02.03.2010 | Befriedungsgebühr
Befriedungsgebühr auch bei Einstellung eines abgetrennten Verfahrens
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
1. Gebührenrechtlich werden mit der Abtrennung von Verfahren oder auch einzelnen Tatvorwürfen die abgetrennten Verfahren selbstständige Verfahren, in denen eine Verfahrensgebühr entstehen kann. |
2. Wird dieses Verfahren eingestellt, kann eine Befriedungsgebühr entstehen. Diese kann im Übrigen ggf. auch durch eine „Nicht-Handlung“ entstehen. |
(AG Tiergarten 22.12.09, (420) 47 Js 395/08 Ls (60/08), Abruf-Nr. 100489) |
Sachverhalt
Zu einem Verfahren 1 wurde das Verfahren 2 hinzuverbunden. Aus diesem Verfahren 2 wurde ein Tatvorwurf A zur Hauptverhandlung zugelassen und ein weiterer Tatvorwurf B zur gesonderten Entscheidung abgetrennt. Wegen der Taten aus dem Verfahren 1 und der Tat A ist der Angeklagte durch Urteil des LG verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte keine Revision eingelegt. Hintergrund dafür war, dass sein Verteidiger mit der zuständigen Staatsanwältin vereinbart hatte, dass diese wegen der noch offenen Tat B eine Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO beantragen werde, wenn gegen das Berufungsurteil kein Rechtsmittel eingelegt werde. Dem ist die Staatsanwaltschaft nachgekommen und das Verfahren wegen der Tat B ist inzwischen eingestellt. Der Rechtsanwalt hat auch für das abgetrennte Verfahren B eine Verfahrensgebühr nach Nrn. 4106, 4107 VV RVG und eine Gebühr Nr. 4141 VV RVG geltend gemacht. Diese sind ihm vom AG gewährt worden.
Entscheidungsgründe
Dem Pflichtverteidiger steht auch hinsichtlich der abgetrennten und dann eingestellten Tat die Verfahrensgebühr mit Zuschlag nach Nr. 4106, 4107 VV RVG zu. Denn es handelt sich nach der Abtrennung nicht mehr um „dieselbe Angelegenheit“ i.S. von § 15 Abs. 2 S. 1 RVG. Gebührenrechtlich werden mit der Abtrennung von Verfahren oder eben auch einzelnen Tatvorwürfen die abgetrennten Verfahren selbstständige Verfahren.
Dem Verteidiger war auch die so genannte „Befriedungsgebühr“ nach Nr. 4141 VV RVG zu gewähren. Er hat nämlich an der Entbehrlichkeit (zumindest) einer (weiteren) Hauptverhandlung mitgewirkt und das Verfahren insoweit gefördert. Zwar kann grundsätzlich das bloße Nichtstun (hier: Nichteinlegen eines Rechtsmittels) für sich genommen keine Gebührenansprüche auslösen. Hier liegt der Fall jedoch anders: Der Rechtsanwalt hat im Einverständnis mit seinem Mandanten deswegen kein Rechtsmittel gegen das Urteil des LG eingelegt, weil er dadurch die Einstellung eines weiteren Tatvorwurfes bewirken konnte. Dass in diesem Fall auch eine „Nicht-Handlung“ verfahrensfördernd und hauptverhandlungsersparend ist, kann nicht zweifelhaft sein.
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