· Fachbeitrag · Besteuerungsverfahren
Verwertungsverbote im Steuerrecht
von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA StrafR, Krause & Kollegen, Berlin
Im Besteuerungsverfahren besteht kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt worden sind. Insbesondere führt nicht jeglicher Verstoß gegen Form- und Ordnungsvorschriften zwangsläufig zu einem Verwertungsverbot (FG Münster 30.1.14, 2 K 3074/12 F, Abruf-Nr. 141144). |
Sachverhalt
Gestritten wird über einen Bescheid über die gesonderte Feststellung eines Veräußerungsgewinns. Nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens wegen nicht erklärter Kapitaleinkünfte aus einem Nummernkonto bzw. aus einer Geldanlage bei einer Stiftung in der Schweiz ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei einem Erwerbsvorgang neben dem beurkundeten Kaufpreis noch 800.000 DM in bar erhalten hatte.
Der Kläger macht ein Verwertungsverbot der durch das FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung festgestellten Sachverhalte geltend. Es handele sich hierbei um Informationen aus Geschäftsunterlagen bei einer Bank, die Steuerbehörde habe eine Geheimnishehlerei gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG verwirklicht. Der Ankauf der Kundendaten durch den BND und die Weitergabe an die Steufa erfülle diesen Tatbestand, die Kundendaten sind Geschäftsgeheimnisse. Es existiere keine Ermächtigungsgrundlage für den Ankauf von im Ausland erlangten Steuerdaten. Weder dem BND noch den inländischen Strafverfolgungsbehörden sei ein solcher Ankauf erlaubt.
Entscheidungsgründe
Das FG wies die Klage ab. Ein Verwertungsverbot folge auch nicht aus einer möglichen behördlichen Straftat. Denn der Ankauf von Daten wäre nicht strafbar. Eine Strafbarkeit wegen Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB scheide aus, weil Daten keine „Sachen“ i.S. des § 259 Abs. 1 StGB sind. Soweit der Kläger meint, der mögliche Ankauf der Daten sei als Beihilfe oder Anstiftung zur unbefugten Verschaffung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu werten, lasse er unberücksichtigt, dass die Vorschrift den Unternehmensinhaber vor einer Verletzung seiner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse schützt sowie den Wettbewerb vor Verfälschung, nicht hingegen das Geheimhaltungsinteresse der Kunden. Im Übrigen bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzbehörde Angestellte im Ausland angestiftet hat, Daten auszuspähen oder Beihilfe hierzu geleistet hätte.
Praxishinweis
Es ist zwischen einfachen verfahrensrechtlichen Mängeln und qualifizierten materiell-rechtlichen Verwertungsverboten zu unterscheiden. Ein materiell-rechtliches Verwertungsverbot liegt nur vor, wenn die Ermittlung der Tatsachen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Steuerpflichtigen verletzt oder wenn die Tatsachen in strafbarer Weise von der Finanzbehörde erlangt worden sind. Der Verstoß kann auch nicht durch zulässige, erneute Ermittlungsmaßnahmen geheilt werden.
Handelt es sich hingegen nur um formelle Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, kann es nach Ansicht des BFH (BFH 19.8.09, I R 106/08, BFH/NV 10, 5; BFH 4.10.06, VIII R 53/04, BStBl II 07, 227; FG Rheinland-Pfalz 8.2.12, 2 K 1180/11, EFG 13, 574; FG Köln 15.10.10 14 V 2484/10, EFG 11, 1215) lediglich zu einem „einfachen“ Verwertungsverbot kommen, sofern die Prüfungsmaßnahmen erfolgreich angefochten oder nach Beendigung der Prüfung zumindest ihre Rechtswidrigkeit gemäß § 100 Abs. 1 S. 4 FGO festgestellt worden ist.
Nach diesen Grundsätzen erzeugen Beweisverwertungsverbote auch keine Fernwirkung. Denn Beweismittel, die durch andere, auf rechtswidrige Weise verschaffte Beweismittel mittelbar erlangt wurden, dürfen ebenfalls nur bei qualifizierten grundrechtsrelevanten Verfahrensverstößen oder in strafbarer Weise erlangten Erkenntnismitteln nicht verwertet werden. Qualifizierte Verstöße liegen aber nur vor bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind. Ein absolutes Beweisverwertungsverbot unmittelbar aus den Grundrechten ist nur in den Fällen anerkannt, in denen der absolute Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist.