· Fachbeitrag · Finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren
Vollstreckung trotz Corona-Auswirkungen?
von Dr. Karsten Webel, LL.M. (Indiana), Hamburg
| Die Zivil- und Finanzgerichte beschäftigen sich zurzeit mit den Auswirkungen der Corona-Krise auf das finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren: Es geht einerseits um die Frage, ob bei einem mehr als unerheblich von den Auswirkungen der Pandemie betroffenen Steuerpflichtigen die Vollstreckung einzustellen ist, und andererseits um die Frage, ob die Pfändung eines Girokontos einzustellen ist, wenn darauf eine Corona-Soforthilfe überwiesen wurde. Diesen Fragen kommt auch eine (steuer-)strafrechtliche Dimension zu. |
1. Einstellung der Vollstreckung?
Zu dieser Frage hat das FG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 29.5.20 (9 V 754/20 AE(KV), Abruf-Nr. 217330) im Rahmen eines AdV-Verfahrens Stellung bezogen.
1.1 Sachverhalt
Wegen fälliger, aber strittiger Steuerforderungen verfügte das Finanzamt (FA) am 19.3.20 die Pfändung und Einziehung von Bankguthaben der Antragsteller (ASt.) Dagegen begehrten die ASt. vorläufigen Rechtsschutz. Zur Begründung verwiesen sie neben den noch strittigen Steuerforderungen zudem auf das Schreiben des BMF v. 19.3.20 betreffend „Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung des Coronavirus COVID-19/SARS-CoV-2“ (BStBl I 20, 262). Danach sei es angezeigt, Steuerpflichtigen, denen wegen des Coronavirus beträchtliche wirtschaftliche Schäden entstanden seien oder noch entstehen würden, durch steuerliche Maßnahmen entgegenzukommen, um unbillige Härten zu vermeiden. Die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffenen Steuerpflichtigen können bis zum 31.12.20 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern stellen. Bei der Prüfung dieser Anträge sei kein strenger Maßstab anzulegen. Werde dem FA bekannt, dass der Vollstreckungsschuldner unmittelbar und nicht unerheblich betroffen ist, soll bis zum 31.12.20 von Vollstreckungsmaßnahmen bei allen rückständigen oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Steuern i. S. d. BMF-Schreibens abgesehen werden.
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