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  • · Fachbeitrag · Gesetzesentwurf

    Neuregelung der Selbstanzeige - ein misslungener Flickenteppich

    von RA Dr. Christian Fuchs, FA StR, CF Rechtsanwälte, Fürth

    | Die Selbstanzeigeregelung wird zum 1.1.15 verschärft. Der neue Gesetzesentwurf ändert vor allem die §§ 371 , 398a AO . Hierbei sind einige Umsetzungen handwerklich missglückt. Der folgende Beitrag beleuchtet einige Schwachpunkte der neuen Regelungen. |

    1. Umsatzsteuer: Wiedereinführung der Teilselbstanzeige

    Im Bereich der USt wird der harschen Kritik an der aktuellen Gesetzeslage Rechnung getragen. Bislang bestand das Problem, dass eine Korrektur von USt-Voranmeldungen juristisch gegebenenfalls als Selbstanzeige zu werten war und diese wegen Unvollständigkeit unwirksam war, wenn bereits für andere Monate unrichtige Voranmeldungen abgegeben waren, diese aber nicht mitkorrigiert wurden. Bei der Jahresmeldung stellte sich ein ähnliches Problem, wenn zwar die Voranmeldungen des Vorjahres inhaltlich richtig gestellt wurden, für das laufende Kalenderjahr jedoch schon wieder falsche Angaben in Voranmeldungen gemacht wurden. Dieses Problem hat der Gesetzgeber beseitigt, indem er für USt-Voranmeldungen wieder die wirksame Teilselbstanzeige wieder einführt (§ 371 Abs. 2a AO-E).

     

    Für die Jahresmeldung soll nun eine eingeschränkte Teilselbstanzeige zugelassen werden. Die Wirksamkeit einer Selbstanzeige bezogen auf die USt-Jahreserklärung wird nach dem Entwurf nicht tangiert, wenn bereits unrichtige Voranmeldungen aus Zeiträumen, die der Jahreserklärung nachfolgen, in der Welt sind. Damit verkommt § 371 AO zum Flickenteppich, denn für die USt gelten künftig andere Regeln als für andere Steuerarten.

    2. Berichtigungszeitraum und Verjährung

    Die Verlängerung der Verjährungsfrist für alle Steuerhinterziehungsdelikte auf zehn Jahre ist vom Tisch. Während der Referentenentwurf noch eine Änderung des § 376 AO vorsah, findet sich dies im Gesetzesentwurf nicht mehr. Stattdessen ist nun in § 371 Abs. 1 S. 2 AO-E geregelt, dass vollständige Angaben zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart für mindestens die letzten zehn Kalenderjahre erfolgen müssen.

     

    2.1 Berichtigungszeitraum

    Ausgangspunkt ist nach der Entwurfsbegründung der Abgabezeitpunkt der Selbstanzeige. Gibt ein Steuersünder am 1.3.15 eine Selbstanzeige ab, wären die zurückliegenden zehn Kalenderjahre die Jahre 2014 bis 2005. Für das Jahr 2014 kann beispielsweise für die ESt aber noch keine Steuerstraftat vorliegen, da die steuerrechtlichen Erklärungsfristen noch laufen. Der Steuerpflichtige kann am 1.3.15 noch eine zutreffende Steuererklärung für das Jahr 2014 abgeben. Steuerstraftaten können daher nur in neun der letzten zehn Kalenderjahre vorliegen. Würde man dies anders sehen und auch das Jahr 2014 zum Berichtigungsverbund hinzuzählen, würden die steuerrechtlichen Erklärungsfristen durch § 371 AO torpediert. Darüber hinaus könnten zu Beginn eines Jahres keine Selbstanzeigen abgegeben werden, da noch gar nicht alle erforderlichen Informationen vorliegen.

     

    2.2 Ermittlungsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden

    Zweitens stellt sich die Frage, wie man die Unvollständigkeit der Selbstanzeige überprüfen will. Die Verjährungsfrist für die einfache Steuerhinterziehung beträgt nach wie vor fünf Jahre. Hat der Selbstanzeigeerstatter ausgehend vom Jahr 2015 in 2008 unvollständige Berichtigungsangaben gemacht, stellt sich die Frage, ob die StA dieses Jahr überhaupt noch überprüfen kann. Ein Anfangsverdacht setzt eine verfolgbare Straftat voraus (§ 152 Abs. 2 StPO). Rein steuerrechtliche Ermittlungen wären wegen der verlängerten Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 S. 2 AO) wohl möglich. Diese können aber nicht dazu führen, strafrechtliche Folgen herbeizuführen, da ansonsten die Regelung des § 152 Abs. 2 StPO ausgehöhlt würde.

    3. Anpassung an steuerrechtliche Verjährungsfristen

    Hintergrund der Ausweitung des Berichtigungszeitraums ist eine Angleichung an die steuerrechtlichen Verjährungsfristen in Steuerhinterziehungsfällen. Nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO beträgt die steuerrechtliche Verjährungsfrist in diesen Fällen zehn Jahre. Bislang musste der Steuerpflichtige lediglich zu allen unverjährten Steuerstraftaten Angaben machen. Das FA musste bezüglich der strafrechtlich bereits verjährten, steuerrechtlich aber noch offenen VZ gegebenenfalls schätzen. Dies soll nun nicht mehr nötig sein. Hierbei wurde jedoch außer acht gelassen, dass der Verjährungsbeginn im Steuer- und Strafrecht unterschiedlich geregelt ist. Gibt ein Steuerpflichtiger keine Steuererklärungen ab, obwohl er dazu verpflichtet wäre, beginnt die steuerliche Verjährungsfrist erst drei Jahre nach Ende des VZ (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO). Strafrechtlich beginnt die Verjährung jedoch mit Ende der Veranlagungsarbeiten (BGH 7.11.01, 5 StR 395/01, NJW 02, 762). Dieser Zeitpunkt variiert je nach Veranlagungsstelle, tritt aber deutlich früher ein als drei Jahre nach dem Ende des VZ. So können durchaus zwei VZ steuerlich unverjährt, strafrechtlich aber bereits verjährt sein. In diesen Fällen muss die Finanzbehörde nach wie vor schätzen, wenn keine Angaben durch die Selbstanzeige zu den steuerlich noch offenen Jahren erfolgt sind.

    4. Strategische Überlegungen

    Nach § 398a AO-E werden die Strafzuschläge künftig teurer, was sich bei einem Hinterziehungsvolumen von 25.000 EUR wirtschaftlich negativ auswirken wird. Auch Hinterziehungszinsen müssen künftig sofort gezahlt werden, da diese nun Wirksamkeitsvoraussetzung der Selbstanzeige sind. Es kann aber auch sinnvoll sein, das neue Jahr abzuwarten und damit ein Altjahr der steuerrechtlichen Verjährung zuzuführen, z.B. dann, wenn der Mandant in den frühen 2000er-Jahren hohe Kapitalerträge erzielt hat. Dem ist allerdings das höhere Risiko der neu geregelten Selbstanzeige gegenüberzustellen. Bei Verkürzungsbeträgen von unter 25.000 EUR pro Jahr sind die Strafzuschläge des § 398a AO-E nicht relevant.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 285 | ID 42993327