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  • 01.08.2007 | Berufsrecht

    BGH: Verstoß gegen § 49b Abs. 5 BRAO kann Schadenersatzpflicht auslösen

    von RA Gudrun Möller, FA Familienrecht, Münster
    Der Rechtsanwalt, der den Mandanten vor Übernahme des Auftrags schuldhaft nicht darauf hinweist, dass sich die für seine Tätigkeit zu ergebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, ist dem Mandanten zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens verpflichtet (BGH 24.5.07, XI ZR 89/06, n.v., Abruf-Nr. 072146).

     

    Sachverhalt

    Die Beklagten hatten von der Gemeinde einen Campingplatz erworben, der, wie sich später ergab, nicht den bauplanungsrechtlichen Anforderungen entsprach. Die Bauaufsichtsbehörde forderte die Beklagten auf, einen planungsrechtlich einwandfreien Zustand herzustellen. Deshalb beauftragten sie die klagenden Anwälte. Im Beratungsgespräch vom 15.4.04 wurde auch über eine eventuelle Rückabwicklung des Kaufvertrags gesprochen und vereinbart, diesen Punkt als Druckmittel ins Gespräch zu bringen. Über die Anwaltskosten wurde nicht gesprochen. Die Kläger wiesen die Beklagten nicht darauf hin, dass sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert bemessen. Die Kläger haben für ihre Tätigkeit gegenüber der Gemeinde einen Abrechnungsprozess geführt. Mit ihrer Berufung haben die Kläger zusätzlich eine Beratungsgebühr bezüglich der Kaufvertragsanfechtung geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat diese Gebühr zuerkannt. Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe und Praxishinweis

    Die Revision ist beschränkt auf die Beratungsgebühr in der Frage der Kaufvertragsanfechtung. Die Beschränkung ist wirksam. Der Vergütungsanspruch der Kläger für diese Beratung ist fällig, § 8 RVG. Sie haben den Beklagten die gemäß § 10 RVG erforderliche Berechnung ihrer Vergütung mitgeteilt. Nach Ansicht des Senats ist die Revision aber unbegründet, da die Beklagten nicht dargelegt hätten, dass ihnen aus dem Verstoß gegen § 49b Abs. 5 BRAO ein Schaden entstanden ist. Der BGH hat diese Vorschrift zugrunde gelegt, obwohl die Beratung bereits am 15.4.04 stattfand, die Norm aber erst mit Wirkung vom 1.7.04 durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 5.5.04 eingefügt worden ist (BGBl I, 718). Im Hinblick auf die Hinweispflicht des § 49b Abs. 5 BRAO hat der BGH folgende Grundsätze mitgeteilt:  

     

    Checkliste: Wichtige Grundsätze zur Hinweispflicht nach § 49b Abs. 5 BRAO
    • Grundsatz: Anwälte sind nicht verpflichtet, Mandanten vorab auf die Höhe der anfallenden Gebühren hinzuweisen. Auf die durch Vertragsschluss kraft Gesetzes entstehenden Anwaltsgebühren muss der Anwalt regelmäßig nicht ungefragt hinweisen, weil kein Mandant ein unentgeltliches Tätigwerden des Fachberaters erwarten darf und dessen gesetzliche Gebühren allgemein zu erfahren sind.

     

    • Nur auf Verlangen des Auftraggebers muss der Anwalt die voraussichtliche Höhe des Entgelts mitteilen (BGH NJW 98, 136; 98, 3486).

     

    • Ausnahme: Es kann sich aber aus den besonderen Umständen des Einzelfalls aus Treu und Glauben eine Pflicht des Anwalts ergeben, auch ungefragt über die voraussichtliche Höhe seiner Vergütung zu informieren, z.B. wenn die Höhe der vom Auftraggeber zu zahlenden Gebühren das von ihm verfolgte Ziel wirtschaftlich sinnlos macht. Dabei sind bei der erforderlichen Gesamtwürdigung neben der Schwierigkeit, dem Umfang der anwaltlichen Aufgabe und dem Gegenstandswert, die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten sowie dessen Vermögensverhältnisse und seine Erfahrung im Umgang mit Anwälten zu berücksichtigen. Letztlich hängt die Pflicht, den Auftraggeber vor Vertragsschluss über die voraussichtliche Höhe der Vergütung aufzuklären, davon ab, ob der Anwalt nach den Umständen des Einzelfalls ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis des Mandanten erkennen konnte und musste (BGH NJW 98, 3486).

     

    • Nach § 49b Abs. 5 BRAO ist der Hinweis vor Übernahme des Auftrags zu erteilen, also vor Abschluss des Anwaltsvertrags, aber nach Aufnahme von Vertragsverhandlung oder nach dem Beginn der Anbahnung eines Vertrags gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1und 2 BGB. Damit ist ein Schuldverhältnis i.S. des § 241 Abs. 2 BGB entstanden. Bei der Verletzung dieser Pflicht haftet der Anwalt dem Mandanten daher nach den Grundsätzen zum Verschulden bei Vertragsschluss, § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB (so die h.M., z.B. Rick, AnwBl. 06, 648; a.A.: Verletzungen könnten nur berufsaufsichtliche Verfahren der zuständigen Rechtsanwaltskammer auslösen, Völtz, BRAK-Mit. 04, 103).

     

    Begründung: Die vorvertragliche Pflicht, den künftigen Mandanten gemäß § 49b Abs. 5 BRAO zu belehren, dient in erster Linie dem Schutz des Mandanten (vgl. BT-Drucks. 15/1971, 232 zu Art. 4 Abs. 18). Nach § 49b Abs. 5 BRAO muss der Anwalt, wenn sich seine Gebühren nach dem Gegenstandswert richten (§ 2 Abs. 1 RVG), seinen Mandanten vor Übernahme des Auftrags hierauf hinweisen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass nach einem entsprechenden Hinweis ein Mandant, der die Folgen dieser Form der Gebührenberechnung nicht abschätzen kann, den Anwalt hierzu näher befragt (BT-Drucks. 15/1971, a.a.O).

     

    • Der Verstoß gegen diese Pflicht lässt aber nicht den Vergütungsanspruch für seine anwaltliche Tätigkeit entfallen. Denn § 49b Abs. 5 BRAO enthält kein gesetzliches Verbot, Anwaltsverträge ohne einen solchen Hinweis abzuschließen. § 134 BGB findet keine Anwendung.