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  • · Fachbeitrag · Sammelauskunft

    Rotlichtgewerbe: Zeitungsverlage müssen der Steufa Auftraggeber von Annoncen mitteilen

    von RD Dr. Oliver Löwe-Krahl, Oldenburg

    | Die Finanzverwaltungen wurden von den Landesrechnungshöfen und dem Bundesrechnungshof aufgefordert, eine wirksame und gleichmäßige Besteuerung im „Rotlichtgewerbe“ durchzusetzen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass der Fiskus die Einnahmen nachweisen muss. Da die Branche überwiegend mit Barzahlungen operiert und die Aufzeichnungen nur selten den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entsprechen, bleibt dem FA oft nichts anderes, als mittels weiterer Erkenntnisquellen auf das Vorliegen und den Umfang der Umsätze zu schließen. |

    1. Ermittlung der Einnahmen anhand von Indizien

    Ein Baustein für den Nachweis von gewerblichen Einkünften kann die öffentliche Werbung sein: Eine regelmäßige und kostenpflichtige Anzeigenschaltung spricht dafür, dass der Auftraggeber der Anzeigen auch entsprechende Einnahmen erzielt. Vor diesem Hintergrund hatte die beklagte Steufa Inserate als Ermittlungsansatz herangezogen. Sie verlangte von sämtlichen Zeitungsverlagen einer Region die Mitteilung der Auftraggeber von Annoncen, in denen sexuelle Dienstleistungen angeboten wurden. Typisch für die Inserate ist die - mehr oder weniger deutliche - Beschreibung eines erotischen Angebots meistens mit Angabe einer Mobiltelefonnummer.

    2. Meldungen auch für die Zukunft angefordert

    Die Steufa begnügte sich nicht mit der Abfrage bereits erschienener Inserate des laufenden Jahres, sondern forderte darüber hinaus auch für den Rest des Jahres die Daten der künftig erscheinenden Anzeigen und deren Auftraggeber. Die Pflicht zur Auskunftserteilung stützte die Steufa auf § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO (Ermittlung unbekannter Steuerfälle in Gestalt eines Sammelauskunftsersuchens). Zwei Zeitungsverlage wendeten sich gegen das Auskunftsersuchen mit der erfolglosen Klage vor dem FG (Niedersächsisches FG 27.8.13, 8 K 55/12, Abruf-Nr. 133179 und 78/12, Abruf-Nr. 133180).

    3. Einwendungen der Zeitungsverlage

    Die Kläger sahen die Voraussetzungen für ein Sammelauskunftsersuchen als nicht gegeben an und hielten die Aufforderung für zu unbestimmt. Es handele sich dabei um einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Pressefreiheit.

     

    3.1 Keine Berechtigung der Steuerfahndung zur Ermittlung der Inserenten?

    Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung bedürfen nach ständiger Rechtsprechung des BFH eines „hinreichenden Anlasses“ zur Erforschung eines steuerlichen Sachverhaltes (Löwe-Krahl, PStR 13, 257, 258). Diesen Anlass sah das FG zum einen durch die Feststellungen der Rechnungshöfe zum Besteuerungsdefizit als gegeben. Zum anderen konnte der Senat auch überzeugend selbst gewonnene Erkenntnisse heran ziehen, indem er auf eine Vielzahl von eigenen Verfahren verweist, bei denen die unzureichende Versteuerung der erotischen Dienste offenbar geworden war.

     

    3.2 Aufforderung zur Mitteilung von Anzeigen zu unbestimmt?

    Ein Auskunftsersuchen ist inhaltlich so eindeutig zu formulieren, dass der Auskunftspflichtige keinen Zweifel hat, was er genau beantworten muss. Unsicherheiten gehen zulasten des FA. Hier war die hinreichende Bestimmtheit des Auskunftsersuchens in der ursprünglichen Version nach Ansicht des Gerichts fraglich. Jedoch hatte die Steufa im Laufe des Einspruchsverfahrens das Auskunftsersuchen nachgebessert und eine genaue Rubrik der Anzeigen angegeben, sodass keine Zweifel mehr bestanden.

     

    3.3 Unverhältnismäßiger Eingriff in die Pressefreiheit?

    Der BFH (29.10.86, VII R 82/85, BStBl II 88, 359) hat bereits vor über 25 Jahren entschieden, dass Presseorgane in bestimmten Konstellationen (Chiffreanzeigen bezüglich Verkaufsangeboten im Ausland belegener Luxusimmobilien) die Identität von Inserenten offenbaren müssen. Im aktuellen Fall waren regelmäßig Telefonnummern angegeben, sodass man erwägen könnte, ob die Steufa nicht zunächst die Anschlussinhaber ermitteln müsste, bevor sie an die Zeitung herantritt. Dagegen spricht, dass im Rotlichtmilieu häufig die wahren Akteure verschleiert werden und die in den Anzeigen auftauchenden Telefonverbindungen nicht zu den wirtschaftlich tätigen Gewerbetreibenden gehören.

     

    Mögliche zivilrechtliche Vereinbarungen zwischen Inserenten und Zeitungen können eine Auskunftsverpflichtung nicht einschränken (BFH 16.5.13, II R 15/12, PStR 13, 257, 258). Schließlich war nach Überzeugung des Gerichts aufgrund der Beweisaufnahme das Heraussuchen der Daten technisch nicht aufwendig. Auch die Mitteilung künftiger Inserenten begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken.

    4. Praxishinweis

    Beim Umgang mit Sammelauskunftsersuchen unterlaufen immer wieder Fehler: Das Ersuchen ist ein Verwaltungsakt (§ 118 AO), der grundsätzlich auch mündlich ergehen kann (§ 119 Abs. 2 AO). Das ist bedeutsam für Erweiterungen oder Konkretisierungen gegenüber dem Auskunftsverpflichteten.

     

    • Wird der Verwaltungsakt nicht rechtzeitig (ein Monat, § 355 AO bzw. ein Jahr bei fehlender Belehrung, § 356 Abs. 2 AO) angefochten, erwächst er in Bestandskraft und muss befolgt werden. Der Einspruch hat keinen Suspensiveffekt (§ 361 AO). Erforderlich ist also noch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 361 Abs. 2 FGO bzw. § 69 FGO).

     

    • Die Steufa kann das Auskunftsersuchen mit Zwangsmitteln der AO (§§ 328 f.), Zwangsgeld bis 25.000 EUR durchsetzen.

     

    • Der Auskunftserteilende hat Anspruch auf Entschädigung seiner Aufwendungen nach den Vorschriften des JVEG (§ 107 AO).
    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 289 | ID 42336983