· Fachbeitrag · Umgrenzungs- und Informationsfunktion
§ 266a StGB, § 370 AO: Eine Anklage ist kein Urteil ‒ Verfahrenseinstellung aufgehoben!
von RA Sascha Lübbersmann, FA StrR, RAe Ammermann Knoche Boesing, Münster
| Eine Anklageschrift muss den gesetzlichen Anforderungen bezüglich ihrer Individualisierungs- und Umgrenzungsfunktion aus § 200 Abs. 1 S. 1 StPO genügen, sonst sind sie und der sie in Bezug nehmende Eröffnungsbeschluss unwirksam, was ein Verfahrenshindernis begründet. Vorliegend setzt sich der BGH damit auseinander, was dies konkret für Anklagen im Zusammenhang mit dem Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt und Steuerhinterziehung in Schätzungsfällen bedeutet. |
Sachverhalt
Die StA warf dem Angeklagten vor, gemeinschaftlich über vier Jahre hinweg nicht gemeldete Arbeitnehmer beschäftigt und „schwarz“ bezahlt und dies durch t„Scheinrechnung“ und „Abdeckrechnung“ verschleiert zu haben. Angeklagt wurden insofern 288 einzelne Taten nach § 266a StGB und § 370 AO. Das LG Kaiserslautern hat das Verfahren durch Urteil nach § 260 Abs. 3 StPO in der Hauptverhandlung eingestellt mit der Begründung, die Anklageschrift erfülle die Umgrenzungsfunktion nicht, dies insbesondere deshalb, weil in ihr weder die Arbeitnehmer benannt noch diese einem bestimmten Zeitraum bzw. konkreten Sozialversicherungsträger zugeordnet wurden. Die bloße Bezeichnung der Einzugsstellen ohne die Arbeitnehmer genüge nicht. Vergleichbares sei auch bei der LSt-Hinterziehung zu beanstanden, für die in der Anklage unklar bleibe, für welchen Arbeitnehmer bezogen auf welchen Zeitraum die LSt überhaupt berechnet wurde.
Die Revision der StA gegen die Verfahrenseinstellung hatte Erfolg und führte zur Aufhebung der Verfahrenseinstellung.
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