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  • 30.08.2010 | Der praktische Fall

    Übungen zur Gebührenabrechnung bei PKH

    von Dipl.-Rechtspfleger Joachim Volpert, Willich

    Hier die Lösungen zu den Übungen in RVG prof. 8/10. Lagen Sie richtig?  

     

    Der praktische Fall 1

    Rechtsanwalt R wird von seinem Mandanten beauftragt, für die beabsichtigte Klage über 5.000 EUR PKH zu beantragen und für den Fall der Bewilligung in deren Umfang Klage zu erheben. Das Gericht bewilligt die PKH antragsgemäß für die volle Klageforderung über 5.000 EUR und ordnet R bei. R erhebt auftragsgemäß Klage. Nach streitiger Verhandlung wird der Beklagte kostenpflichtig verurteilt.  

     

    a) Welche Gebühren können im Verfahren über die Bewilligung der PKH anfallen und wie berechnet sich der Gegenstandswert?

     

    b) In welchem Verhältnis steht das PKH-Bewilligungsverfahren kostenrechtlich zum Prozessverfahren?

     

    Lösung zu Frage a): Für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information fällt im PKH-Prüfungsverfahren eine 1,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 VV RVG an.  

     

    Bei vorzeitiger Auftragserledigung (z.B. Rücknahme des Auftrags vor Einreichung des PKH-Antrags bei Gericht) oder wenn lediglich ein Antrag auf Protokollierung einer Einigung gestellt wird entsteht die Verfahrensgebühr nach Nr. 3337 VV RVG nur in Höhe von 0,5.  

     

    Findet im PKH- Prüfungsverfahren ein Termin statt, richtet sich die Terminsgebühr gemäß Vorbem. 3.3.6 VV RVG nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG und deren Höhe nach Nr. 3104 VV RVG. Eine 0,5 Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG scheidet aus, weil im PKH-Prüfungsverfahren keine Versäumnisentscheidung möglich ist.  

     

    Wird im PKH-Bewilligungsverfahren ein Vergleich oder eine Einigung geschlossen (vgl. § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO), kann unter den in der Anm. zu Nr. 1003 VV RVG genannten Voraussetzungen eine Einigungsgebühr entstehen, deren Satz nach Abs. 1 S. 1 der Anm. zu Nr. 1000 VV RVG grundsätzlich 1,0 beträgt. Handelt es sich um einen Vergleichsabschluss in einem PKH-Bewilligungsverfahren für ein selbstständiges Beweisverfahren oder ist der Einigungsgegenstand nicht gerichtlich anhängig, beträgt der Satz der Einigungsgebühr 1,5.  

     

    Im PKH-Bewilligungsverfahren bestimmt sich der Gegenstandswert nach Abs. 1 der Anm. zu Nr. 3335 VV RVG nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert.  

     

    Lösung zu Frage b): Das PKH- Bewilligungsverfahren sowie das Verfahren, für das PKH beantragt worden ist (nachfolgender Prozess) sind nach § 16 Nr. 2 RVG dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit. Wird daher im PKH- Bewilligungsverfahren und im nachfolgenden Prozess derselbe Rechtsanwalt tätig, wird die Tätigkeit im PKH-Verfahren mit den im Prozess verdienten höheren Gebühren nach Nrn. 3100 ff. VV RVG abgegolten.  

     

    Abs. 2 der Anm. zu Nr. 3335 VV RVG stellt darüber hinaus klar, dass in derselben Angelegenheit PKH-Bewilligungsverfahren und Prozess entgegen § 22 Abs. 1 RVG die Werte der unterschiedlichen Gegenstände dieser Verfahren nicht zusammenzurechnen sind (Additionsverbot).  

     

     

    Der praktische Fall 2

    Rechtsanwalt R wird von seinem Mandanten beauftragt, für die beabsichtigte Klage über 5.000 EUR PKH zu beantragen und für den Fall der Bewilligung in deren Umfang Klage zu erheben. Das Gericht bewilligt PKH mit mtl. Ratenzahlungen in Höhe von 95 EUR, allerdings nur für eine Klage über einen Betrag in Höhe von 3.000 EUR und ordnet R insoweit bei. R erhebt auftragsgemäß Klage im Umfang der PKH- Bewilligung in Höhe von 3.000 EUR. Nach streitiger Verhandlung wird der Beklagte kostenpflichtig verurteilt.  

     

    Gegen wen kann R welche Vergütungsansprüche geltend machen?  

     

    Lösung: Wird die beantragte PKH nur teilweise bewilligt und der Prozess nur im Umfang der PKH- Bewilligung betrieben, kommt neben dem aufgrund der Beiordnung im Wege der PKH erwachsenen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45 RVG) ein weitergehender Anspruch gegen den Mandanten in Betracht. Denn der Rechtsanwalt erhält nur im Umfang der PKH-Bewilligung in Höhe von 3.000 EUR eine Vergütung aus der Staatskasse. Wegen weiterer im PKH-Bewilligungsverfahren verbliebener 2.000 EUR hat er einen Vergütungsanspruch gegen den Mandanten. Die Forderungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO steht der Geltendmachung dieses Anspruchs nicht entgegen, weil die Sperrwirkung nur im Umfang der PKH- Bewilligung greift (OLG Düsseldorf JurBüro 05, 321). Die Geltendmachung dieses weitergehenden Vergütungsanspruchs bietet aber nur bei Bewilligung von PKH mit Zahlungsbestimmungen Erfolgsaussicht. Die Ansprüche errechnen sich wie folgt:  

     

    PKH- Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (PKH-Gebührentabelle zu § 49 RVG):  

     

    1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG, Wert 3.000 EUR:  

    245,70 EUR  

    1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG, Wert 3.000 EUR:  

    226,80 EUR  

    Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG:  

    20,00 EUR  

    19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG:  

    93,57 EUR  

     

    586,07 EUR  

     

     

    Vergütungsanspruch gegen den Mandanten (Wahlanwaltsgebührentabelle zu § 13 RVG):  

     

    1,0 Verfahrensgebühr Nr. 3335 VV RVG, Wert 5.000 EUR:  

    301,00 EUR  

    abzgl. 1,0 Verfahrensgebühr Nr. 3335 VV RVG, Wert 3.000 EUR:  

    189,00 EUR  

    Differenz:  

    112,00 EUR  

     

     

    Die Differenz kann beim Mandanten zzgl. Umsatzsteuer geltend gemacht werden. Eine weitere Postentgeltpauschale kann vom Mandanten nicht gefordert werden, da der Rechtsanwalt diese aus der Staatskasse erhält und insgesamt nur eine Angelegenheit vorliegt. Eine Terminsgebühr kann nicht berücksichtigt werden, da hinsichtlich des im PKH-Bewilligungsverfahren verbliebenen Anspruchs über 2.000 EUR dort kein Termin stattgefunden hat.