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  • 01.01.2007 | Aktuelle Gesetzgebung

    Auswirkungen des 2. JustizmodG auf das Kostenrecht: Das sollten Sie wissen

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Die Bundesregierung hat am 19.7.06 den Entwurf für ein zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz beschlossen (2. JustitzModG). Mit dem Inkrafttreten war bei Redaktionsschluss zum 1.1.07 zu rechnen, da zu diesem Zeitpunkt wichtige Übergangsregelungen entfallen und durch das Gesetz erweitert werden sollen. Bei Redaktionsschluss lag aber die Zustimmung des Bundesrats allerdings noch nicht vor. Der folgende Beitrag stellt die wichtigsten Änderungen für das Kostenrecht mit ihren Folgen vor.  

     

    Übersicht: Änderungen zum Einführungsgesetz zur ZPO (Art. 9)
    • Wertgrenze für Nichtzulassungsbeschwerde: Die bis zum 31.12.06 vorgesehene Übergangszeit für die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 543 Abs. 1 Nr. 2, § 544 ZPO) soll bis zum 31.12.11 verlängert werden, § 26 Nr. 8 EGZPO. Der Wert der Beschwer muss 20.000 EUR übersteigen.
    • Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen: Diese soll bis Ende 2009 ausgeschlossen bleiben. Durch die Reform des Verfahrens in Familien- und in FGG-Sachen (FamFG-E, Inkrafttreten voraussichtlich am 1.7.08) soll in Unterhaltssachen eine Rechtsbeschwerde ermöglicht werden.
     

     

    Übersicht: Änderungen des GKG (Art. 16)
    • Geltungsbereich des GKG (§ 1 GKG): In Beschwerdeverfahren sollen für die nicht in § 1 S. 1 genannten Verfahrensordnungen ebenfalls Kosten nach dem GKG erhoben werden. Dazu gehört z.B. das Beschwerdeverfahren nach § 33 RVG, das nach Nr. 1811 KV GKG n.F. eine Festgebühr von 50 EUR entstehen lässt.

     

    • Klage auf Erlass eines Vollstreckungsurteils: Klargestellt werden soll, dass bei einer Klage auf Erlass eines Vollstreckungsurteils nach Nr. 1510 KV GKG n.F. eine Festgebühr (200 EUR) anfällt.

     

    • Einführung von Gerichtskosten bei weiterer vollstreckbarer Ausfertigung: Für das Verfahren über jeden Antrag auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung (§ 733 ZPO) soll eine Festgebühr von 15 EUR erhoben werden, Nr. 2110 KV GKG n.F. Das Vollstreckungsverfahren wird teurer werden, wenn Gläubiger parallel in verschiedene Vermögenswerte des Schuldners vollstrecken wollen.

     

    Sind wegen desselben Anspruchs im Mahnverfahren gegen mehrere Personen gesonderte Vollstreckungsbescheide erlassen worden und werden davon gleichzeitig mehrere weitere vollstreckbare Ausfertigungen beantragt, soll die Gebühr nur einmal anfallen. Denn im ordentlichen Streitverfahren wären diese Titel in einer einheitlichen Entscheidung zusammengefasst.

     

    • Einführung einer Kostenpauschale für Zustellungen: In Nr. 9002 KV GKG soll für die durch Zustellungen anfallenden Kosten eine Pauschale von 5 EUR eingeführt werden. Dies soll auch für Zustellungen durch Justizbedienstete gelten. Zweck ist die Vereinfachung, weil durch die Beauftragung verschiedener Postdienstleistungsunternehmen unterschiedliche Entgelte anfallen können. Die Pauschalisierung wird besonders in Strafbefehlsverfahren zur Vereinfachung führen. Denn wenn die Staatsanwaltschaft mit dem Entwurf eines Strafbefehls zugleich auch den Entwurf einer Kostenrechnung vorlegt, muss letztere oft noch berichtigt werden, weil tatsächlich andere Kosten durch die Zustellung entstanden sind, als von der Staatsanwaltschaft kalkuliert oder ein Justizbediensteter mit der Zustellung beauftragt wird.

     

    • Aktenversendungspauschale: Nr. 9003 KV GKG soll derart geändert werden, dass die Aktenversendungspauschale von 12 EUR nicht die Kosten der Rücksendung beinhaltet. Das sind solche, die einem Gericht oder einer Staatsanwaltschaft entstehen. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Übersendung der Akten an ein anderes Gericht oder an eine andere Staatsanwaltschaft zur Akteneinsicht verlangt wird und die Akten danach an das zuständige Gericht oder die Staatsanwaltschaft zurückgesandt werden. Werden die Akten einem Dritten, z.B. einem Anwalt, zur Einsichtnahme übersandt, soll die Rücksendung auf dessen Kosten erfolgen. Insoweit wird ein in der Praxis geführter Streit beseitigt (dazu AG Brandenburg an der Havel, RVG prof. 05, 77, Abruf-Nr. 051016; Onderka, RVG prof. 06, 5 und OLG Hamm RVG prof. 06, 19, Abruf-Nr. 060198).
     

    Übersicht: Änderung des RVG (Art. 20)
    • Angelegenheitsbegriff: In § 15 Abs. 6 RVG soll eingefügt werden, dass auch Tätigkeiten, die nach § 19 RVG zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, dazu führen, dass der Anwalt insgesamt nicht mehr erhält, als wenn er mit der gesamten Angelegenheit beauftragt worden wäre. Es soll die gleiche Regelung gelten wie bei der Beauftragung mit einzelnen Handlungen. Der Anwalt, der nur für das Verfahren nach § 766 ZPO beauftragt wird, erhält eine 0,3 Verfahrensgebühr in Vollstreckungsangelegenheiten bzw. 0,4 Verfahrensgebühr Gebühr bei der Immobiliarvollstreckung nach dem ZVG. Da diese Tätigkeit zum Rechtszug gehört und daher keine besondere Gebühr auslöst, soll auch in § 19 Abs. 2 RVG ausdrücklich geregelt werden, dass die Erinnerung nach § 766 ZPO zum Rechtszug der Zwangsvollstreckung gehört.

     

    • Anmerkung: Diese Änderungen sind nachteilig. Denn derzeit erhält der nur mit der Erinnerung beauftragte Anwalt dafür eine 0,5 Gebühr nach Nr. 3500 VV RVG. Dasselbe gilt, wenn er in den betreffenden Vollstreckungsverfahren mit der Gehörsrüge beauftragt wird. Ein solches Verfahren gehört nach § 19 Abs. 1 Nr. 5 RVG zum Rechtszug, sodass keine besonderen Gebühren anfallen. Der Anwalt, der hingegen nur mit diesem Verfahren beauftragt wird, erhält jedoch eine 0,5 Gebühr nach Nr. 3330 VV RVG.

     

    • Änderungen bei der Einigungsgebühr:
    • Selbstständiges Beweisverfahren: In Anm. zu Nr. 1003 VV RVG wird klargestellt, dass bei Anhängigkeit nur eines PKH-Verfahrens für ein selbstständiges Beweisverfahren eine 1,5 Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 bis 1002 VV RVG anfällt.
    • Ratenzahlungsvereinbarungen im Gerichtsvollzieherverfahren: In Anm. zu Nr. 1003 VV RVG wird geregelt, dass das Verfahren vor dem Gerichtsvollzieher einem gerichtlichen Verfahren gleichsteht. Die Einigungsgebühr in diesem Verfahren richtet sich nach Nr. 1003 VV RVG.

     

    Praxishinweis: Erklärt sich der Gläubiger gegenüber dem Gerichtsvollzieher mit der Gestattung von Ratenzahlungen durch den Schuldner einverstanden, wird dadurch keine Einigungsgebühr ausgelöst (BGH RVG prof. 06, 167, Abruf-Nr. 062423). Dies gilt zumindest bei §§ 806b, 813a ZPO. Der Gläubiger kann dennoch in den Genuss der 1,0 Einigungsgebühr gelangen, wenn er gegenüber dem Gerichtsvollzieher die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bewilligt, um sich außerhalb der Vollstreckung mit dem Schuldner zu einigen. Will der Gläubiger eine 1,5 Einigungsgebühr erzielen, muss er vor der Einigung den Vollstreckungsauftrag zurücknehmen. Kostenrechtlich steht der Gläubigeranwalt dadurch auch nicht schlechter, da die 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG bereits mit der Beauftragung zur Zwangsvollstreckung anfällt.

     

    • Vorbem. 3:
    • Gerichtliche Erledigungsbesprechungen (Vorbem. 3 Abs. 3): In Vorbem. Teil 3 Abs. 3 VV RVG wird vor den Wörtern „ohne Beteiligung des Gerichts“ das Wort „auch“ eingefügt. Hierdurch soll klargestellt werden, dass die Terminsgebühr auch entsteht, wenn der Anwalt an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen mit Beteiligung des Gerichts mitwirkt. Erfolgen solche Besprechungen im Gütetermin oder im PKH-Verfahren ist nach dem derzeitigen Wortlaut zweifelhaft, ob eine Terminsgebühr entsteht.

     

    • Anrechnung der Geschäftsgebühr: In Vorbem. Teil 3 Abs. 4 VV RVG werden die Wörter „entstanden ist“ durch das Wort „entsteht“ ersetzt. Dies führt zur Verschlechterung des Gebührenaufkommens der Anwälte. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers soll hierdurch eine Anrechnung auch für den Fall erfolgen, dass die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG nach der Verfahrensgebühr entsteht. Die geltende Rechtslage geht davon aus, dass die Geschäftsgebühr nicht auf eine Verfahrensgebühr eines vorangegangenen Rechtsstreits angerechnet wird. Sie entsteht vielmehr selbstständig. Eine Rückwärtsanrechnung verbietet sich daher (vgl. dazu das Beispiel unten auf S. 7).

     

    • Anrechnung der Terminsgebühr im Mahnverfahren: Der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG wird ein neuer Abs. 4 angefügt. Dieser lautet: „Eine in einem vorausgegangenen Mahnverfahren oder vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger entstandene Terminsgebühr wird auf die Terminsgebühr des nachfolgenden Rechtstreits angerechnet.“ Gemäß § 17 Nr. 2 RVG sind das Mahnverfahren und nach § 17 Nr. 3 RVG das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger und das sich anschließende streitige Verfahren verschiedene Angelegenheiten, so dass die Gebühren für den Anwalt jeweils gesondert anfallen. Die Entstehung der Terminsgebühr in den genannten Verfahren soll außergerichtliche Besprechungen mit dem Ziel der Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens honorieren. Ein zweifacher Anfall der Terminsgebühr sowohl in den genannten Verfahren als auch in einem nachfolgenden Rechtsstreit war mit der Neuregelung durch das RVG jedoch nicht beabsichtigt. Dies will der Gesetzgeber nun korrigieren.

     

    Praxishinweis: Durch die künftige Anrechnung wird es zu erheblichen Gebühreneinbußen für den Anwalt kommen. Es wird quasi die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes (bis zum 31.12.04) wieder eingeführt. Diese Anrechnungsregelung ist ein Novum, denn an anderen Stellen des RVG wird immer nur die Verfahrens- bzw. Geschäftsgebühr angerechnet.

     

    • Gebühren für besondere Verfahren: In Vorbem. 3.2 Abs. 2 wird Folgendes angefügt: „S. 1 gilt ferner entsprechend in Verfahren über einen Antrag nach § 115 Abs. 2 S. 2 und 3, § 118 Abs. 1 S. 3 oder nach § 121 GWB.“ Das RVG sieht in Nr. 3300 VV für die genannten Verfahren eine 2,3 Verfahrensgebühr vor. Diese Verfahren stellen eine besondere Angelegenheit gegenüber dem Beschwerde-Hauptsacheverfahren (§ 116 GWB) dar. Der Anwalt erhält für das Beschwerde-Hauptsachenverfahren und das Eilverfahren nach geltendem Recht insgesamt 3,9 Gebühren gegenüber 19,5/10 nach der BRAGO. Nach Auffassung des Gesetzgebers ist eine Anhebung der Gebühren in diesem Umfang nicht gerechtfertigt, weil der Anwalt nach der Neuregelung für Eilverfahren (2,3) mehr erhält als für das Beschwerde-Hauptsacheverfahren (1,6). Mit der beabsichtigten Novellierung soll der Anwalt für das Eilverfahren eine gesonderte 1,3 Verfahrensgebühr erhalten. Entsprechend der Regelung für verwaltungsrechtliche Eilverfahren und für Verfahren über einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung durch das Berufungsgericht als Gericht der Hauptsache (Vorbem. 3.2 Abs. 2 VV RVG) soll der Anwalt für Eilverfahren nach dem GWB eine 1,3 Verfahrensgebühr erhalten.

     

    • Mahnverfahrensgebühr: In Nr. 3306 VV RVG werden im Gebührentatbestand nach den Wörtern „verfahrenseinleitenden Antrag“ die Wörter „oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag oder die Zurücknahme des Antrags enthält,“ eingefügt. In der Praxis ist streitig, ob die ermäßigte Verfahrensgebühr auch noch entstehen kann, wenn der Anwalt erst nach Stellung des Antrags auf Erlass des Mahnbescheids oder nach seinem Erlass beauftragt wird. Mit der Änderung soll klargestellt werden, dass nicht der Stand des Verfahrens über die Höhe der Gebühr entscheidet, sondern die Art der anwaltlichen Tätigkeit. Nur wenn der Anwalt ein Mindestmaß an Tätigkeiten entwickelt, soll die Gebühr Nr. 3305 VV RVG anfallen.

     

    • Verfahrensgebühr im PKH-Prüfungsverfahren: In Nr. 3305 VV RVG wird klargestellt, dass der Anwalt eine Verfahrensgebühr im PKH-Prüfungsverfahren „in Höhe der Verfahrensgebühr für das Verfahren, für das PKH beantragt wird, höchstens 1,0“ erhält. Hierdurch wird klargestellt, dass der Anwalt im PKH-Verfahren nicht mehr an Gebühren erhalten soll als in dem zugrunde liegenden Verfahren. Die Begrenzung der Gebühr ist vor allem in der Zwangsvollstreckung von Bedeutung und bewirkt, dass im PKH-Verfahren für die Zwangsvollstreckung nur eine 0,3 Gebühr entsteht. Einer besonderen Regelung hätte es allerdings durch den Gesetzgeber nicht bedurft. Denn soweit in der Hauptsache die Verfahrensgebühr unter einem Satz von 1,0 liegt, gilt § 15 Abs. 6 RVG. Hiernach erhält der Anwalt nicht mehr an Gebühren, als wenn er von vornherein mit der Hauptsache beauftragt worden wäre.

     

    • Dokumentenpauschale: Die Ergänzung soll der Klarstellung dienen, dass für eine Übermittlung von Dokumenten per Telefax in den in Nr. 7000 Ziff. 1 lit. b bis d VV RVG geregelten Fällen ebenfalls die Dokumentenpauschale anfällt. Es sollen aber keine weiteren Fälle geregelt werden, in denen diese Pauschale entsteht. Vielmehr soll die Vorschrift die besondere Art der Herstellung durch Faxübermittlung erfassen.