29.04.2010 | Befriedungsgebühr
Nach jeder Einstellung gesondert abrechnen
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
Mehrmalige Einstellung des Verfahrens führt zum mehrmaligen Anfall der Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG (AG Düsseldorf 9.2.10, 36 C 2114/09, Abruf-Nr. 101297). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Kläger hat den Beschuldigten im vorbereitenden Verfahren und im gerichtlichen Verfahren verteidigt. Zunächst wurde das vorbereitende Verfahren wegen fehlenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen jedoch wieder aufgenommen und Anklage erhoben. Im gerichtlichen Verfahren wurde das Verfahren dann nach § 153 StPO erneut eingestellt. Der Kläger hat sowohl für die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO als auch für die Einstellung nach § 153 StPO eine Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG geltend gemacht. Die Rechtsschutzversicherung des Beschuldigten hat nur eine Gebühr für die endgültige Einstellung gezahlt. Die Klage auf eine weitere Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG hatte beim AG Erfolg.
Die beklagte Rechtsschutzversicherung muss zusätzlich wegen der vorläufigen Einstellung im vorgerichtlichen Ermittlungsverfahren eine weitere Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG vergüten. Die vorläufige Einstellung ist nicht insgesamt durch Grundgebühr und die Verfahrensgebühren „aufgezehrt“ worden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Ermittlungsverfahren nach § 170 StPO mangels erkennbaren Tatverdachts eingestellt worden ist und erst nach Anklageerhebung die Einstellung nach § 153 StPO erfolgt ist. Hierbei handelt es sich um zwei sachlich verschiedene Vorgänge, sodass für das Ermittlungsverfahren noch eine weitere Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG anzusetzen ist.
Praxishinweis
Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Gebühr Nr. 4141 VV RVG in einem Verfahren mehrmals anfallen kann (vgl. Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., Nr. 4141 VV RVG Rn. 13; LG Offenburg JurBüro 99, 82 zu § 84 Abs. 2 BRAGO). Dabei ist jedoch auf folgende Besonderheiten zu achten: Voraussetzung für den mehrmaligen Anfall ist, dass man das vorbereitende Verfahren und das gerichtliche Verfahren als unterschiedliche Angelegenheiten behandelt, was in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist (Nachw. bei AnwKomm-RVG/N. Schneider, 5. Aufl., 7001-7002 VV RVG, Rn. 33). Geht man nämlich nur von derselben Angelegenheit aus, greift § 15 Abs. 2 S. 1 RVG ein. Danach kann die Gebühr in derselben Angelegenheit nur einmal gefordert werden. Allerdings kann auch, wenn man von derselben Angelegenheit ausgeht, die Gebühr Nr. 4141 VV RVG mehrmals anfallen. Voraussetzung ist jedoch dann, dass zwischen der Beendigung des Verfahrens durch die erste Einstellung - hier die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO - und der „Wiederaufnahme“ des Verfahrens mehr als zwei Jahre liegen. Dann greift § 15 Abs. 5 S.2 RVG ein.
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