· Fachbeitrag · Befriedungsgebühr
Befriedungsgebühr: Doch zweimal abrechnen?
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG (Befriedungsgebühr) fällt nicht doppelt an, wenn das Ermittlungsverfahren zunächst nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, dann wiederaufgenommen und angeklagt wird, vom Gericht aber die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird. (AG Lemgo 16.4.12, 25 Ds-41 Js 1894/08, 542/09, Abruf-Nr. 122072). |
Sachverhalt
Gegen die Beschuldigte war wegen fahrlässiger Körperverletzung bei einem Verkehrsunfall ein Ermittlungsverfahren anhängig. Dieses wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil kein Strafantrag gestellt war und ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung nicht ersichtlich war. Nachdem sich der Verletzte als Nebenkläger gemeldet hatte und ein Unfallrekonstruktionsgutachten in Auftrag gegeben worden war, wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Die StA erhob schließlich Anklage vor dem AG. Dieses lehnte die Eröffnung der Hauptverhandlung ab. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten wurden der Staatskasse auferlegt. Der Verteidiger machte im Rahmen der Kostenerstattung gegenüber der Staatskasse zwei Befriedungsgebühren nach Nr. 4141 VV RVG geltend. Der Rechtspfleger hat nur eine Befriedungsgebühr angesetzt. Die Erinnerung des Verteidigers hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist nach Auffassung des AG unbegründet. Denn die Befriedungsgebühr für die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO (Nr. 4141 Anm. 1 Nr. 1 VV RVG) ist nicht entstanden. Der mit der Regelung der Nr. 4141 VV RVG vom Gesetzgeber bezweckte Entlastungserfolg ist hier nicht eingetreten. Denn die Ermittlungen wurden nach der Einstellung wieder aufgenommen. Die Hauptverhandlung wurde dadurch entbehrlich, dass das Gericht die Eröffnung ablehnte. Hierfür ist dann die Gebühr nach Nr. 4141 Anm. 1 Nr. 2 VV RVG entstanden. Der teilweise vertretenen Ansicht, dass die Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG mehrfach entstehen kann, kann nicht gefolgt werden. Denn geht man von der Intention aus, dass Nr. 4141 VV RVG Hauptverhandlungen verhindern soll, so kann dieses Ziel nur einmal pro Verfahren und Instanz erreicht werden. Entweder es findet eine Hauptverhandlung statt oder nicht. Nur im zweiten Fall entsteht die Gebühr. Wollte man an andere Kriterien, wie etwa an Zwischeneinstellungen, anknüpfen, so unterläge die Befriedungsgebühr Kausalitätsspekulationen und Zufällen. Auch § 15 Abs. 2 RVG spricht gegen die Möglichkeit einer mehrfachen Gebührenentstehung nach Nr. 4141 VV RVG. Nach § 15 Abs. 2 RVG kann eine Gebühr in derselben Angelegenheit nur einmal gefordert werden. Hier handelte es sich um ein Verfahren, das unter demselben Aktenzeichen, wegen desselben Lebenssachverhaltes gegen dieselbe Angeschuldigte geführt wurde, also um eine Angelegenheit.
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