· Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet
Zeugenladung durch die Steuerfahndung
von Dr. Karsten Webel, LL. M. (Indiana) Hamburg
| Immer wieder werden Mitarbeiter eines Tatverdächtigen im Steuerstrafverfahren als Zeugen geladen. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen diese aussagen müssen bzw. ihnen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. |
FRAGE DES STEUERBERATERS: Mein Mandant H ist selbstständiger Handwerker, in dessen Betrieb ein Teil der Arbeiten ohne Rechnung erfolgte. Diese Aufträge fanden weder Eingang in die Buchhaltung noch in die Steuererklärungen. Die Buchhaltung wurde ‒ in voller Kenntnis dieses Vorgehens und der steuerlichen Folgen ‒ von der A erledigt, die mit meinem Mandanten liiert ist. Die A wurde nun von der Steuerfahndung im Steuerstrafverfahren gegen den H zu einer Zeugenvernehmung geladen. Mein Mandant fragt dementsprechend, ob die A zu dieser Vernehmung erscheinen muss und was zu beachten ist.
ANTWORT DES VERTEIDIGERS: Die Zeugin ist ein sog. persönliches Beweismittel, eine Beweisperson, die Auskunft über die Wahrnehmung von Tatsachen geben soll, nicht hingegen über Rechtsfragen, Erfahrungssätze, allgemeine Eindrücke, Vermutungen und Schlussfolgerungen. Sofern sie an der Vernehmung teilnimmt und aussagt, ist sie verpflichtet, wahrheitsgemäß auszusagen und ihre Aussage ggf. gem. § 59 StPO auf Verlangen zu beeiden. In den §§ 52 bis 55 StPO sind zwar verschiedene Weigerungsrechte geregelt, die dem Zeugen die Befugnis geben, die Aussage ganz oder teilweise zu verweigern, aber nach dem geschilderten Sachverhalt dürfte das Zeugnisverweigerungsrecht naher Angehöriger (§ 52 StPO) vorliegend nicht einschlägig sein, da die A mit dem Mandanten zwar liiert, aber weder verlobt noch verheiratet ist. Sollten sich A und H hingegen ein ernst gemeintes Eheversprechen gegeben haben, wäre A gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 StPO nicht verpflichtet, gegen den H auszusagen. Ein solches Eheversprechen ist jedoch unwirksam, wenn es gegen die guten Sitten verstößt, z. B. weil A oder H noch mit einer anderen Person verheiratet und noch nicht rechtskräftig geschieden sind. Sollte ein Zeugnisverweigerungsrecht bestehen, darf jedoch nicht einfach vom Erscheinen abgesehen werden, sondern die Zeugin muss sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen und mit dieser Begründung einen Antrag auf Entbindung vom Erscheinen stellen.
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