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  • · Fachbeitrag · Selbstanzeigenberatung

    Memo: Keine Addition der Hinterziehungsbeträge bei § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO

    von RiLG Dr. Daniel Hunsmann, Emden

    | Der BGH hat in seiner grundlegenden Entscheidung vom 15.12.11 (1 StR 579/11, Abruf-Nr. 120422 , Meyberg, PStR 12, 55 ) ausgeführt, dass im Hinblick auf das Überschreiten der Schwelle zum „großen Ausmaß“ i.S. des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO bei mehrfacher tateinheitlicher Tatbestandsverwirklichung der Steuerhinterziehung das „Ausmaß“ des jeweiligen Taterfolgs zu addieren ist. „Nichts anderes gilt“ - so der BGH wörtlich - „für § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO“. Letzterem kann jedoch nicht unwidersprochen bleiben. |

    1. Wortlaut

    So findet eine solche Annahme schon im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Während nämlich im Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO auf eine Steuerverkürzung bzw. auf einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil großen Ausmaßes abgestellt und damit allein an den tatbestandlichen Erfolg einer Hinterziehungshandlung i.S. des § 370 Abs. 1 AO angeknüpft wird, ist im neu eingeführten Ausschlussgrund des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO zudem von einem Überschreiten eines Betrags von 50.000 EUR je Tat die Rede. Insbesondere die explizite Formulierung „je Tat“ lässt zumindest Zweifel aufkommen, ob dieser Begriff mit einer „Handlung“ i.S. des § 52 StGB gleichzusetzen ist und damit alle tateinheitlichen Begehungsweisen zu einer einzigen Tat verschmelzen lässt. Vielmehr legt der Gesetzeswortlaut nahe, dass sich die Betragsgrenze von 50.000 EUR stets - und damit ohne Berücksichtigung materiell-rechtlicher Konkurrenzverhältnisse - allein auf die jeweilige Steuerart und den jeweiligen Veranlagungszeitraum bezieht (Rolletschke in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und -Steuerstrafrecht, § 371 AO Rn. 185 m.w.N.).

    2. Wille des Gesetzgebers

    Diese Sichtweise wird auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Zwar will sich der Gesetzgeber an der Rechtsprechung des BGH zum Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO „orientieren“. Dies darf aber nicht dazu verleiten, die Rechtsprechung zum „großen Ausmaß“ - en passant - auf die Auslegung des Ausschlussgrundes in § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO zu übertragen. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber hat sehr wohl herausgestellt, dass je Tat „pro Steuerart und pro Veranlagungszeitraum“ (BT-Drs. 17/5067 (neu), 22) bedeutet und das konkrete Beispiel gebracht, dass im Falle der Überschreitung des Schwellenwerts von 50.000 EUR „bei den Steuerarten Einkommensteuer und Umsatzsteuer für den jährlichen Besteuerungszeitraum die Rechtsfolge Straffreiheit nicht eintritt“ (BT-Drs. 17/5067 (neu), 24; bereits Hunsmann, NJW 11, 1482, 1486). Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, selbst etwa bei tateinheitlicher Abgabe von Steuererklärungen unterschiedlicher Veranlagungszeiträume bzw. Steuerarten für die Bemessung der Betragsgrenze i.H. von 50.000 EUR die verschiedenen Verkürzungserfolge zu addieren.