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  • · Nachricht · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet

    Schwarzgeldverlagerung in die Schweiz

    von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf

    | Das am 21.9.11 unterzeichnete und durch Ergänzungsprotokoll vom 5.4.12 geänderte Steuerabkommen mit der Schweiz soll zum 1.1.13 in Kraft treten. Zur Vermeidung der Zahlung zur Regularisierung des Auslandsvermögens denken einige Betroffene über einen Abzug des Vermögens aus der Schweiz nach. Hierfür müsste die Geschäftsbeziehung zu der Schweizer Bank bis zum Inkrafttreten des Abkommens am 1.1.13 beendet werden. Andere dagegen erwägen die Verlagerung von Schwarzgeld in die Schweiz, um auf diese Weise in den Genuss der „tarifgünstigen“ Regularisierung zu kommen. |

     

    Frage des Steuerberaters: Mein Mandant verfügt seit 1995 über ein Depot in der Schweiz mit einem aktuellen Wert von 500.000 EUR. Die Depotwerte wurden bis heute kontinuierlich durch unversteuerte Einnahmen aus dem Einzelunternehmen des Mandanten angeschafft. Daneben hat der Mandant 2008 noch ein Auslandsdepot in Luxemburg mit einem Wert von heute 200.000 EUR geerbt, ohne dies bei der Erbschaftsteuererklärung zu berücksichtigen. Auch die Kapitalerträge aus beiden Depots hat der Mandant bislang nie versteuert. Er möchte nun wissen, ob eine Übertragung der Depotwerte von Luxemburg in die Schweiz zur Folge hätte, dass auch dieses Vermögen regularisiert wird und er insofern dann auch strafrechtlich keine Konsequenzen zu befürchten habe.

     

    Antwort des Verteidigers: Das Steuerabkommen mit der Schweiz sieht zwei alternative Verfahren für die „Vergangenheitsbewältigung“ vor. Die vom Mandanten ins Auge gefasste Verlagerung des Vermögens von Luxemburg in die Schweiz erscheint unproblematisch bei der Variante der sogenannten „freiwilligen Meldung“ nach Art. 9 des Abkommens. Hierbei wird die Bank ermächtigt, die Identität des Depotinhabers und die Kontostände per 31.12.02 bis 31.12.13 zu melden. Die freiwillige Meldung gilt gemäß Art. 10 Abs. 1 des Abkommens als Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige. Steuerlich findet bei dieser Alternative eine reguläre Nachversteuerung statt.

     

    Der Mandant müsste hierbei also die Kapitalerträge nachversteuern, die auf das Schwarzgeld in der Schweiz entfallende ESt, USt und GewSt nachentrichten sowie die auf das geerbte Depot entfallende ErbSt bezahlen. Ferner fielen noch die Zinsen nach § 233a AO bzw. § 235 AO an. Strafrechtlich und steuerrechtlich wäre somit das Gleiche erreicht, wie wenn der Mandant ganz unabhängig vom Abkommen eine wirksame Selbstanzeige erstattet hätte. Eine Verlagerung des Vermögens von Luxemburg in die Schweiz hätte es hierfür dann auch nicht bedurft.

    Spannender ist die Situation, wenn der Mandant sich für die Regularisierung nach Art. 7 des Abkommens (Nachversteuerung durch Einmalzahlung) entscheidet. Durch die Einmalzahlung gelten nämlich die Steueransprüche aller vorgenannten Steuerarten als erloschen. Da dies auf den Zeitpunkt der Entstehung der jeweiligen Steuer zurückwirkt, können auch keine Zinsen anfallen. Offensichtlich haben die Verfasser des Abkommens die Möglichkeit einer Vermögensverlagerung in die Schweiz gesehen. Art. 7 Abs. 6 S. 3 des Abkommens regelt nämlich, dass die steuerliche Wirkung der Einmalzahlung nicht eintritt, soweit Vermögenswerte - und sei es auch nur indirekt - aus der Bundesrepublik Deutschland dem Vermögen in der Schweiz zufließen. Diese „Missbrauchsklausel“ gilt aber ausdrücklich nur, wenn diese Vermögenswerte erst nach der Unterzeichnung des Abkommens (am 21.9.11) aus Deutschland abgeflossen sind. Bestand das Auslandsvermögen dagegen - wie hier - schon vor dem 21.9.11, greift die Regelung nicht. Die gewählte Formulierung in Art. 7 Abs. 6 S. 3 des Abkommens lässt den Schluss zu, dass es dem Willen des Abkommens entspricht, Betroffenen die Möglichkeit zu eröffnen, auch außerhalb der Schweiz existierendes „Auslandsaltvermögen“ durch eine Verlagerung in die Schweiz mit zu regularisieren.

     

    Ein anderer Eindruck ergibt sich indes aus der Regelung in Art. 7 Abs. 6 S. 2 des Abkommens. Die steuerliche Erlöschenswirkung wird dort nämlich betragsmäßig auf das sogenannte „relevante Kapital“ begrenzt. Zuflüsse, die erst nach dem 31.12.10 erfolgten, erhöhen das relevante Kapital nur dann, wenn sie Abflüsse zwischen dem 31.12.02 und dem 31.12.10 kompensieren.

     

    Hätte der Mandant also im Laufe der Jahre 2003 bis 2010 vom Schweizer Depot einen Betrag von 200.000 EUR verbraucht, könnte er diese Lücke heute mit den entsprechend hohen Werten aus Luxemburg auffüllen. Nach Art. 7 Abs. 6 S. 2 des Abkommens würden diese 200.000 EUR dem relevanten Kapital hinzugerechnet, was zwar zu einer Erhöhung der Einmalzahlung aber eben auch zum Erlöschen der damit verbundenen Steueransprüche - hier die ErbSt und ESt auf die Kapitalerträge - führen würde. Da vorliegend aber das Depot in der Schweiz kontinuierlich befüllt wurde und keine Abflüsse erfolgten, besteht auch keine Möglichkeit mehr, die Werte aus Luxemburg dem relevanten Kapital hinzuzurechnen. Die 200.000 EUR aus Luxemburg würden daher weder von der Einmalzahlung noch vom Erlöschen der Steueransprüche erfasst.

     

    Im Ergebnis soll das Zusammenspiel der vorgestellten Regelungen wohl die Rückkehr bereits in andere „Steueroasen“ abgeflossenen Vermögens erleichtern (Wulf, „Aus dem Kuriositätenkabinett der Steueramnestie“, Stbg 12, 71). Eine Konzentration jeglichen Schwarzgelds und Auslandsvermögens in der Schweiz zum Zwecke einer vergleichsweise preisgünstigen Regularisierung ist dagegen erkennbar nicht gewollt.

     

    PRAXISHINWEIS | Bei der Nachversteuerung durch Einmalzahlung sieht das Abkommen ein Strafverfolgungshindernis, das betragsmäßig allerdings nur soweit reicht, wie die Steueransprüche erloschen sind. Da mangels vorangegangener Abflüsse die aus Luxemburg stammenden Werte dem relevanten Kapital nicht hinzugerechnet werden können, erlöschen insofern die Steuern nicht, mit der Folge, dass auch strafrechtlich ein Verfolgungshindernis hinsichtlich der ErbSt und der ESt auf die entsprechenden Kapitalerträge nicht begründet würde. Eine Verlagerung der Luxemburger Depotwerte in die Schweiz ist dem Mandanten nicht zu empfehlen. Eine Selbstanzeige unabhängig vom Abkommen dagegen schon.

     
    Quelle: ID 34988210