01.12.2006 | Erledigungsgebühr
Einstellung des Strafverfahrens und Abgabe an die Verwaltungsbehörde
Wird ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingestellt und das Verfahren im Übrigen wegen möglicher Ordnungswidrigkeiten an die Verwaltungsbehörde abgegeben, entsteht keine Erledigungsgebühr (AG München 7.7.06, 1555 C 11172/06, n.v., Abruf-Nr. 062986). |
Sachverhalt
Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Das Verfahren wurde wegen möglicher Ordnungswidrigkeiten an die Verwaltungsbehörde abgegeben. Der Anwalt hat gegenüber der Rechtsschutzversicherung auch eine Gebühr nach Nr. 4141 Anm. 1 Ziff. 1 VV RVG abgerechnet. Diese hat nicht gezahlt. Die Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass bei Teileinstellungen keine Gebührenmehrung eintritt. Wird ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingestellt und im Übrigen wegen möglicher Ordnungswidrigkeiten an die Verwaltungsbehörde abgegeben, verbleibt es bei einem einzigen Ermittlungsverfahren, weil sich schon die Einleitung des Ausgangsverfahrens auf sämtliche möglichen Rechtsverstöße – unabhängig ob Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten – bezieht. Der Wortlaut von § 40 OWiG ist eindeutig. Ein weiterer Gebührenanfall kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer anderen Verfolgungsbehörde in Betracht. Die geänderte Zuständigkeit ist insoweit nicht anders zu beurteilen als die Abgabe einer Sache wegen anderer örtlicher Zuständigkeit.
Praxishinweis
Die Entscheidung ist falsch. Das AG übersieht § 17 Nr. 10 RVG. Danach bilden strafrechtliches Ermittlungsverfahren und sich anschließendes Bußgeldverfahren zwei unterschiedliche Angelegenheiten mit der Folge, dass bei Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens eine Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG entsteht. Das ist überwiegende Meinung in der Literatur (Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, Nr. 4141 Rn. 19; N. Schneider in Anwaltskommentar RVG, 3. Aufl., Nr. 4141 VV Rn. 18) und wird so auch vom AG Regensburg [RVG prof. 06, 21, Abruf-Nr. 060200 ], und vom AG Köln [AGS 06, 234] vertreten. Das Strafverfahren ist beendet, so dass die Gebühr Nr. 4141 Anm. 1 Ziff. 1 VV RVG entsteht. Das hat nichts damit zu tun, ob es sich um ein Ermittlungsverfahren handelt. Misslich ist, dass das AG die Berufung nicht zugelassen hat. Es ist damit zu rechnen, dass die Rechtsschutzversicherungen Verteidigern in Zukunft dieses für sie günstige Urteil entgegenhalten werden. Sie sollten sich dadurch aber auf keinen Fall zum Verzicht auf Gebührenansprüche bewegen lassen, sondern ggf. unter Hinweis auf die o.a. Rechtsprechung und Literatur klagen.
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