· Fachbeitrag · Steuerhinterziehung
Vorsätzliche Steuerhinterziehung bei Kapitaleinkünften im Schneeballsystem
von Dr. Matthias Gehm, Limburgerhof und Speyer
| Das FG Nürnberg hat im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage, ob die verlängerte Festsetzungsverjährung nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO wegen Steuerhinterziehung greift, dazu Stellung bezogen, inwieweit ein Kapitalanleger in einem Schneeballsystem mit Hinterziehungsvorsatz handelt, wenn er hieraus resultierende Zinsen nicht erklärt, die er in das Schneeballsystem wieder reinvestierte. Da das FG in diesem Zusammenhang den Grundsatz in dubio pro reo beachten muss, sind die Aussagen des FG auch für die Steuerstrafverteidigung von Belang. |
Sachverhalt
Der Kläger K verfügt über eine kaufmännische Ausbildung. In den Jahren 2002 bis 2008 legte er bei B Geld an. Was er nicht wusste: Hierbei handelte es sich um ein Schneeballsystem. Der K legte die fälligen Zinsen wie den angelegten Kapitalbetrag regelmäßig erneut bei B an, wobei er erklärte, hierzu von B überredet worden zu sein. Teilweise bat er aber auch B, bereits erfolgte Zinsauszahlungen wieder anzulegen. B behauptete, den K auf die Kapitalertragsteuerpflicht der Zinsen hingewiesen zu haben. Tatsächlich wurde kein Zinsabschlag von B einbehalten und abgeführt. Gegenüber seinem Steuerberater verschwieg der K diese Zinsen, obgleich andere Kapitalerträge in den betreffenden Jahren von ihm erklärt wurden. Lediglich einen Freund ‒ keine steuerlich vorgebildete Person ‒ fragte er nach den diesbezüglichen einkommensteuerlichen Konsequenzen. Dieser teilte ihm mit, dass insofern keine Einkommensteuer wegen der Reinvestition anfalle. Die Unterlagen zu den Kapitalanlagen bei B hatte der K in einem Bankschließfach deponiert und versuchte, diese dem Zugriff der Steuerfahndung zu entziehen. B war während der Jahre derart liquide, dass er dem K die Zinsen wie auch das angelegte Kapital hätte auszahlen können.
Entscheidungsgründe
Auch im Rahmen eines Schneeballsystems können dem Steuerpflichtigen Kapitaleinkünfte zugerechnet werden (FG Nürnberg 23.2.21, 1 K 53/19, Abruf-Nr. 224301). Unerheblich ist dabei, ob die zugeflossenen Beträge tatsächlich erwirtschaftet waren oder ob der Anleger einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch hat. Lediglich erforderlich ist, dass der Zinsbetrag ausgezahlt wird, in den Büchern des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners separiert oder aufgrund freier Disposition des Gläubigers wieder angelegt wird (BFH 16.3.10, VIII R 4/07, BStBl II 14, 147; 2.4.14, VIII R 38/13, BStBl II 14, 698).
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