· Fachbeitrag · E-Sport als Krisengewinner
Warum E-Sportler in Sachen Steuern für eine weiße Weste sorgen sollten
von RA Dr. Rainer Spatscheck, FA StR und FA StrR, sowie RAin Lea Wimmer, FAinStR, Kanzlei Kantenwein Zimmermann Spatscheck & Partner PartGmbB
| Die Einnahmen erfolgreicher E-Sportler können beachtlich sein. Nicht jeder mag sich darüber bewusst sein, dass es sich dabei um Betriebseinnahmen handeln kann. Prominentes Beispiel hierfür ist der schwedische Fnatic-Star Flusha, der Ende 2020 wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, weil er Counterstrike-GO-Turniereinnahmen i. H. v. 120.000 USD aus 2015 nicht beim FA angegeben hatte. Der Beitrag zeigt, unter welchen Voraussetzungen steuerliche Pflichten für E-Sportler entstehen. |
1. Einleitung
Die steigende Beliebtheit des E-Sports unter Spielern und Fans gleichermaßen wird durch die Coronapandemie beschleunigt und verstärkt. Die Nutzerzahlen sind im vergangenen Jahr stark gestiegen (www.iww.de/s5512 Stand: 7.10.21). Grund dafür ist zum einen die pandemiebedingte fortgesetzte Digitalisierung der Gesellschaft, die auch zu einem stark wachsenden Interesse am digitalen Sport führt, und zum anderen das Fehlen der traditionellen Sport- und Entertainmentevents. Zwar hat die Coronapandemie zu einem starken Anstieg bei den Zuschauerzahlen geführt, eine dazu kongruente Steigerung des Umsatzes ist ‒ vermutlich wegen der pandemiebedingten Zurückhaltung großer Sponsoren ‒ aber ausgeblieben (www.iww.de/s5758). Dennoch ist davon auszugehen, dass die Umsätze nach dem „Ende“ der Pandemie wieder (weiter) stark ansteigen. Viele der neu hinzugewonnenen Zuschauer und Spieler werden auch künftig E-Sport konsumieren (www.iww.de/s5733).
Dass der E-Sport-Markt bereits vor der Pandemie verstärkt im Fokus der Finanzaufsichtsbehörden stand, zeigte sich schon 2018: Damals wurde die Analyseeinheit für Risikoorientierte Ermittlungen im Bereich der Steueraufsicht (ARES) zusammen mit dem Bochumer FA für Strafsachen damit beauftragt, Informationen zum Thema E-Sport zu sammeln und zu prüfen, ob Vereine, Veranstalter und Spieler ihren steuerlichen Verpflichtungen auch tatsächlich nachgekommen sind (www.iww.de/s5734). Die OFD Nordrhein-Westfalen hat dazu die FÄ aufgefordert, über Außenprüfungen in diesem Bereich an die ARES zu berichten. Grund dafür dürften das starke Umsatzwachstum und die zahlreichen internationalen Vertrags- und Zahlungskonstellationen gewesen sein.
Aufgrund der hohen Wachstumsraten wird die Besteuerung dieses Tätigkeitsfelds immer bedeutender werden. In Anbetracht der weiter dynamisch wachsenden Branche werden sich die Außen- und Steuerfahndungsprüfungen im Bereich des E-Sports spätestens nach Beendigung der coronabedingten „Ruhepause“ wieder mehren. Das FA wird die Vorgänge im Bereich des elektronischen Sports ‒ dank der Digitalisierung ‒ relativ leicht nachvollziehen können.
2. Überblick
Einnahmen im E-Sport können in unterschiedlichen Formen generiert werden. E-Sportler erzielen Einnahmen durch Antrittsgelder, Preisgelder, Spenden von Zuschauern und aus Werbung (z. B. Sponsorenverträge oder Youtube) oder im Rahmen eines Anstellungsvertrags. Oft erhalten sie auch Sachzuwendungen.
2.1 Abgrenzung zwischen Privatsphäre und Erwerbssphäre
Professionelle E-Sportler erzielen i. d. R. Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Einkünfte unterliegen nicht nur der Einkommen-, sondern auch der Gewerbesteuer. Gewerbliche Einkünfte liegen vor, wenn der Steuerpflichtige eine selbstständige Tätigkeit nachhaltig und mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, ausübt. Darüber hinaus muss er sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligen, und die Tätigkeit darf nicht den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 13 EStG, den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit gem. § 18 Abs. 1 EStG oder der reinen Vermögensverwaltung zuzurechnen sein. Mit der Zuordnung als gewerbliche Einkünfte geht i. d. R. die Gewerbesteuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 GewStG einher. Die Kriterien für die Annahme der sachlichen Gewerbesteuerpflicht stimmen mit denen des § 15 Abs. 2 EStG überein.
2.1.1 Verdeckte Liebhaberei
Klassischer Streitpunkt bei der Ertragsteuer ist die Abgrenzung zur Liebhaberei. Letztere ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige keine Gewinnerzielungsabsicht aufweist, wenn er den E-Sport ausführt. Die Gewinnerzielungsabsicht dient dazu, die steuerbare Erwerbssphäre vom nicht steuerbaren Privatbereich abzugrenzen (Krumm in: Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 15 EStG, Rn. 35).
Schwierig ist die Differenzierung zwischen privatem Vergnügen und der Ausübung einer Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht insbesondere in den Fällen, in denen es Überschneidungen zwischen Privat- und Erwerbsbereich gibt. Dies kommt auch im Bereich des E-Sports oft vor. Meist beginnt das Videospielen als Hobby. Das reine Videospiel führt noch nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen. Auch die vereinzelte Teilnahme an Wettbewerben führt nicht (notwendig) zur Gewinnerzielungsabsicht. Beim regelmäßigen wettbewerbsmäßigen Gamen und damit einhergehender Professionalität können aber steuerbare Einkünfte entstehen.
Ob ein Gamer mit Gewinnerzielungsabsicht handelt und sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (der BFH hat im Urteil vom 23.10.92, VI R 59/91, BStBl. II 93, 303 die Maßstäbe zur Prüfung der Liebhaberei bei Sportlern festgelegt. Diese sind auch bei der Prüfung der Liebhaberei bei E-Sportlern anzuwenden, vgl. dazu z. B. FG Münster 12.10.18, 14 K 799/11, EFG 18, 2019). Die Absicht, langfristig Einkünfte in Form eines Überschusses der Einnahmen über die Ausgaben zu erzielen, ist als „innere Tatsache“ anhand äußerer Umstände zu beurteilen (Krumm in: Kirchhof/Seer, EStG, a. a. O., § 15 EStG, Rn. 37). Äußere Umstände können sein:
- wiederholte Teilnahme an Wettkämpfen mit sicherer Gewinnchance,
- persönliche Fertigkeiten,
- Abschluss von Sponsoringverträgen,
- Angabe eines (Paypal-)Kontos für Spenden,
- Bekanntheitsgrad,
- konstante Spielerfolge in der Vergangenheit,
- Abschätzung von Gewinnchancen/Aussicht auf Siegprämien,
- Selbstdarstellung/Selbstvermarktung,
- Streaming von Spielen,
- Umfang des Engagements (zeitliche Komponente) sowie
- Höhe der Einnahmen.
Relevant wird die Frage der Gewinnerzielungsabsicht immer, wenn es um die Beachtung von Verlusten geht. In Anbetracht des Zusammenhangs mit privaten Interessen beim wettbewerbsmäßigen Computerspielen wird bei Verlusten zu Beginn regelmäßig von Liebhaberei ausgegangen (Beweis des ersten Anscheins, Krumm in: Kirchhof/Seer, EStG, a. a. O., § 15 EStG, Rn. 38, 39). Sobald aber faktisch dauerhaft Gewinne erzielt werden, liegt quasi unwiderlegbar Gewinnerzielungsabsicht vor (Krumm in: Kirchhof/Seer, a. a. O., § 15 EStG, Rn. 35).
Werden Verluste geltend gemacht, z. B. weil teures Equipment angeschafft wird (Spielkonsolen o. Ä.), prüft das FA sehr genau, ob Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Verluste werden von der Finanzverwaltung nur berücksichtigt, wenn ein schlüssiges Betriebskonzept vorgelegt werden kann (BFH 23.5.07, X R 33/04, BStBl. II 07, 874), aus dem hervorgeht, dass mit dem Spielen von Computerspielen in speziellen Wettbewerben insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden kann. Für die Frage, ob ein positives Gesamtergebnis erzielt werden kann, müssen die insgesamt zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben für den Zeitraum zwischen der Aufnahme und der Aufgabe der mit steuerlicher Relevanz beabsichtigten e-sportlichen Betätigung gegenübergestellt werden. War bei objektiver Betrachtung die Erzielung eines Totalgewinns von vornherein ausgeschlossen, geht der BFH von einer Liebhaberei aus (BFH 23.5.07, X R 33/04, BStBl. II 07, 874; Krumm in: Kirchhof/Seer, a. a. O., § 15 EStG, Rn. 38). Verluste können dann nicht steuerlich geltend gemacht werden.
Soweit eine Steuerbarkeit nach § 15 EStG verneint wird, muss § 22 Nr. 3 EStG als Auffangnorm beachtet werden.
2.1.2 Vom Hobby zum Beruf
Die Schwelle vom Hobbygamer zum Profi kann zuweilen schnell überschritten werden. Für viele Hobbyspieler mag es ein Traum bleiben, doch für den Fall, dass die Teilnahme an wettbewerbsmäßigen Computerspielen zu den ersten konstanten Turniergewinnen, medialer Aufmerksamkeit oder zum ersten Sponsoringvertrag führt, darf nicht vergessen werden, dass damit steuerliche Pflichten entstehen können. Zwar reicht die sporadische Teilnahme an Turnieren allein für eine Gewinnerzielungsabsicht noch nicht aus. Auch vereinzelte Turniererfolge sind ‒ bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht ‒ i. d. R. (noch) irrelevant. Ob Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, ist individuell zu bestimmen. Durch regelmäßige Gewinne wird die Gewinnerzielungsabsicht aber unterstrichen. Die Grenze zwischen Hobbygamer und Profi ist fließend und vom Einzelfall abhängig. Das FA wird jeden einzelnen Fall gesondert prüfen.
2.2 Steuerpflichtige Einnahmen
Bei den steuerpflichtigen Einnahmen ist wie folgt zu differenzieren:
2.2.1 Startgelder/Preisgelder/Aufwandspauschalen
Teilweise werden von Turnierveranstaltern Startgelder an bekannte Spieler oder Teams gezahlt. Dabei handelt es sich um einen finanziellen Anreiz, um den Spieler bzw. das Team für die Veranstaltung gewinnen zu können. Eine solche Zahlung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der erbrachten Tätigkeit und ist daher als Betriebseinnahme zu erfassen.
Preisgelder oder Prämien sind dagegen i. d. R. erfolgsabhängig gestaltet. Preisgelder sind im Bereich der Einkommen- und Gewerbesteuer steuerpflichtig, wenn sie in einem untrennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Einkunftsart des Einkommensteuergesetzes stehen (BMF 5.9.96, IV B 1-S 2121-34/96, FMNR435000096). Das ist i. d. R. der Fall, wenn das Preisgeld Ziel und unmittelbare Folge der Tätigkeit des Steuerpflichtigen ist (BMF, a. a. O.). Davon ist auszugehen, wenn eine besondere Leistung erbracht worden ist. In Anlehnung an diese Rechtsprechung ist bei den meisten Turniergewinnen von einer Einkommensteuerpflicht auszugehen.
2.2.2 Streamingeinnahmen
In professionell betriebenen Wettkämpfen treten professionelle Gamer gegeneinander an, um sich den Titel und Preis des Turniers zu sichern. Zuschauer können entweder vor Ort oder per Online-Stream weltweit die Spiele live mitverfolgen. Über das Internet können die Pro-Gamer mit ihrer Spieltätigkeit auch ohne Teilnahme an Wettkämpfen Geld verdienen:
- Durch das Streamen in Form eines sog. „Video-on-Demand“ oder in Form eines „Live-Streamings“ treten die Spieler in Kontakt zu ihren Fans oder Zuschauern. Diese können die Inhalte abrufen, anschauen, öffentlich kommentieren und teilen. Typische Plattformen sind hierfür Twitch und Youtube. Streaming-Plattformen bieten Partnerschaften (Abonnements) mit Streamern an (sog. subscriptions). Auf Twitch und auch auf dem Konkurrenten Mixer, kosten Abonnements mindestens 4,99 USD pro Monat. Die Abonnenten kommen für das gezahlte Geld meistens in den Genuss von exklusiven Inhalten, wie Emojis und zusätzlicher Interaktion mit dem Streamer. Einen Bruchteil der Einnahmen aus den Abonnements behält Twitch (zwischen 50 Prozent und 30 Prozent). Der Rest geht an den Streamer. Für Kunden von Amazon Prime gibt es zusätzlich die Besonderheit, einen einzelnen Streamer monatlich auf Twitch zu unterstützen, ohne Geld für ein Abonnement zahlen zu müssen. Auch hier bekommt der Streamer Geld von Twitch ausgezahlt.
- Streamer können durch Nennung/Einblendung eines Kontos während des Streams um Spenden bitten (sog. donations).
- Sowohl Twitch als auch Youtube vergeben Werbeeinnahmen pro 1.000 Views auf Videos. Bei jedem Video eines Twitch-Partners/Youtubers erscheint zu Beginn ein Werbe-Clip, wofür der Streamer einen Geldbetrag erhält. Während und nach den Streams kann zusätzlich Werbung geschaltet werden, womit weitere Einnahmen generiert werden können.
2.2.3 Werbeeinnahmen
Pro-Gamer haben, wie andere Sportler auch, ihren eigenen Fankreis und sind damit potenzielle Werbeträger für Unternehmen. Die gewerbliche e-sportliche Tätigkeit umfasst neben dem Videospiel in speziellen Wettbewerben auch eine etwaige werbende Tätigkeit (BFH 19.11.85, VIII R 104/85, BStBl. II 86, 424).
- Immer mehr Unternehmen betätigen sich als Sponsoren im E-Sport-Bereich, um eine neue, junge und kaufkräftige Zielgruppe zu erschließen (www.iww.de/s5735). Die Werbemöglichkeiten dabei sind vielfältig: Trikots mit Logo, Nutzung von Produkten eines bestimmten Herstellers bei öffentlichen Auftritten, Werbebanner und Social-Media-Kampagnen. Der Sponsor erbringt seine Leistungen durch einmalige, laufende oder regelmäßige Geldzahlungen oder Sachleistungen (z. B. Ausstattung, Verpflegung bei Veranstaltungen, Druck von Einladungen etc.). Diese Vermögenszugänge müssen als Einnahmen aus Gewerbebetrieb erfasst werden.
- Einige E-Sportler sind auch auf den Social-Media-Kanälen vertreten. Mittlerweile sind sie unter den Top 10 der Sportler mit den meisten Interaktionen (= Likes, Kommentare, Shares oder Views) angelangt. Die Pro-Gamer berichten über ihre Lieblingsspiele, Spielzüge, neues Equipment oder empfehlen Produkte/Spiele. Die Honorare können Einmalzahlungen (z. B. Zahlung für einen Testbericht zu einem neuen Spiel) oder laufende Vergütungen (z. B. monatliche Zahlung, damit pro Monat eine bestimmte Anzahl von Fotos mit Equipment online gestellt wird) sein. Ob Einmalzahlung oder laufende Vergütung ‒ sie alle sind ordnungsgemäß zu erklären. Die Einnahmen aus Werbeanzeigen, mit denen der Gamer direkt auf Seiten von Dritten verlinkt, sind auch als gewerbliche Einkünfte (sog. Affiliate-Links) zu erfassen. Einnahmen über Affiliate-Links werden nur generiert, wenn ein Besucher der Webseite die Werbung öffnet, die Webseite des Werbetreibenden nach Weiterleitung besucht oder ein Produkt des Werbetreibenden nach Weiterleitung bestellt.
2.2.4 Sachzuwendungen
Die Bewertung der Sachzuwendung erfolgt nach § 6 Abs. 4 EStG (ggf. i. V. m. § 6 Abs. 7 EStG) mit dem gemeinen Wert. Wenn es sich um eine Betriebseinnahme handelt, wird die Sachzuwendung entsprechend Teil des Betriebsvermögens. Die Einnahmen stellen die Anschaffungskosten dar. Abnutzbare Wirtschaftsgüter können abgeschrieben werden, § 7 EStG. Die betriebliche Verwendung führt über den Verbrauch im Umlaufvermögen oder über die Abschreibung im Anlagevermögen zu Betriebsausgaben.
Problematisch ist, wenn die Sachzuwendung im E-Sport teils betrieblich, teils privat genutzt wird, z. B. wenn dem Pro-Gamer eine Spielekonsole unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird und er diese sowohl betrieblich als auch privat nutzt. Bei überwiegender Privatnutzung liegt eine mit dem Teilwert zu bewertende Entnahme i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG vor. Bei gemischter Nutzung ist sachgerecht aufzuteilen und der Teil, der auf die private Nutzung entfällt, als Entnahme (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) anzusetzen. Die Höhe des privaten Nutzungsanteils muss im Einzelfall geschätzt werden, meist anhand der zeitlichen Nutzungsdauer für private Zwecke im Verhältnis zur Gesamtnutzungsdauer.
2.3 Besonderheit: Grenzüberschreitende Sachverhalte
E-Sport ist ‒ wie es Computer- und Videospiele eben sind ‒ international aufgestellt. Zu jedem Zeitpunkt kann mit Menschen auf der ganzen Welt gespielt werden. E-Sport-Teams ‒ auch Clans genannt ‒ bestehen oft aus Spielern verschiedener Nationalitäten. Viele Turniere finden im Ausland statt (z. B. Fortnite WM). Die Internationalität des E-Sports führt zu Besonderheiten. Diese ergeben sich z. B., wenn ausländische Spieler für ein deutsches Team spielen oder deutsche Staatsbürger bei Turnieren im Ausland Siegprämien erhalten. Wenn ein Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland vorliegen, liegt unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des professionellen E-Sportlers vor, § 1 Abs. 1 EStG i. V. m. § 8 und 9 AO. Es gilt das Welteinkommensprinzip gem. § 2 Abs. 1 EStG. Nach diesem Prinzip müssen in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Spieler alle Einnahmen, die im Zusammenhang mit der gewerblichen sportlichen Tätigkeit stehen, im Rahmen der Steuererklärung angeben.
Ausländische Pro-Gamer, die in Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren ständigen Aufenthalt haben, sind in Deutschland mit den Einkünften steuerpflichtig, die einen besonderen Inlandsbezug aufweisen. Man spricht in diesem Fall von beschränkter Steuerpflicht, § 49 EStG. Sind die E-Sportler selbstständig tätig, unterliegen sie nach § 50a Abs. 1 EStG der deutschen Besteuerung, wenn sie durch im Inland ausgeübte oder verwertete sportliche oder ähnliche Darbietungen Einkünfte erzielen. Die Besonderheit dabei ist, dass die Steuer durch Abzug an der Quelle erhoben wird. Abzugs- und abführungsverpflichtet ist der, der auch die Vergütung schuldet (Gosch in: Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 50a EStG, Rn. 31 ff.). Im Fall einer Siegprämie z. B., die der Veranstalter des Turniers oder aber auch ein Sponsor ausgerufen hat, wäre damit der Turnierveranstalter (oder entsprechend der Sponsor) als Vergütungsschuldner dazu verpflichtet, die Steuer i. H. v. 15 Prozent einzubehalten und an das FA abzuführen (vgl. Gosch in: Kirchhof/Seer, EStG, a. a. O., § 50a EStG, Rn. 33). Der E-Sportler ist zwar Steuerschuldner, der Vergütungsschuldner aber haftet für die Einbehaltung und Abführung der Abgeltungsteuer, § 50a Abs. 5 S. 5 EStG.
Ein Steuerabzug kommt nicht in Betracht, wenn eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei der ausländischen Gamer vorliegt. Aus Gründen höchster Vorsicht ist es in Anbetracht des Haftungsrisikos aber immer ratsam, die Quellensteuer einzubehalten und abzuführen. Ohne eingehende Prüfung lässt sich kaum beurteilen, ob es sich tatsächlich um unbeachtliche Liebhaberei handelt. Der Einschätzung des Gamers selbst kann nicht ohne Weiteres gefolgt werden.
2.4 Umsatzsteuer
Für den E-Sport gibt es dazu zwar noch keine Entscheidungen, allerdings hat der BFH mit Urteil vom 30.8.17 entschieden, dass die Teilnahme an einem Pokerspiel im Rahmen eines umsatzsteuerrechtlichen Leistungsaustausches stattfindet, wenn durch den Veranstalter eine von der Platzierung unabhängige Vergütung gezahlt wird (BFH 30.8.17, XI R 37/14, BStBl. II 19, 336). Dies ist mit Startgeldern im E-Sport vergleichbar, weswegen auf solche Zahlungen Umsatzsteuer anfällt, wenn diese Leistung in Deutschland steuerbar ist.
I. d. R. unterfallen Gewinne allerdings nicht der Umsatzsteuer, da es in einer solchen Situation meist an dem für den umsatzsteuerrechtlichen Leistungsaustausch erforderlichen Zusammenhang fehlt (Preisgeld wird nur im Fall des Erfolgs ausgezahlt). Denn zwischen seiner Teilnahme an Pokerturnieren, Internet-Pokerveranstaltungen und Cash-Games einerseits und den erhaltenen Zahlungen (Preisgeldern und Spielgewinnen) andererseits habe kein unmittelbarer Zusammenhang bestanden (BFH 30.8.17, XI R 37/14, BStBl. II 19, 336). Auch hier muss davon ausgegangen werden, dass die Grundsätze dieser Entscheidung auf Preisgelder und Gewinne im E-Sport übertragbar sind (vgl. hierzu Trinks, SSP 10/20200, S. 22).
2.5 Abgrenzung zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Tätigkeit
Wer als E-Sportler bei einem Team ‒ auch Clan genannt ‒ angestellt ist, bekommt ein Gehalt, das ganz regulär versteuert werden muss ‒ mit den gleichen Abzügen vom Lohn wie jeder andere Arbeitnehmer auch. Die Preisgelder stehen dem Clan zu, der sie gegebenenfalls als Bonus oder Prämie an den E-Sportler weitergibt. Für die Abführung der Lohnsteuer sowie für die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge sind die Vereine verantwortlich.
3. Steuerstrafrechtliche Aspekte
Die steuerrechtliche Frage, ob die Einnahmen im Bereich des E-Sports steuerpflichtig sind, besitzt eine nicht zu unterschätzende strafrechtliche Relevanz:
Die Schwelle nicht steuerpflichtiger Einnahmen eines Gamers hin zu Einnahmen aus Gewerbebetrieb kann schnell überschritten sein. Der Gamer muss zwar subjektiv mit Gewinnerzielungsabsicht handeln. Allerdings streitet eine tatsächliche Gewinnerzielung quasi unwiderlegbar für das Vorliegen der entsprechenden Absicht (Krumm in: Kirchhof/Seer, EStG, a. a. O., § 15 EStG, Rn. 35). Die Abgrenzung zwischen Liebhaberei und Gewinnerzielungsabsicht ist einzelfallabhängig. Für den steuerlichen Laien ist sie schwer greifbar. Das FA wird daher jeden Einzelfall prüfen. Die Pflicht zur Prüfung der steuerlichen Pflichten im Zusammenhang mit dem E-Sport trifft E-Gamer, Vereine und Veranstalter gleichermaßen.
Es ist davon auszugehen, dass Betriebs- und Fahndungsprüfungen aufgrund der wachsenden Aufmerksamkeit aufseiten der Finanzverwaltung weiter zunehmen werden. Kommen die Prüfungen zu dem Ergebnis, dass die Einkünfte aus dem E-Gaming durch den Steuerpflichtigen nicht in der Steuererklärung angegeben bzw. gar keine Steuererklärung abgegeben und dadurch Steuern verkürzt wurden, handelt es sich um den objektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 2 AO. Eine Steuerhinterziehung setzt zudem vorsätzliches Handeln voraus, wobei bedingter Vorsatz genügt. Bedingter Vorsatz liegt nach Ansicht des BGH vor, wenn der Steuerpflichtige sich über die Steuerrechtslage im Unklaren ist, es ihm dabei aber möglich erscheint, dass seine Erklärung bei zutreffender Anwendung des Steuerrechts unrichtig oder unvollständig ist und er dies billigend in Kauf nimmt (vgl. nur BGH 8.9.11, 1 StR 38/11, wistra 11, 465). Es wird erwartet, dass jeder Steuerpflichtige sich über diejenigen steuerlichen Pflichten informiert, die ihn im Rahmen seines Lebenskreises treffen. Hat der Steuerpflichtige nicht vorsätzlich gehandelt, wird regelmäßig noch eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 Abs. 1 AO als „Auffangtatbestand” im Raum stehen.
Steuerstrafrechtlich kann aber auch der Fall bedeutsam sein, in dem das FA nachträglich feststellt, dass Verluste aus Liebhaberei zu Unrecht geltend gemacht wurden. Für die Frage, ob der Steuerpflichtige sich dadurch auch wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO strafbar gemacht hat, ist entscheidend, ob in den Steuererklärungen über den tatsächlichen Sachverhalt getäuscht wurde oder ob ggf. ein Tatbestandsirrtum vorliegt. Nach Auffassung des BGH muss der Steuerpflichtige nicht nur die eigene Rechtsansicht darlegen, sondern darüber hinaus als innere Tatsache auch Kenntnisse und Absichten bezüglich eines steuerlich relevanten Vorgangs (z. B. Gewinnerzielungsabsicht) deutlich machen (Meyer in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 370 AO, Rn. 141, [Aug. 2012]).
Das Risiko einer Überprüfung durch das FA, insbesondere die Steuerfahndung, darf nicht verkannt werden. E-Sportler sind nicht nur für Fans und Interessierte online verfolgbar, sondern auch für die Finanzbehörde. Die Finanzbehörde kann auf diese Weise relativ einfach Informationen sammeln, anhand derer überprüft werden kann, ob diese Person bislang Einnahmen aus dem E-Gaming steuerlich erklärt hat oder nicht. Betroffene sollten prüfen, oder besser noch von einem steuerlichen Berater prüfen lassen, ob sie ihren steuerlichen Verpflichtungen tatsächlich nachgekommen sind bzw. alle notwendigen tatsächlichen Angaben im Rahmen der Steuererklärung gemacht wurden. Im Zweifel ist aus Verteidiger- und Beratersicht die Berichtigung von Steuererklärungen nach § 153 AO oder eine Selbstanzeige nach § 371 AO in Betracht zu ziehen.
E-Sportlern, die ihren steuerlichen Pflichten nicht nachkommen, drohen nicht nur Nachzahlungen der nicht bezahlten Steuern und Zinszahlungen, sondern auch Geldstrafen und in einigen Fällen sogar Freiheitsstrafen.
PRAXISTIPP | Aus Verteidigersicht lohnt es sich, die Umstände des Einzelfalls genau aufzuarbeiten. Jeder Fall ist anders. Es ist ratsam, alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die gegen einen Vorsatz hinsichtlich des Steueranspruchs sprechen, vorzubringen. Plausibles und in sich schlüssiges Vorbringen dazu kann helfen, die Annahme eines bedingten Vorsatzes zu vermeiden. In der Abwehrberatung ist maßgeblich, dass im Steuerstrafverfahren die Verfolgungsbehörde die alleinige Beweislast für das Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Straftat trägt. |
Weiterführender Hinweis
- Definition des E-Sport-Bunds e. V.: E-Sport ist der unmittelbare Wettkampf zwischen menschlichen Spieler/innen unter Nutzung von geeigneten Video- und Computerspielen an verschiedenen Geräten und auf digitalen Plattformen unter festgelegten Regeln. Der Vergleich der sportlichen Leistung im E-Sport bestimmt sich aus dem Zusammenwirken einer zielgerichteten Bedienung der Eingabegeräte in direkter Reaktion auf den dargestellten Spielablauf bei gleichzeitiger taktischer Beherrschung des übergreifenden Spielgeschehens. Bezugsobjekt der sportlichen Tätigkeit sind Videospiele, die in ihrem Aufbau und ihrer Wirkungsweise den Anforderungen an die sportliche Leistungsermittlung genügen, den Spielerfolg nicht überwiegend dem Zufall überlassen und einen reproduzierbaren Spielrahmen zum Vergleich der Leistung zwischen den Spieler/innen bieten (www.iww.de/s5513, Stand: 7.10.21).