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  • · Fachbeitrag · Betriebsprüfung

    Zur Vorlagepflicht eines Due-Diligence-Berichts in der Betriebsprüfung

    von Prof. Dr. Carsten Wegner, Krause & Kollegen, Berlin

    Die Frage, ob ein Due-Diligence-Bericht als Urkunde i.S. des § 200 AO bzw. sonstige Unterlage i.S. des § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO anzusehen und als solche vorlagepflichtig ist, ist höchstrichterlich derzeit noch nicht entschieden und wird in der Literatur kontrovers diskutiert wird (FG Münster 18.8.14, 6 V 1932/14 AO, Abruf-Nr. 142895).

     

    Sachverhalt

    Das FA führt eine Betriebsprüfung in der Unternehmensgruppe durch, der auch die Antragstellerin angehört. Die Prüfung, die noch nicht abgeschlossen ist, bezieht sich auf die VZ 2008 bis 2010. Das FA ist der Auffassung, dass im Hinblick auf eine Übernahme von Kommanditanteilen eine Überprüfung der Angemessenheit des Kaufpreises erforderlich sei. Auf der Ebene der Antragstellerin komme eine verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 KStG bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Abs. 8 EStG i.V. mit § 15 EStG in Betracht. Am 23.7.13 forderte das FA von der Antragstellerin die Unterlagen zur Due-Diligence-Prüfung an. Monate später übermittelte die Antragstellerin eine teilweise „geweißte“ Kopie des Due-Diligence-Berichts. Sie wies darauf hin, dass Beurteilungen, Würdigungen oder Ergebnisse von rechtlichen oder wirtschaftlichen Prüfungen „geweißt“ seien.

     

    Entscheidungsgründe

    Das FG gab dem Antrag gegen das Vorlageersuchen im AdV-Verfahren statt. Der Senat hat ernstliche - die AdV rechtfertigende - Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorlageersuchens. Zweifelhaft ist insoweit nicht nur, ob ein Due Diligence-Bericht grundsätzlich zu den vorlagepflichtigen Unterlagen (§ 200 Abs. 1 AO) gehört, sondern auch, ob die Aufforderung zur Vorlage des Due Diligence-Berichts noch ermessensgerecht ist, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.

     

    Praxishinweis

    Nach § 200 Abs. 1 AO hat der Steuerpflichtige bei der Feststellung der Sachverhalte, die für die Besteuerung erheblich sein können, mitzuwirken. Er hat insoweit Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Bücher und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen und die zum Verständnis der Aufzeichnungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§ 200 Abs. 1 S. 2 AO). § 200 Abs. 1 AO bestimmt die Mitwirkungspflichten für das Außenprüfungsverfahren als speziellere Vorschrift gegenüber den allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkungs- und Vorlagepflichten nach § 90 Abs. 1 S. 1 AO und § 97 AO. Die Grenzen einer Inanspruchnahme aufgrund der Mitwirkungspflicht ergeben sich daraus, dass die Finanzbehörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflicht zur Sachverhaltsermittlung (§ 88 Abs. 1 AO) nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, ob und in welcher Form sie die Mitwirkung des Steuerpflichtigen in Anspruch nimmt (BFH 28.10.09, VIII R 78/05, PStR 10, 114).

     

    Die Frage, ob ein Due-Diligence-Bericht als Urkunde i.S. des § 200 AO bzw. sonstige Unterlage i.S. des § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO anzusehen ist, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden und wird in der Literatur kontrovers diskutiert (Dörr/Geißelmeier/Mayr, NWB Fach 17, S. 2081 ff.; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 147 Rn. 23; Ditz, DStR 04, 2038). Gegen eine Vorlagepflicht spricht die in einem Due-Diligence-Bericht regelmäßig anzutreffende Vermischung von Passagen, in denen einerseits Tatsachen wiedergegeben und anderseits Sachverhalte gewürdigt und/oder juristisch bewertet werden. Hierbei handelt es sich um einen unternehmerischen Binnenbereich.

     

    Dass eine Vorlage „en bloc“ nicht in Betracht kommt, kann auch der Rechtsprechung des BFH entnommen werden (BFH 13.2.68, GrS 5/67, BStBl II 68, 365; BFH 27.6.68, VII 243/63, BStBl II 68, 592). Hier hat das Gericht klargestellt, dass Aufsichtsrats- und Vorstandsprotokolle wegen ihres Inhalts Urkunden besonderer Art sind. Sie könnten steuerrechtlich bedeutsame Vorgänge enthalten. Ein großer Teil betreffe allerdings erfahrungsgemäß nicht steuerrechtliche Sachverhalte. Das Gericht nimmt daher solche Protokolle von der Vorlagepflicht aus, von denen die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft glaubhaft versichern, dass sie keinen Bezug zu steuerrechtlichen Tatbeständen haben. Erst wenn Zweifel an der Richtigkeit der Versicherung bestehen, sei dem Prüfer Gelegenheit zu geben, sich von dem Inhalt des Protokolls anhand der Tagesordnung und gegebenenfalls durch Einsichtnahme zu überzeugen.

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 305 | ID 42960461