· Fachbeitrag · Steuerhinterziehung
Schweiz: Sukzessive Öffnung auch bei der Auslieferung in Steuerstrafsachen
von RA Daniel Holenstein, eidg. dipl. Steuerexperte, Zürich
| Der schweizerische Bundesrat, die Landesregierung, hat am 29.6.11 beschlossen, die Rechtshilfe bei Fiskaldelikten auszudehnen. Er schlägt vor, den Fiskalvorbehalt für alle Instrumente der Rechtshilfe, also auch für die Auslieferung, entfallen zu lassen. Dieser Beitrag stellt die bisherige Rechtslage bei der Auslieferung in Steuersachen dar und skizziert die Auswirkungen der geplanten Änderungen. |
1. Bisher keine Auslieferung bei Finanzdelikten
Die Auslieferungspraxis der Schweiz in Steuerstrafsachen ist von ihrem Fiskalvorbehalt geprägt. Bis vor wenigen Jahren lieferte die Schweiz keine Verdächtigen aus, wenn der ersuchende Staat die Auslieferung lediglich zur Verfolgung von Steuerdelikten verlangte. Werden dem Beschuldigten neben Steuerdelikten auslieferungsfähige Taten zur Last gelegt, steht die Auslieferung unter der Bedingung, dass der Verfolgte für die Steuerdelikte weder bestraft noch deren Begehung bei der Strafzumessung für die anderen Delikte berücksichtigt werden darf (BGer 22.1.86, BGE 112 I b 55 E.5 d.bb, S. 57).
Soweit es um indirekte Steuern wie Zoll, Mehrwertsteuer und Verbrauchssteuern geht, ist der Fiskalvorbehalt durch das Inkrafttreten des Abkommens vom 26.10.04 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstandes (Schengen-Assoziierungsabkommen; SAA) aufgeweicht worden. Sofern das dem Verfolgten angelastete Verhalten nach schweizerischem Recht als Abgabebetrug im Bereich der indirekten Fiskalität zu beurteilen ist, bewilligt die Schweiz das Auslieferungsersuchen.
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