01.07.2007 | Auslagen
Angemessenheit von Informationsfahrten
Grundsätzlich obliegt der Staatskasse die Beweislast dafür, dass Auslagen zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei nicht erforderlich gewesen sind (OLG Brandenburg 6.2.07, 2 Ws 270/06, n.v., Abruf-Nr. 071721). |
Sachverhalt
Der Pflichtverteidiger mit Kanzleisitz in Braunschweig hat seinen Mandanten sieben Mal in der JVA Frankfurt (Oder) besucht und dabei außerdem vier weitere dort inhaftierte Mandanten besucht. Er begehrte u.a. die Festsetzung der Gebühren und Auslagen für sieben Informationsfahrten in die JVA Frankfurt/Oder. Die Fahrtkosten hat er jedoch wegen der weiteren Besuche der anderen Mandanten nur anteilig zu 20 Prozent geltend gemacht. Nachdem das AG nur die Kosten für zwei Informationsreisen anerkannt hat, haben LG und OLG die Vergütung in beantragter Höhe festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Nach § 46 Abs. 1 RVG werden Auslagen des Anwalts grundsätzlich nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei nicht erforderlich waren. Durch diese negative Fassung ist für die Staatskasse eine Beweislast begründet, dass Auslagen zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei nicht erforderlich gewesen sind. Es ist nicht Aufgabe des Urkundsbeamten oder des auf die Erinnerung entscheidenden Gerichts, seine eigene Ansicht an die Stelle der des Anwalts zu setzen. Dieser hat den Rechtsstreit geführt und nur er ist für die sachgemäße Wahrnehmung der Interessen der Partei verantwortlich (vgl. BT-Drucks. 15/1971, 200).
Eine besondere Situation kann es aber mit Rücksicht auf das Kostenrisiko rechtfertigen, die Erstattung von Auslagen von der Darlegung konkreter Umstände abhängig zu machen. Wenn sich Anhaltspunkte ergeben, die auf einen Missbrauch der kostenschonenden Prozessführung des Pflichtverteidigers hindeuten, kann die den Staat treffende Darlegungs- und Beweislast auf den Verteidiger verlagert werden. Solche sind aber noch nicht darin zu sehen, dass dieser den Beschuldigten fünfmal besucht hat, obwohl sich das Verfahren noch im Ermittlungsstadium bzw. im Zwischenverfahren befand. Das allein genügt nicht, um die Notwendigkeit der Informationsfahrten zu widerlegen. Hier hat der Verteidiger nicht nur den Verurteilten, sondern jeweils weitere Mandanten besucht. Er hat dem durch eine Abrechnung von je 20 Prozent der Informationsfahrten Rechnung getragen. Zudem hat es sich um einen Ausländer gehandelt, der Verständigungsschwierigkeiten gehabt hat.
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