01.07.2009 | Adhäsionsverfahren
Vertretung mehrerer Adhäsionskläger
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
„Dieselbe Angelegenheit“ im Sinne des § 22 RVG liegt (nur) dann vor, wenn ein einheitlicher Auftrag vorliegt, die Tätigkeit des Rechtsanwalts sich in gleichem Rahmen hält und zwischen den einzelnen Handlungen ein innerer Zusammenhang besteht (hier: Zwei Adhäsionsklagen in einer Hauptverhandlung) (KG 16.3.09, 1 Ws 11/09, n.v., Abruf-Nr. 091937). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Den Angeklagten A1, A2 und A3 wurde eine Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin L sowie eine Körperverletzung unmittelbar danach aufgrund eines neuen Tatentschlusses an einem anderen Tatort zum Nachteil der Zeugin T vorgeworfen. Das LG hat beide Zeuginnen als Nebenklägerinnen zugelassen und ihnen jeweils gemäß § 397a Abs. 2 StPO Rechtsanwalt R als Beistand bestellt. Außerdem hat es beiden Zeuginnen jeweils unter Beiordnung des R PKH für das von ihnen beantragte Adhäsionsverfahren bewilligt, § 404 Abs. 5 StPO. Das LG hat die Angeklagten wegen dieser Vorwürfe verurteilt und zugleich A1 und A2 gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Schadenersatz an die Adhäsionsklägerin T sowie die Angeklagten A1 und A3 gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Schadenersatz an die Adhäsionsklägerin L verurteilt. Den Gegenstandswert für die Adhäsionsverfahren hat es jeweils auf 3.000 EUR festgesetzt. In seinem Festsetzungsantrag hat R für jede der Adhäsionsklägerinnen eine Verfahrensgebühr (Nr. 4143 VV RVG) i.H. von 378 EUR sowie die Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV RVG) i.H. von 20 EUR nebst anteiliger Umsatzsteuer geltend gemacht. Das LG hat demgegenüber für die Berechnung der Verfahrensgebühr beide Gegenstandswerte zusammengerechnet (= 6.000 EUR), woraus sich gemäß Nr. 4143 VV RVG i.V. mit § 49 RVG eine Verfahrensgebühr von 450 EUR ergebe, und hat auch nur eine Gebühr Nr. 7002 VV RVG angesetzt. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel des R hatte Erfolg.
Von Bedeutung war die Frage, ob § 22 RVG anzuwenden ist. Dieser sieht „in derselben Angelegenheit“ die Zusammenrechnung mehrerer Gegenstände vor. Das KG hat diese Frage verneint. „Dieselbe Angelegenheit“ liege (nur) vor, wenn ein einheitlicher Auftrag vorliege, die Tätigkeit des RA sich in gleichem Rahmen halte und zwischen den einzelnen Handlungen ein innerer Zusammenhang besteht. Davon könne hier keine Rede sein. Der R sei von beiden Adhäsionsklägerinnen jeweils aufgrund eines eigenständigen Lebenssachverhalts mit der Durchsetzung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche gegen die Angeklagten beauftragt und ihnen zu diesem Zweck vom Gericht beigeordnet worden. Der Umstand, dass beide Angelegenheiten in derselben Hauptverhandlung verhandelt wurden, mache sie noch nicht zu derselben Angelegenheit.
Auch die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG ist in jedem der beiden Adhäsionsverfahren angefallen.
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