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  • 29.04.2010 | Der praktische Fall

    Übungen zur Gebührenanrechnung: Die Auflösungen

    von Dipl.- Rechtspfleger Joachim Volpert, Willich

    Hier die Lösungen zu den Übungen in RVG prof. 4/10. Lagen Sie richtig?  

     

    Der praktische Fall 1

    Rechtsanwalt R fordert den Ehemann auftragsgemäß außergerichtlich zur Zahlung von Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB) i.H. von 500 EUR monatlich auf. Sodann beantragt R die Scheidung der Ehe. Der Nachscheidungsunterhalt (500 EUR mtl.) wird als Folgesache im Scheidungsverfahren anhängig gemacht. Der Wert der Scheidung beträgt 4.000 EUR, der Wert der Folgesache Nachscheidungsunterhalt 6.000 EUR. Ist die Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen?  

     

    Lösung: Die Werte betreffend die außergerichtliche Vertretung hinsichtlich des Trennungsunterhalts sowie der Folgesache Nachscheidungsunterhalt sind zwar betragsmäßig mit 6.000 EUR identisch (500 EUR x 12 Monate, § 23 Abs. 1 S. 1 bzw. S. 3 RVG, 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Da der außergerichtlich geltend gemachte Trennungsunterhalt und der gerichtlich geltend gemachte Nachscheidungsunterhalt jedoch verschiedene Angelegenheiten (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl, § 16 Rn. 40) und insbesondere verschiedene Gegenstände betrifft (BGH FamRZ 81, 242) ist die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG hier nicht auf die Verfahrensgebühr des Verbundverfahrens anzurechnen.  

     

    Im Verbundverfahren ist besonders darauf zu achten, dass eine Anrechnung der Geschäftsgebühr nur insoweit stattfindet, als der Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit auch Gegenstand des Verbundverfahrens ist bzw. wird, die Gegenstände der außergerichtlichen und der gerichtlichen Tätigkeit somit identisch sind, vgl. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 3 VV RVG. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Anrechnung nach § 15 Abs. 5 S. 2 RVG zeitlich begrenzt ist.  

     

     

    Der praktische Fall 2

    Rechtsanwalt 1 fordert den Ehemann auftragsgemäß außergerichtlich zur Zahlung von Nachscheidungsunterhalt i.H. von 500 EUR mtl. auf. Sodann beantragt Rechtsanwalt 2 die Scheidung der Ehe. Der Nachscheidungsunterhalt (500 EUR mtl.) wird als Folgesache im Scheidungsverfahren anhängig gemacht. Der Wert der Scheidung beträgt 4.000 EUR, der Wert der Folgesache Nachscheidungsunterhalt 6.000 EUR. Ist die Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen?  

     

    Lösung: Auch wenn die Gegenstände der anwaltlichen Tätigkeit identisch sind, ist keine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des Verbundverfahrens vorzunehmen. Die Anrechnung einer Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG auf die Verfahrensgebühr kommt nicht in Betracht, wenn beide Gebühren von verschiedenen Anwälten verdient worden sind (BGH RVG prof. 10, 37). Die Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG setzt voraus, dass die aufeinander anzurechnenden Gebühren bei demselben Rechtsanwalt entstanden sind (Personenidentität). Darüber hinaus erfolgt eine Anrechnung nur bei Gegenstandsidentität und einem bestimmten zeitlichen Zusammenhang (§ 15 Abs. 5 S. 2 RVG: 2 Kalenderjahre). Dem Mandanten sollte bewusst sein, dass der Anwaltswechsel die Pflicht zur Zahlung einer höheren Anwaltsvergütung zur Folge hat. Der Anwaltswechsel kann nicht als rechtsmissbräuchlich gewertet werden. Auch im Rahmen des neuen § 15a RVG verhindert der Anwaltswechsel, dass sich der Erstattungspflichtige auf die Anrechnung berufen kann. Der Dritte kann sich nach § 15a Abs. 2 RVG auf die Anrechnung nur berufen, wenn die gebührenrechtlichen Voraussetzungen für die Anrechnung erfüllt sind (Personen- und Gegenstandsidentität, zeitlicher Zusammenhang).  

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2010 | Seite 90 | ID 135294