22.12.2010 | Der praktische Fall
Übungen zur Höhe der Einigungsgebühr
von Dipl.-Rechtspfleger Joachim Volpert, Willich
Hier die Lösungen zu den Übungen in RVG prof. 12/10. Lagen Sie richtig?
Der praktische Fall 1 |
Rechtsanwalt R hat 5.000 EUR eingeklagt. Noch vor der mündlichen Verhandlung unterhalten sich die beiden Bevollmächtigten telefonisch und regeln die Sache vergleichsweise dergestalt, dass auf die Klageforderung 3.000 EUR bezahlt werden und der Kläger die Klage zurücknimmt. In welcher Höhe entsteht die Einigungsgebühr?
Lösung: Die Einigungsgebühr entsteht in Höhe von,
Hier ist nur eine 1,0 Einigungsgebühr Nr. 1003 VV RVG aus dem Wert von 5.000 EUR entstanden, auch wenn die Einigung nicht vor Gericht getroffen wurde. Denn: Der Einigungsgegenstand war gerichtlich anhängig. Unerheblich für die Höhe der Einigungsgebühr ist somit, wo die Einigung erfolgt. Auch ein gerichtlich anhängiger Anspruch kann zwischen zwei Verhandlungsterminen außerhalb des gerichtlichen Verfahrens durch Vereinbarung erledigt werden. Es entsteht dann gleichwohl nur die 1,0 Gebühr nach Nr. 1003 VV RVG, weil es darauf ankommt, ob der Anspruch selbst gerichtlich anhängig ist, nicht aber, ob die Einigung in einem gerichtlichen Verfahren getroffen wird. |
Der praktische Fall 2 | ||||||||||||||||
R hat 5.000 EUR beim AG in A eingeklagt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung schließen die Parteien nach Erörterung einen Vergleich, in den sie auch einen im Berufungsverfahren beim LG in B anhängigen Anspruch in Höhe von 10.000 EUR einbeziehen. Zur Abgeltung aller Ansprüche zahlt der Beklagte an den Kläger 7.000 EUR. Wie sieht die Kostenrechnung des R aus?
Lösung:
Maßgeblich für den Gegenstandswert der Einigungsgebühr ist der Betrag des Anspruchs, über den sich die Parteien geeinigt haben (15.000 EUR), nicht der Betrag, auf den sie sich geeinigt haben (7.000 EUR). Der Satz der Einigungsgebühr für den im Verfahren beim AG in A nicht anhängigen Anspruch über 10.000 EUR beträgt nach Nr. 1004 VV RVG 1,3, weil dieser Gegenstand im Berufungsverfahren beim LG in B gerichtlich anhängig ist. |
Der praktische Fall 3 | ||||||||||||
R vertritt seine Partei im selbstständigen Beweisverfahren (Streitwert 10.000 EUR) und nimmt an dem von dem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Ortstermin teil. Nachdem der Sachverständige sein Gutachten erstellt hat, schließen die Parteien eine Einigung über den Gegenstand des Beweisverfahrens in Höhe von 10.000 EUR sowie über einen weiteren Anspruch in Höhe von 5.000 EUR, der nicht gerichtlich anhängig ist. Wie lautet die Kostenrechnung des R?
Lösung:
R erhält eine 1,5 Einigungsgebühr Nr. 1000 VV RVG nach einem Wert von 15.000 EUR mit 849 EUR. Soweit der Einigungsgegenstand von 10.000 EUR im selbstständigen Beweisverfahren gerichtlich anhängig ist, tritt keine Ermäßigung nach Nr. 1003 VV RVG ein. Für den nicht gerichtlich anhängigen Gegenstand von 5.000 EUR entsteht ohnehin eine 1,5 Einigungsgebühr. Die Terminsgebühr entsteht im selbstständigen Beweisverfahren nach dem nicht rechtshängigen Gegenstand von 5.000 EUR, wenn die Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV RVG vorliegen. |
Der praktische Fall 4 | ||||||
Der Schuldner ist zur Zahlung von 5.000 EUR rechtskräftig verurteilt worden. Sechs Wochen nach Rechtskräftigwerden des Titels fordert R nach Erteilung eines Zwangsvollstreckungsauftrages durch den Gläubiger den Schuldner zur Zahlung auf. Der Schuldner meldet sich daraufhin bei R. Es wird eine Ratenzahlungsvereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner erzielt.
Lösung
Da über den Gegenstand der Einigung kein gerichtliches Verfahren anhängig ist, entsteht die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG mit einem Satz von 1,5. Für die Anhängigkeit ist nicht auf das Erkenntnisverfahren abzustellen, in dem der Vollstreckungstitel ergangen ist, sondern auf das Zwangsvollstreckungsverfahren. Es ist umstritten, ob die Einigungsgebühr für eine Ratenzahlungsvereinbarung in der Zwangsvollstreckung entsteht. Die Entstehungsvoraussetzungen für die Einigungsgebühr sind in Abs. 1 d. Anm. zu Nr. 1000 VV RVG anders geregelt als bei der Vergleichsgebühr in § 23 BRAGO. Anders als § 23 BRAGO nimmt Nr. 1000 VV RVG § 779 BGB nicht mehr in Bezug. Deshalb ist unklar, ob bereits die Unsicherheit über die Verwirklichung eines Anspruchs die Einigungsgebühr auslöst (§ 779 Abs. 2 BGB). Denn nach dem Wortlaut von Nr. 1000 VV RVG ist der Streit über ein Rechtsverhältnis erforderlich, der aber bereits durch den Titel aus dem vorangegangenen Verfahren beseitigt ist. Der BGH hat entschieden (NJW 09, 234), dass regelmäßig auch die Einigungsgebühr entsteht, wenn eine Einigung die Merkmale eines Vergleichs i.S. von § 779 BGB erfüllt und eine Vergleichsgebühr gemäß § 23 BRAGO angefallen wäre. Sie fällt daher nicht nur an, wenn ein streitiges Rechtsverhältnis vorliegt, sondern auch, wenn die Rechtsverwirklichung unsicher ist und die Parteien gegenseitig nachgeben. Eine Entlastung des Gerichts muss nicht eintreten. Danach dürfte die Einigungsgebühr hier häufig anfallen (LG Tübingen RVG prof. 05, 184). |
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