· Fachbeitrag · Strafzumessung
Verwertung von Erkenntnissen aus einer Telekommunikationsüberwachung
Die nach §§ 100a, 100b StPO gewonnenen Überwachungsergebnisse dürfen in dem Verfahren gegen den Beschuldigten und alle Tatbeteiligten - auch bei Begünstigung, Hehlerei und Strafvereitelung - verwertet werden (OLG Hamm 8.8.13, 1 RVs 58/13, Abruf-Nr. 133915). |
Sachverhalt
Das AG hatte den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in 24 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 400 Tagessätzen verurteilt. Das LG hat die Berufung des Angeklagten verworfen und ihn auf Berufung der StA nach erfolgter Beschränkung gemäß § 154 StPO wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg. Das LG hat im Rahmen der Strafzumessung einen bestimmenden Strafmilderungsgrund nicht erkennbar berücksichtigt. Zwar hat es zugunsten des Angeklagten „nicht unberücksichtigt“ gelassen, dass die Taten bereits „längere Zeit zurückliegen“. Mit dieser eher formelhaft wirkenden Erwägung hätte es aber nicht sein Bewenden haben dürfen. Denn damit verkennt die Kammer, dass nicht nur der Zeitablauf seit der Tat, sondern auch eine lange Verfahrensdauer ein bestimmender Strafzumessungsgrund i.S. des § 267 Abs. 3 S. 1 StPO ist.
Praxishinweis
Daneben gewinnt der Beschluss sein Interesse vor allem in den Ausführungen zur - erfolglosen - Verfahrensrüge, die auf die Verletzung der §§ 100a, 100b, 261 StPO gestützt wurde. Diese genügt nach Ansicht des OLG bereits nicht den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 StPO. Im Rahmen einer Verfahrensrüge muss der Revisionsführer alle Tatsachen, die den Verfahrensfehler begründen, so vollständig und genau vortragen, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Revisionsbegründung prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt. Das ist nach Ansicht des OLG hier nicht geschehen, denn die Revisionsbegründung nimmt an mehreren Stellen auf den Akteninhalt Bezug, ohne den Inhalt näher wiederzugeben. Es wird lediglich mitgeteilt, dass es sich um „TKÜ-Ausdrucke“ bzw. um ein „Wortprotokoll“ handele.
Aber auch in der Sache selbst blieb die Verfahrensrüge erfolglos. Nach Ansicht des OLG durften die Überwachungsergebnisse - auch bei Begünstigung, Hehlerei und Strafvereitelung - verwertet werden, denn es lägen insoweit keine Zufallserkenntnisse vor. Der Gesetzgeber habe bei Schaffung des § 477 Abs. 2 S. 2 StPO klargestellt: „In rechtmäßiger Weise erlangte Erkenntnisse sind im Ausgangsverfahren - sowohl als Spurenansatz als auch zu Beweiszwecken - sowohl hinsichtlich anderer Begehungsformen der zunächst angenommenen Katalogtat als auch hinsichtlich sonstiger Straftatbestände und anderer Tatbeteiligten insoweit verwertbar, als es sich noch um dieselbe Tat im prozessualen Sinn handelt“ (BT-Drucks. 16/5846, S. 66).(CW)