Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Abgabenordnung

    Schätzung bei Wegfall der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG

    von ORRin Daniela Schelling, Stuttgart

    Unterlässt ein Steuerpflichtiger jahrelang pflichtwidrig die Abgabe der Einkommensteuererklärung, bedarf es für den Wegfall der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13 a EStG) keiner diesbezüglich an ihn gerichteten Mitteilung des FA. Für das FA ist die Möglichkeit einer Schätzung nach § 162 AO eröffnet (Niedersächsisches FG 25.3.14, 12 K 38/10, Abruf-Nr. 142304, Rev. BFH IV R 25/14).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K wendet sich gegen die nach einer Außenprüfung ffür die Streitjahre 1999 bis 2007 ergangenen Steuerbescheide. K bewirtschaftet seit Mitte der 1990er Jahre auf eigenen und gepachteten Flächen einen landwirtschaftlichen Betrieb. Bis 2003 wurden keine ESt-Erklärungen abgegeben. Für 2004 und 2005 erklärte K gemäß § 4 Abs. 3 EStG Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Mitte 2006 wies das FA allerdings den K darauf hin, dass es den Steuerakten entnommen habe, dass die Voraussetzungen für eine Ermittlung des Gewinns nach Durchschnittssätzen nach § 13a EStG weggefallen seien, weil die selbstbewirtschafteten Flächen 20 ha überschreiten. Aufgrund einer Außenprüfung erließ das FA erstmalige/geänderte Bescheide für die Jahre 1999 bis 2007. Die ESt wurde im Wesentlichen nach Richtsätzen geschätzt.

     

    Entscheidungsgründe

    Dem Erlass der ESt-Bescheide stehen die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung nicht entgegen. Für die Streitjahre 2002 bis 2007 war die normale Festsetzungsfrist von vier Jahren noch nicht abgelaufen (§ 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO, § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO). Bei 2001 war der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt. Für die Streitjahre 1999 und 2000 lag die verlängerte Festsetzungsfrist vor (§ 169 Abs. 2 S. 2 AO). Der K hat eine vorsätzliche Steuerhinterziehung dadurch begangen, dass er für die VZ 1999 und 2000 keine ESt-Erklärungen abgegeben hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Er hat zumindest billigend in Kauf genommen, einer Steuerzahlung zu entgehen. Angesichts des Bestands an Mutterkühen und Grünlandflächen konnte dem K nicht verborgen geblieben sein, dass er einen landwirtschaftlichen Betrieb in einer Größenordnung bewirtschaftete, der auch steuerliche Erklärungspflichten auslöste.

     

    Ein Landwirt darf grundsätzlich unter den Voraussetzungen des § 13a EStG den Gewinn nach Durchschnittssätzen ermitteln, wenn er nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften zur Buchführung verpflichtet ist und zudem die bewirtschafteten Flächen 20 ha nicht überschreiten (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG). Die bewirtschafteten Flächen überschreiten zwar ausnahmslos ab dem Wirtschaftsjahr 1998/1999 die 20 ha-Grenze, allerdings setzt der Wechsel der Gewinnermittlungsart nicht automatisch ein, sondern erfordert gemäß § 13a Abs. 1 S. 2 EStG eine entsprechende Mitteilung des FA. Der Gewinn ist dann letztmalig nach Durchschnittssätzen für das Wirtschaftsjahr zu ermitteln, das nach der Mitteilung endet. Eine solche Mitteilung ist allerdings entbehrlich, wenn der Landwirt durch falsche Angaben bei der Finanzbehörde den Eindruck erweckt hat, er dürfe noch nach Durchschnittssätzen versteuern. Mit der Bekanntgabe der tatsächlichen Verhältnisse darf die Finanzbehörde auch für vergangene VZ den Gewinn durch Schätzung ermitteln, so als habe sie rechtzeitig von dem Wegfall der Voraussetzungen nach § 13a EStG Kenntnis erlangt und die entsprechende Mitteilung erlassen. Hierbei ist auch eine Schätzung nach den amtlich aufgestellten Richtsätzen zulässig (BFH 29.11.01, IV R 13/00, BStBl II 02, 147).Eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen kommt ab dem Wirtschaftsjahr 2001/2002 daher nicht mehr in Betracht.

     

    Praxishinweis

    Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Das Verfahren (BFH IV R 25/14; ebenso FG München 29.11.11, 2 K 845/11, EFG 12, 318, Rev. BFH IV R 61/11)) ist mit folgenden Rechtsfragen anhängig:

     

    • Musste sich dem K angesichts der Größe seines landwirtschaftlichen Betriebs die Steuererklärungspflicht aufdrängen und liegt daher in der Nichtabgabe eine Steuerhinterziehung?

     

    • Entfällt die Berechtigung zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen auch ohne ausdrücklichen Hinweis des FA, wenn dieses den Wegfall der Voraussetzungen aufgrund von Verletzungen der Erklärungspflicht des Steuerpflichtigen nicht erkennen konnte?
    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 303 | ID 42955505