· Fachbeitrag · Insolvenz
Bilanzstraftat und Schadenersatz
Ein gesetzliches Gebot oder Verbot ist als Schutzgesetz nur geeignet, soweit das geschützte Interesse, die Art seiner Verletzung und der Kreis der geschützten Personen hinreichend klargestellt und bestimmt ist. Eine solche Konkretisierung lässt sich, soweit es um die allgemeinen Auswirkungen der Verletzung der Buchführungspflicht auf die Gläubigerinteressen geht, in den Fällen des § 283 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 StGB nicht bejahen (OLG Hamm 7.2.14, I-9 U 224/13, 9 U 224/13, Abruf-Nr. 141481). |
Sachverhalt
Die Klägerin K macht gegen den Beklagten B als ehemaligen Geschäftsführer der K-GmbH Ansprüche aus 31 Lieferungen von Baustoffen geltend, die die K erbracht hat. Gegen den B ist wegen vorsätzlicher verspäteter Insolvenzantragstellung (§ 15a Abs. 1 S. 1 InsO) und wegen Bankrotts (§ 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB) ein Strafbefehl ergangen. Den Vorwurf der Insolvenzverschleppung hat das AG eingestellt (§ 154 SPO) und den B sodann wegen der Bilanzstraftat zu einer Geldstrafe verurteilt. Die K stützt ihren Zahlungsanspruch auf die strafgerichtlichen Feststellungen.
Entscheidungsgründe und Praxishinweis
Nach Ansicht des OLG hat die K weder einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 15a InsO noch einen solchen i.V. mit § 263 StGB schlüssig dargelegt. Soweit die K ihren Anspruch auf § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB stützt, scheidet ein solcher aus Rechtsgründen aus.
Praxishinweis
§ 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB ist kein sogenanntes Schutzgesetz. Bereits das Reichsgericht (RG 4.2.10, II 255/09, RGZ 73, 30) hat den Schutzgesetzcharakter der sich aus § 41 GmbHG ergebenden Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung und Bilanzziehung i.V. mit der durch § 240 Nr. 3 und 4 KO a.F. strafbewehrten Vernachlässigung dieser Pflicht bei Zahlungseinstellung oder Überschuldung der Gesellschaft verneint. Die Vorschriften seien offensichtlich im Interesse der Allgemeinheit erlassen worden und dienten nicht den Interessen eines Einzelnen (auch BGH 10.7.64, Ib ZR 208/62, BB 64, 1273).
In einer jüngeren Entscheidung führt der BGH (13.4.94, II ZR 16/93, BB 94, 1095) allerdings aus, dass die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Buchführung und Bilanzierung jedenfalls mittelbar auch gläubigerschützende Wirkung habe. Das ergebe sich daraus, dass erst eine ständige und zutreffende Dokumentation den Unternehmensinhaber in den Stand versetze, für geordnete finanzielle Verhältnisse und notfalls eine rechtzeitige Liquidierung eines nicht mehr rentablen Unternehmens zu sorgen. Ob in den Fällen, in denen ein Außenstehender im Vertrauen auf das unzulängliche Buchwerk zu Vermögensdispositionen veranlasst worden ist und gerade deswegen bei der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen kann, weil diese entgegen dem buchmäßig dargestellten Bild nicht kreditwürdig gewesen ist, anders zu entscheiden ist, hatte der BGH offen gelassen. Auch vorliegend kam es auf eine abschließende Stellungnahme des OLG nicht an.(CW)