· Fachbeitrag · Landgericht Magdeburg
AG hat Pflichtverteidiger abgelehnt, LG ordnet Pflichtverteidiger an
| Das LG Magdeburg hat dem wegen Steuerstraftaten Angeklagten einen Pflichtverteidiger beigeordnet (LG Magdeburg 20.4.16, 24 Qs 37/16, Abruf-Nr. 187814 ). Dies hatte das AG zuvor abgelehnt und angemerkt, es sei im Strafbefehl lediglich eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen vorgesehen. Diese Rechtsfolge sei nicht schwerwiegend. Im Übrigen gehe es lediglich um die Frage, ob eine falsche Erklärung abgegeben worden sei. |
Im Strafbefehl wird dem Angeklagten vorgeworfen, am 16.11.10 wissentlich eine unrichtige Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2008 in der Form eingereicht zu haben, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb i. H. von -73.885 EUR anstatt i. H. von -9.384 EUR erklärt worden sei.
Ob allein der Umstand, dass hier eine Steuerstraftat im Raum steht, die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage begründet, ist allerdings auch nach Ansicht des LG zweifelhaft. Sie muss allerdings vorliegend schon deswegen nicht beantwortet werden, weil jedenfalls die konkrete Sachgestaltung eine solche Schwierigkeit i. S. von § 140 Abs. 2 StPO begründet. So sind im Besteuerungsverfahren vier Wertgutachten zu den Akten gelangt, wobei jeweils zwei der Angeklagte und zwei das FA beigebracht hatte. Diese unterscheiden sich inhaltlich in erheblichem Maße. Vom Angeklagten kann nicht verlangt werden, dass er sich ohne anwaltliche Zuhilfenahme der strafrechtlichen Anknüpfung der vier unterschiedlichen Wertbemessungen aussetzen muss. Zudem gebiete es der Grundsatz des fairen Verfahrens, dem Angeklagten umfassende Aktenkenntnis durch Akteneinsicht durch einen Verteidiger zu gewähren.(CW)