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  • · Fachbeitrag · Investitionszulagen

    Freispruch für Finanzstaatssekretär

    | Das LG hat die Angeklagten B und S von Untreuevorwürfen teils aus tatsächlichen, teils aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen. Nun hat der BGH die Revisionen der Staatsanwaltschaft verworfen. |

     

    Sachverhalt

    B und S hatten in den Jahren 2003 bis 2005 als leitende Beamte im Finanzministerium MV Investitionszulagen für Bauvorhaben geprüft und gewährt. Sie sollen zur unberechtigten Auszahlung von Investitionszulagen beigetragen haben, indem sie entsprechende Weisungen an nachgeordnete Finanzbeamte erteilt haben. Von diesen Vorwürfen hat das LG Schwerin die Angeklagten ‒ einer ist inzwischen Staatssekretär im Finanzministerium MV ‒ freigesprochen.

     

    Entscheidungsgründe

    Die f‒ vom GBA nicht vertretene ‒ Revision der Staatsanwaltschaft Rostock hat der BGH verworfen (BGH 7.9.17, 2 StR 24/16, Abruf-Nr. 200543). Es fehle an der für § 266 StGB erforderlichen Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht. Zwar obliege einem Finanzbeamten eine Vermögensbetreuungspflicht für das Fiskalvermögen. Soweit der Gesetzgeber jedoch die Prüfung außersteuerlicher Voraussetzungen auf andere Behörden übertragen hat ‒ so wie vorliegend auf Kommunalbehörden ‒ sei, ist der Finanzbeamte an deren Entscheidung gebunden.

     

    Im Streitfall waren die Finanzbeamten nach dem InvZulG 1999 neben der Prüfung der steuerlichen Voraussetzungen nur zur Prüfung von Existenz und Wirksamkeit der von den Gemeinden ausgestellten Bescheinigungen zur Belegenheit des Grundstücks („kerngebietsähnlich“) verpflichtet, nicht aber zur Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit. Soweit den Finanzbeamten durch das BMF vorgegeben war, in Zweifelsfällen die ausstellende Behörde zu einer Überprüfung ihrer Entscheidung zu veranlassen, handelte es sich nach Ansicht des BGH nicht um eine strafbewehrte Vermögensbetreuungspflicht. Damit fehlte es für B und S schon am objektiven Tatbestand des § 266 StGB.

     

    Relevanz für die Praxis

    Ein Finanzbeamter, zu dessen dienstlichen Aufgaben es zählt, Anträge auf Bewilligung von Investitionszulagen selbstständig daraufhin zu überprüfen, ob die in den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und den dazu erlassenen Verwaltungsanordnungen festgelegten tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben sind, kann sich gleichwohl in bestimmten Konstellationen wegen Untreue strafbar machen, weil ihm eine Vermögensbetreuungspflicht im Hinblick auf das Fiskalvermögen obliegt. Denn wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) in der Variante des Treuebruchs macht sich strafbar, wer eine kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses begründete Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er wahrzunehmen hat, Nachteil zufügt.

     

    Eine Vermögensbetreuungspflicht in diesem Sinne ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zu dem (potenziell) Geschädigten steht, die eine besondere Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen, die über die für jedermann geltenden Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten sowie über die allgemeine Pflicht, auf die Vermögensverhältnisse des Vertragspartners oder Dienstherrn Rücksicht zu nehmen, ebenso hinausgeht wie über einen bloßen Bezug zu fremden Vermögensinteressen oder eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf materielle Rechtsgüter anderer (BGH 16.8.16, 4 StR 163/16, NJW 16, 3253). Erforderlich ist eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen, die sich als Hauptpflicht, also eine zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Pflicht darstellt (BGH 9.11.16, 5 StR 313/15, BGHSt 61, 305, 310).

     

    Es sind daher in der Praxis stets die individuellen Verhältnisse des Einzelfalls zu prüfen. Denn nach den Maßstäben des BGH lässt sich nicht jede Pflichtverletzung eines mit der Durchführung von Investitionszulagenverfahren befassten Finanzbeamten als Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht verstehen, auch wenn sie sich auf das Fiskalvermögen irgendwie nachteilig auswirken kann. Erforderlich wäre, dass die verletzte Pflicht des Finanzbeamten in einem Bereich angesiedelt ist, in dem ihm ein gewisser Entscheidungsspielraum verliehen ist, den er eigenverantwortlich auszufüllen hat.(FG)

    Quelle: ID 45236961

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