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  • · Fachbeitrag · Geldwäsche

    Polizeiliche Sicherstellung von Bargeld

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Krause & Kollegen, Berlin

    Wird Bargeld durch strafprozessuale oder vergleichbare Sicherstellungsmaßnahmen vereinnahmt und zur weiteren Verwahrung auf ein Konto eingezahlt, bleibt das dadurch entstandene Buchgeld tauglicher Gegenstand einer sich anschließenden polizeirechtlichen Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG (Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung; OVG Lüneburg 7.3.13, 11 LB 438/10, Abruf-Nr. 133181).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K wurde am 29.11.05 von Zollfahndern im Rahmen einer mobilen Kontrolle überprüft. Bei der Durchsuchung des Fahrzeugs fanden die Beamten in einer Reisetasche einen nicht angemeldeten Bargeldbetrag von 15.990 EUR vor, der sich aus einem Teilbetrag von 4.000 EUR (80 Banknoten à 50 EUR) und einem weiteren Teilbetrag in kleiner Stückelung von 11.990 EUR (52 Banknoten à 50 EUR, 353 Noten à 20 EUR, 218 Noten à 10 EUR und 30 Noten à 5 EUR) zusammensetzte, der in der Reisetasche gesondert in einer zugeknoteten Plastiktragetasche verwahrt wurde.

     

    Wegen des Verdachts der Geldwäsche stellten die Zollfahnder den Geldbetrag sicher und nahmen ihn in die zollamtliche Verwahrung. Nachdem sich der Verdacht der Geldwäsche nicht erhärten ließ, stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren am 16.1.06 gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein und forderte das Hauptzollamt (HZA) auf, den vereinnahmten Bargeldbetrag auf ein Konto der Beklagten zu überweisen, damit diese die Voraussetzungen einer polizeirechtlichen Sicherstellung des Geldes prüft.

     

    In dem bereits zuvor eingeleiteten Bußgeldverfahren gegen K wegen des Verdachts, gegen die Pflicht verstoßen zu haben, gemäß § 12a Abs. 1 S. 1 ZollVG a.F. mitgeführtes Bargeld auf Verlangen der Beamten des Zolldienstes anzuzeigen, erwirkte die OFD Hannover eine amtsgerichtliche Anordnung auf Leistung einer Sicherheit von 4.202,98 EUR, um damit eine zu erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens abzudecken. Den nach Abzug der Sicherheitsleistung verbleibenden Betrag von 11.787,02 EUR überwies das HZA an die beklagte OFD. Am 26.4.06 setzte die OFD Hannover gegen K ein Bußgeld von 4.200 EUR wegen Verstoßes gegen die zollrechtliche Deklarationspflicht fest und verrechnete ihre Geldforderung mit der Sicherheitsleistung. Mit Bescheid vom 20.12.06 stellte die OFD den bei K am 29.11.05 aufgefundenen Geldbetrag in Höhe eines Teilbetrags von 11.790 EUR sicher, nahm diesen in Verwahrung, erließ ein Verfügungsverbot und ordnete die sofortige Vollziehung der Maßnahmen an.

     

    Entscheidungsgründe

    Der angefochtene Bescheid vom 20.12.06 ist rechtmäßig und verletzt den K nicht in seinen Rechten. Rechtsgrundlage ist § 26 Nr. 1 Nds. SOG. Danach kann die Verwaltungsbehörde eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Die OFD hat mit dem hier streitigen Geldbetrag eine Sache sichergestellt. Der Sachbegriff des § 26 Nds. SOG entspricht dem des § 90 BGB und umfasst sämtliche körperlichen Gegenstände. Bargeld ist eine Sache und danach tauglicher Gegenstand einer Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG. Problematisch ist, dass vorliegend die beklagte OFD kein Bargeld sichergestellt hat, denn der bei K aufgefundene Bargeldbetrag war zunächst vom HZA in Verwahrung genommen und dort auf ein Konto eingezahlt worden. Eine daraus resultierende Forderung gehört grundsätzlich nicht zu den sicherstellungsfähigen Gegenständen (VG Oldenburg 29.6.10, 7 A 1634/09, DVBl 10, 1385). Nach Ansicht des OVG ist im vorliegenden Fall allerdings eine Ausnahme zu machen. Der Senat ist der Ansicht, dass § 26 Nds. SOG analog auf das unkörperliche Buchgeld anwendbar ist, wenn zunächst durch strafprozessuale bzw. zollamtliche Sicherstellungsmaßnahmen Bargeld vereinnahmt und zur weiteren Verwahrung auf ein Konto eingezahlt wurde. Ist beabsichtigt, den Geldbetrag gefahrenabwehrrechtlich sicherzustellen, bedürfe es vorher nicht der Umwandlung des Buchgeldes in Bargeld. Das Geld bleibt tauglicher Gegenstand einer Sicherstellung gemäß § 26 Nds. SOG.

     

    Mit der Sicherstellung des Geldbetrags wurde nach Ansicht des OVG eine gegenwärtige Gefahr abgewendet. Die Gefahrenlage braucht nicht in einer Eigenschaft der sicherzustellenden Sache begründet sein, sondern kann sich auch aus dem Verhalten des Besitzers ergeben. Vorliegend habe dieser das Geld aller Wahrscheinlichkeit nach im Rahmen von illegalen Drogengeschäften erhalten bzw. eingesetzt.

     

    Praxishinweis

    Unter konkreter Gefahr ist nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 1a Nds. SOG eine Sachlage zu verstehen, bei der die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eintreten wird. Die Gefahr ist nach § 2 Nr. 1b Nds. SOG gegenwärtig, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Der Begriff „gegenwärtige Gefahr“ stellt also strenge Anforderungen an die zeitliche Nähe und den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Es kommt aber auch auf die Schwere des drohenden Schadens und die Intensität des Eingriffs an: Je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist, umso geringer sind die Anforderungen, die an die Wahrscheinlichkeit gestellt werden können. Bei gefährlichen und schwer zu bekämpfenden Straftaten wie dem Rauschgifthandel sind deshalb die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeitsprognose nicht zu hoch anzusetzen.

     

    Für die Herkunft eines sichergestellten Bargeldbetrags aus dem Drogenhandel können folgende Gesichtspunkte sprechen:

    • hoher Geldbetrag,
    • Aufbewahrung an einem ungewöhnlichen Ort,
    • szenetypische Stückelung der Geldscheine,
    • nicht plausibel erklärte Herkunft der Mittel,
    • Verdachtsmomente aus der organisierten Kriminalität,
    • einschlägige strafrechtliche Ermittlungsverfahren bzw. Verurteilungen.
    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 283 | ID 42337368