     

    Der Gewinn aus der Veräußerung einer Kryptowährung binnen Jahresfrist ist nur dann steuerfrei, wenn er weniger als 600 EUR betragen hat. Dabei handelt es sich um eine Freigrenze; sobald auch nur ein Gewinn i.H. von 600 EUR erzielt wurde, ist der gesamte Betrag steuerpflichtig. Der Gewinn ist zudem mit dem persönlichen Einkommensteuertarif zu besteuern; er unterliegt nach herrschender Meinung nicht der Kapitalertragsteuer. Sollte der Mandant noch weitere Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften haben, gilt die Freigrenze für die Summe aller Gewinne und nicht nur für die virtuellen Veräußerungsgewinne.

     

    Dem Mandanten ist vorliegend also, soweit er durch den Verkauf der Bitcoins innerhalb der Jahresfrist einen Veräußerungsgewinn erzielt hat, zu einer Selbstanzeige nach § 371 AO zu raten. Bei Erzielen eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns hat er Einkommensteuer verkürzt. Natürlich sind auch bei virtuell erzielten Gewinnen die gesetzlichen Regeln des § 371 AO vollständig zu beachten. Daher müssen die letzten 10 Kalenderjahre vollständig aufgearbeitet und auch analog verwirklichte Einkommensteuerverkürzungen offengelegt werden.

     

    MERKE | Möglich ist auch eine Bezahlung realer Wirtschaftsgüter mittels einer digitalen Währung oder der Tausch z.B. von Bitcoins in eine andere Kryptowährung. Auch in diesen Fällen muss ein realisierter Gewinn, der durch die Verwendung vormals günstig gekaufter Bitcoins entsteht, ermittelt und versteuert werden.

     

    Nachdem der Hype um die Kryptowährungen derzeit etwas am Abklingen ist, sind künftig auch Verluste aus diesen Fremdwährungsgeschäften virtueller Art denkbar. Hier gilt wie gehabt, dass diese Verluste nur mit Gewinnen aus anderen privaten Veräußerungsgeschäften, welche aber auch analoger Art sein können, ausgeglichen werden können (§ 23 Abs. 3 S. 7 Hs. 1 EStG). Verbleibende Verluste können ins Vorjahr zurückgetragen und vorgetragen werden (§ 23 Abs. 3 S. 8 EStG). Der Verlustabzug nach § 10d EStG ist aufgrund der Vergleichbarkeit zu realen Devisengeschäften ebenfalls ausgeschlossen. Verluste aufgrund eines virtuellen Diebstahls, etwa bei Hackerangriffen, können mangels Veräußerung jedoch nicht berücksichtigt werden.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2018 | Seite 161 | ID 45280587