· Fachbeitrag · Steueramnestie
Änderung einer StraBEG-Erklärung
von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Krause & Kollegen, Berlin
Erstrebt der Abgabenpflichtige die Änderung einer bestandskräftigen Festsetzung gemäß § 10 Abs. 3 StraBEG, trägt er die Feststellungslast dafür, dass die Grundvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 StraBEG entgegen der der strafbefreienden Erklärung zugrunde liegenden Einschätzung nicht vorliegen (FG Schleswig-Holstein 29.11.12, 1 K 184/09, Abruf-Nr. 132149, Revision eingelegt, Az. BFH II R 6/13). |
Sachverhalt
Nach Eingang seiner StraBEG-Erklärung des Klägers K hatte das FG Rheinland-Pfalz (14.3.05, 4 K 1590/03, PStR 05, 99) entschieden, dass in einem Fall, in welchem ein inländischer Stifter einer nach liechtensteinischem Recht rechtsfähigen Familienstiftung unentgeltlich ein Wertpapierdepot übertrage, der Annahme einer schenkungsteuerpflichtigen freigebigen Zuwendung nicht entgegenstehe, dass der Stifter über das Stiftungsvermögen durch entsprechende Weisungen an den Stiftungsrat nach Belieben bestimmen könne. Der BFH hob diese Entscheidung auf (BFH 28.6.07, II R 21/05, BFHE 217, 254). In der Übertragung des Vermögens auf eine ausländische Stiftung liege keine Schenkung, wenn die Stiftung über das Vermögen im Innenverhältnis zum Stifter nicht tatsächlich und rechtlich frei verfügen könne.
Das FA lehnte den Antrag ab. Neue Tatsachen i.S. des § 173 AO lägen nicht vor. Vielmehr habe K im Rahmen der strafbefreienden Erklärung zunächst bestimmte Sachverhalte als schenkungssteuerpflichtig erklärt, die aufgrund später ergangener Rechtsprechung des BFH als nicht steuerpflichtig angesehen werden. Die irrtümlich falsche rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes stelle keine nachträglich bekannt gewordene Tatsache dar.
Entscheidungsgründe
Nach Ansicht des FG hat K keinen Anspruch auf Änderung der Festsetzung aus § 173 AO. Vielmehr sei die Steuerfestsetzung gemäß § 10 Abs. 3 StraBEG aufzuheben oder zu ändern, soweit nach dem StraBEG keine Straf- oder Bußgeldfreiheit eintritt; dies sei vorliegend der Fall.
Praxishinweis
Hauptanwendungsbereich für § 10 Abs. 3 StraBEG sind die Fälle, in denen eine strafbare Handlung i.S. des § 1 Abs. 1 StraBEG vorliegt und eine strafbefreiende Erklärung erfolgt, die sich aus der strafbefreienden Erklärung ergebende Abgabe jedoch nicht rechtzeitig gezahlt wird oder aber die Sperrwirkung gemäß § 7 StraBEG eintritt. Darüber hinaus ist § 10 Abs. 3 StraBEG auch auf die Fälle anwendbar, in denen schon die Grundvoraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 StraBEG nicht vorliegen, die in § 10 Abs. 2 StraBEG getroffene Regelung jedoch allein aufgrund der entsprechenden Steueranmeldung zu einer Festsetzung führt. Hierbei sind insbesondere folgende Konstellationen denkbar:
- Es liegt eine vollendete Steuerhinterziehung vor, die jedoch erst nach dem 10.10.03 begangen wurde; eine Strafbefreiung nach dem StraBEG (§ 1 Abs. 7 StraBEG) kann nicht eintreten (BFH 17.5.11, VIII R 31/08, BFH/NV 11, 1477).
- Es liegt eine Straftat vor, die allerdings nicht von § 1 Abs. 1 StraBEG erfasst ist, beispielsweise wenn lediglich eine versuchte Steuerhinterziehung vorliegt (BFH 17.5.11, VIII R 31/08, BFH/NV 11, 1477).
- Es liegt keine Straftat vor, es ist jedoch eine Steuerverkürzung eingetreten (FG Sachsen-Anhalt 29.10.09, 5 K 531/06, EFG 10, 984; Revision eingelegt, Az. BFH VIII R 50/10).
- Es liegt keine Straftat vor, eine Steuerverkürzung ist nicht eingetreten.
Allerdings kann die Anwendung des § 10 Abs. 3 StraBEG in Fällen, in denen keine Straftat und auch keine Steuerverkürzung vorliegt, zu Wertungswidersprüchen führen. Denn der Gesetzgeber hat die strafbefreiende Erklärung als eine stichtagsbezogene Steueranmeldung ohne Vorbehalt der Nachprüfung ausgestaltet und damit zum Ausdruck gebracht, dass er davon ausgeht, dass der (vermeintlich) Steuerunehrliche die von ihm für die Nacherklärung völlig frei wählbaren Lebenssachverhalte endgültig der Besteuerung unterwerfen muss, wenn er sie in der strafbefreienden Erklärung anmeldet. Dem laufe es zuwider, wenn im Rahmen eines Änderungsantrags nach § 10 Abs. 3 StraBEG nachträglich über die Strafbarkeit dieser Lebenssachverhalte noch gestritten werden kann. Der mit der Regelung des StraBEG angestrebte Vereinfachungseffekt könne auf diese Weise nicht erreicht werden.
Andererseits habe der Gesetzgeber der Erklärung und Einschätzung des Steuerpflichtigen zum Vorliegen der Grundvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 StraBEG gerade keine Bindungswirkung beigemessen. Daraus folge, dass sowohl zugunsten als auch zuungunsten desjenigen, der eine strafbefreiende Erklärung abgibt, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 StraBEG im Rahmen der Anwendung des § 10 Abs. 3 StraBEG zu prüfen ist. Genau dies ist im vorliegenden Verfahren im Detail durch das FG geschehen.