· Fachbeitrag · Steuerstrafverfahren
Schätzungen von Besteuerungsgrundlagen - hohe Anforderungen an Tatrichter
von ORRin Daniela Schelling, Stuttgart
Werden in einem Strafverfahren die Schätzungen des Besteuerungsverfahrens übernommen, so sind im Urteil an die Darlegung der einer Schätzung zugrunde liegenden Feststellungen sehr hohe Anforderungen zu stellen (BGH 6.10.14, 1 StR 214/14, Abruf-Nr. 144238). |
Sachverhalt
Das LG hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in mehreren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Der Angeklagte hat ein Speiselokal betrieben und trotz Umsatz und Gewinn keine bzw. keine vollständigen Steuererklärungen abgegeben. Er nahm Manipulationen an der eingesetzten Kasse vor. Das LG hat angesichts der mangelnden Buchführung des Angeklagten das „Ausmaß der verwirklichten Besteuerungsgrundlagen“ schätzweise ermittelt. Den Schätzungen liegen die Ergebnisse von sogenannten „Ausbeutekalkulationen“ - d.h. der gesamte Wareneinkauf wird in Verkaufsportionen umgerechnet - zugrunde, die ein Finanzbeamter erstellt hat. Auch wurde auf den Wareneinsatz ein Rohgewinnaufschlag von 213 % (Mittelwert aus der Richtsatzsammlung) aufgeschlagen.
Entscheidungsgründe
Die Urteilsgründe des LG enthalten keine lückenlosen Feststellungen zu den zugrunde liegenden Wareneinsatzbeträgen. Ebenso fehlen konkrete Ausführungen zu den Getränkeumsätzen. Da die Buchhaltung des Angeklagten zahlreiche Mängel aufwies, durfte das LG seine Überzeugung zwar aufgrund eigener Schätzungen bilden und zur Durchführung der Schätzung auch auf die im Besteuerungsverfahren anerkannten Schätzungsmethoden zurückgreifen. Hierbei durften auch Richtwerte für Rohgewinnaufschläge herangezogen werden. In solchen Fällen muss das LG allerdings in den Urteilsgründen nachvollziehbar darlegen, wie es zu dem Schätzungsergebnis gelangt ist. Eine lückenlose Darstellung der Schätzungsgrundlagen muss sich in den Urteilsgründen wiederfinden.
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