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  • · Fachbeitrag · Strafverteidigungskosten

    Abzugsverbot umfasst auch den als Folge der Verurteilung angeordneten Verfall

    von RAin Stefanie Schott, FAin StrR, FAin StR, Partnerin der Kanzlei kipper+durth, Darmstadt

    Für das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG ist auf den allgemeinen Veranlassungszusammenhang des § 4 Abs. 4 EStG abzustellen. Ein besonders enger (unmittelbarer, qualifizierter, zwingender) Zusammenhang zwischen der Zuwendung von Vorteilen und den Aufwendungen ist nicht erforderlich (BFH 14.5.14, X R 23/12, Abruf-Nr. 142419).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K war zertifizierter Werkstatteinrichter. Als Einzelunternehmer war er auch für den Automobilkonzern A tätig. X beriet als Angestellter des A dessen Niederlassungen und Vertragshändler bezüglich der Werkstattausrüstung und entsprechender Auftragsvergabe, ohne dass diese an seine Empfehlungen gebunden waren.

     

    K vereinbarte mit X und dessen Ehefrau, einen Teil seiner Erlöse an deren X-GmbH abzuführen. K wurde aufgrund dessen wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr verurteilt, weil X als Gegenleistung für die Zahlungen des K Einfluss auf die Auftragsvergabe durch die Niederlassungen/Vertragshändler genommen habe. Die Verurteilung beruhte auf einer verfahrensbeendenden Absprache. Außerdem wurde der Verfall von Wertersatz angeordnet, wobei das Strafgericht die steuerliche Belastung bei der Bemessung des Verfallsbetrags im Wege der Schätzung berücksichtigt hat. Mit dem FA hatte K sich darauf verständigt, dass nur die Hälfte der Zahlungen an X Zuwendungen i.S. des § 299 StGB waren. K bildete für die Anwaltskosten und den verfallenen Betrag Rückstellungen. Das FA erkannte die Rückstellungen steuerlich nicht an.

     

    Entscheidungsgründe

    Der BFH verneint die Abzugsfähigkeit aufgrund des Abzugsverbots nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG i.V. mit § 299 StGB. Es genüge, dass X i.S. des § 299 StGB als Angestellter und Beauftragter faktisch Einfluss auf die geschäftliche Betätigung der Betriebe nehmen konnte, indem die Niederlassungen und Vertragshändler in ihrer Entscheidung über die Vergabe von Aufträgen zwar nicht an die Empfehlungen des X gebunden waren, diesen aber wegen seines Fachwissens und seiner Erfahrungen faktisch regelmäßig folgten.

     

    Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG umfasse auch die Kosten des wegen der rechtswidrigen Vorteilsgewährung geführten Strafverfahrens. Der K darf deshalb seine Verteidigungskosten in vollem Umfang nicht als Betriebsausgaben geltend machen. Da im Strafverfahren kein teilweiser Freispruch erfolgt ist, ist eine Aufteilung der Verfahrenskosten nicht möglich.

     

    Ebenso erfasse das Abzugsverbot den als Folge der Verurteilung angeordneten Verfall, sofern das Strafgericht die ertragsteuerliche Belastung des Verfallsbetrags berücksichtigt, also nur den Nettobetrag für verfallen erklärt hat. Insoweit hat der BFH betont, dass es sich dem Grunde nach um eine Betriebsausgabe handelt, da im Ergebnis versteuerte Betriebseinnahmen zurückgezahlt werden. Diese Aufwendungen stünden jedoch in einem Zusammenhang mit der rechtswidrigen Zuwendung von Vorteilen. Es sei auf den allgemeinen Veranlassungszusammenhang i.S. des § 4 Abs. 4 EStG abzustellen, wonach Betriebsausgaben die Aufwendungen sind, die durch den Betrieb veranlasst sind.

     

    Der Verfall sei nach § 73 Abs. 1 S. 1 StGB zwingende Rechtsfolge einer Tat, aus der der Täter etwas erlangt hat. Die dadurch entstehenden Kosten stünden daher im gleichen - hinreichenden - Zusammenhang mit der Korruptionsstraftat, wie die Strafverfahrenskosten als solche. Das entspreche auch dem Normzweck des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG, der sicherstellen will, dass dem Täter keinerlei Vorteil aus der Korruptionsstraftat verbleibt. Dieses Ziel würde nur unvollkommen erreicht werden, wenn nur der Nettobetrag für verfallen erklärt wird, andererseits aber der Verfallsbetrag als Betriebsausgabe abziehbar wäre.

     

    Andererseits müsse eine Über-Abschöpfung aus verfassungsrechtlichen Gründen vermieden werden. Daher gelte das Abzugsverbot entsprechend § 4 Abs. 5 Nr. 8 S. 4 EStG nicht, wenn das Strafgericht den Bruttobetrag für verfallen erklärt. Ob dieses Ergebnis auf einer analogen Anwendung des § 4  Abs. 5 Nr. 8 S. 4 EStG beruht oder auf einer teleologischen Reduktion des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG, hat der BFH ausdrücklich offen gelassen.

     

    Zudem schließt sich der 10. Senat des BFH der Auffassung des 9. Senats (16.4.13, IX R 5/12, PStR 13, 250) an, wonach Kosten der Strafverteidigung, die einem wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilten Steuerpflichtigen entstehen, nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind.

     

    Praxishinweis

    Der BFH hat sich erstmals mit der Frage befasst, ob das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG auch Verteidigungskosten und den nach § 73 StGB für verfallen erklärten Betrag umfasst. Dass er dies grundsätzlich bejaht, überrascht insbesondere vor dem Hintergrund der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 S. 1 EStG nicht. Der BFH hat aber zugleich klar gestellt, dass das Abzugsverbot nicht gilt, wenn das Strafgericht die steuerliche Belastung des für verfallen erklärten Betrags nicht berücksichtigt, sondern den Bruttobetrag für verfallen erklärt. Dies ergibt sich als Folge aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wobei das Verbot der steuerlichen Doppelbelastung grundsätzlich durch das Strafgericht über die Härteregelung des § 73c Abs. 1 StGB erfolgt („strafrechtliche Lösung“ - BVerfG 23.1.90, 1 BvL 4/87, NJW 90, 1900; BGH 23.9.88, 2 StR 460/88, NJW 89, 2139).

     

    Weiterführende Hinweise

    • Wegner, Rückstellung nach strafrechtlichem Verfall, PStR 12, 6
    • Schott, Kein Vorsteuerabzug aus Strafverteidigungskosten, PStR 13, 221 f.
    • Kolbe, Kein Vorsteuerabzug des StB aus Strafverteidigungskosten, PStR 14, 51 f.
    • Webel, Abzugsfähigkeit von Strafverteidigerkosten, PStR 14, 197 f.
    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 276 | ID 42946972