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  • · Fachbeitrag · Steuerfahndungsprüfung

    Schätzung bei einem Taxiunternehmen

    von ORR Dipl.-Finw. Michael Braun, Waiblingen

    • 1.Werden Schichtzettel nicht geführt oder aufbewahrt, ist das Finanzamt gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO berechtigt zu schätzen.
     

    Sachverhalt

    Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Betreiberin eines Taxiunternehmens konnte im Rahmen der Steuerfahndungsprüfung keine täglichen Aufzeichnungen wie Schichtzettel der Fahrer vorlegen. Die Einnahmen sowie die Betriebsausgaben wurden lediglich in Halbmonats- und Monatsberichten der Fahrer aufgezeichnet, aus denen wiederum Monatstabellen einzelner Fahrer erstellt wurden. Nach diesen Aufzeichnungen sollen die Taxen lediglich in einem Einschichtbetrieb eingesetzt worden sein - sogar im Karneval. Daten, die bei einer Taxizentrale erhoben wurden, sprechen ebenso für einen Zwei- bzw. Dreischichtbetrieb wie die von der Steuerfahndung ermittelte jährliche Laufleistung der Fahrzeuge. Ein Abgleich von TÜV-Berichten, Werkstattdaten und Aufzeichnungen des Taxiunternehmens ergab teilweise sogar eine negative Laufleistung.Die Einzelaufzeichnungen der angestellten Fahrer wurden dem FA nicht vorgelegt.

     

    • Schätzung des Finanzamts

    Das FA schätzte die Besteuerungsgrundlagen für den Veranlagungszeitraum 2011 mit folgenden Parametern:

     

    jährliche Fahrleistung der Taxen

    90.000 km

    Erlös je gefahrenem km auf Basis der Tarife des Einsatzortes abzüglich Sicherheitsabschlag von 10 %

     

    1,15 EUR/km

    Treibstoffverbrauch

    8,5 Liter / 100 km

    Treibstoffkosten

    1,20 EUR/Liter

     

    Entscheidungsgründe

    Das Gericht hat den Aussetzungsantrag nach summarischer Prüfung abgelehnt. Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass Betriebseinnahmen einzeln aufgezeichnet werden müssen, was grundsätzlich auch für Bareinnahmen gilt. Bestimmte Berufsgruppen wie z.B. Einzelhändler sind von dieser Pflicht entbunden, da z.B. bei einem Bäcker die Einzelaufzeichnungen des Barverkehrs nicht zumutbar sind. Diese Vereinfachungsregelung gilt jedoch für Taxiunternehmen ausdrücklich nicht, sondern sie müssen Schichtzettel erstellen und aufbewahren. Diese Einnahmeursprungsaufzeichnungen müssen Angaben enthalten, aus denen sich die Umsätze und Betriebseinnahmen unmittelbar ergeben (z.B. Fahrer, Schichtbeginn/-ende, Kilometerstände, gefahrene Touren usw.). Eine Ausnahme von der Aufbewahrungspflicht lässt die Rechtsprechung nur dann zu, wenn der Inhalt der Schichtzettel unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das Kassenbuch übertragen wird.

     

    • Das Gericht hatte im Verfahren 3 V 1100/13 keine ernsthaften Zweifel an der Schätzung. Die von der Steuerfahndung ermittelten Grundlagen führten zu einem wirtschaftlich möglichen, vernünftigen und plausiblen Ergebnis. Die Unschärfen, die mit jeder Schätzung verbunden sind, müssen vom Steuerpflichtigen hingenommen werden.

     

    • Im Verfahren 3 V 3747/12 hat das Gericht die Schätzung dem Grunde nach anerkannt, orientierte sich hinsichtlich der Jahreslaufleistung der Taxen und dem Nettoumsatz je Kilometer an einem Taxigutachten der Firma B & A aus dem Jahre 2009, das in der Rechtsprechung bereits als taugliche Schätzungsgrundlage anerkannt wurde.

     

    Praxishinweis

    In den entschiedenen Fällen konnte die Steuerfahndung bei der Durchsuchung Unterlagen sicherstellen und bei Dritten Auskünfte einholen, die eine Nachkalkulation ermöglichten. Sind die Buchführungsmängel schwerwiegend und eine Nachkalkulation mangels Unterlagen nicht möglich, kann auch ein grobes Schätzungsverfahren wie die Richtsatzschätzung herangezogen werden (BFH 2.2.82, VIII R 65/80, BStBl 82, 409; FG Hamburg 4.12.90, II 104/88, EFG 91, 507).

     

    Bei Richtsatzbranchen wie beispielsweise Taxiunternehmen lässt der BFH die Zurechnung eines ungeklärten Vermögenszuwachses auch ohne detaillierte Geldverkehrs- bzw. Vermögenszuwachsrechnung zu, wenn der untere Rahmensatz des Rohaufschlags unterschritten wird (BFH 26.4.83, VIII R 38/82, BStBl II 83, 618). Die Schätzung des FA kann dabei auch an den oberen Rahmen der Richtsatzwerte gehen (Saarländisches FG 1.9.98, 1 V 226/98, EFG 98, 1554).

    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 3 | ID 42420946