· Fachbeitrag · Whistleblowing
Strafrechtliche Handlungsmöglichkeiten für Beratende in Verfahren mit Whistleblowing
von RiAG Frank Buckow, Berlin
| Die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.19 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (zitiert: WBRL; ABl. L 305 vom 26.11.19, S. 17), gültig ab 16.12.19, und die in der Zeit bis zum 17.12.21 daraufhin von Deutschland umzusetzenden Mindeststandards sowie das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (zitiert: GeschGehG; BGBl. I S. 466) vom 18.4.19, gültig ab 26.4.19, geben Anlass, die Bedeutung des sog. Whistleblowers (WB) zu skizzieren. |
1. Begriff des Whistleblowers
Nach Art. 5 Nr. 7 WBRL bedeutet „Hinweisgeber“ eine natürliche Person, die im Zusammenhang mit ihren Arbeitstätigkeiten erlangte Informationen über Verstöße meldet oder offenlegt (Dann/Mengel, NJW 10, 3265; Nöbel/Veljovic, CB 20, 34). Dabei bedeutet „beruflicher Kontext“, laufende oder frühere Arbeitstätigkeiten im öffentlichen oder im privaten Sektor, durch die Personen unabhängig von der Art der Tätigkeiten Informationen über Verstöße erlangen und bei denen sich diese Personen Repressalien ausgesetzt sehen könnten, wenn sie diese Informationen melden würden (Art. 5 Nr. 7 WBRL; zum Ganzen: Schmolke, NZG 20, 5; Dilling, CCZ 19, 214). Zentrale Elemente stellen dabei die Berufsbezogenheit, die ehemalige oder aktuelle Zugehörigkeit zu dem Unternehmen oder der Institution, die Kenntnis von Verstößen gegen Regeln, die Gutgläubigkeit des WB (Art. 6 Abs. 1a: „hinreichenden Grund“) und die Befürchtung von Repressalien bei Offenlegung dar. „Repressalien“ meinen ein Handeln oder Unterlassen, das ‒ ausgelöst durch eine Meldung ‒ einen ungerechtfertigten Nachteil bedeutet, Art. 5 Nr. 11 WBRL. Als unmittelbare Hinweisgeber oder Mittler i. o. S. kommen aber auch Compliance-Officer, Wirtschaftsprüfer u. a. in Betracht (Dann/Mengel, NJW 10, 3265; Nöbel/Veljovic, CB 20, 34).
Abzugrenzen ist aus strafrechtlicher Sicht der WB vom Informanten, der im Einzelfall gegen Zusicherung von Vertraulichkeit den Ermittlungsbehörden Informationen zukommen lässt (Anl D RiStBV). Auch wenn sich die Begriffe überschneiden können, setzt die Annahme eines Informanten einen Justizverwaltungsakt voraus, der die Sperrung für das weitere Verfahren zulässt, sofern nicht eine strafrechtliche Verstrickung vorliegt. Der WB soll geschützt werden vor Repressalien vornehmlich arbeits- oder disziplinarrechtlicher Art (Art. 19 WBRL), aber auch im Hinblick auf einige Straftatbestände (Art. 21 WBRL: Verleumdung, Verletzung des Urheberrechts, Verletzung der Geheimhaltungspflicht, Verstoßes gegen Datenschutzvorschriften, Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen). Da die WBRL das Strafprozessrecht unberührt lässt (Art. 3 Abs. 3d WBRL) und das Offizialprinzip gilt, wird die Anonymität des WB im Gegensatz zum Informanten kaum zu schützen sein (Dilling, CCZ 19, 214, 217).
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