31.07.2008 | Gebührenanrechnung
Anrechnung der Geschäftsgebühr bei Teil-PKH
1. Die Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen auf eine Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG, wenn diese auf eine in dem nachfolgenden Verfahren entstehende Verfahrensgebühr gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG zur Hälfte anzurechnen ist, ist im RVG nicht ausdrücklich geregelt und richtet sich weder nur nach § 58 Abs. 2 RVG noch nur nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG. |
2. Die Verfahrensgebühr ist aus der Staatskasse ungekürzt zu erstatten, wenn die nach Anrechnung der gezahlten hälftigen Geschäftsgebühr verbleibende Wahlanwalts-Verfahrensgebühr (§ 13 RVG) höher ist als die volle PKH-Verfahrensgebühr (§ 49 RVG). |
3. Soweit Zahlungen und Vorschüsse nicht auf die Geschäftsgebühr entfallen, ist § 58 Abs. 2 RVG uneingeschränkt anwendbar. |
(OLG Hamm 11.2.08, 6 WF 332/06, n.v., Abruf-Nr. 081034) |
Sachverhalt
Während der Gesamtstreitwert der Familiensache 6.371 EUR betrug, wurde PKH nur teilweise bis zum Streitwert von 4.000 EUR bewilligt. Die hierfür beigeordnete Anwältin machte gegen die Staatskasse eine PKH-Vergütung in Höhe von 851,44 EUR geltend und zeigte an, vom Mandanten einen Vorschuss über 771,08 EUR brutto erhalten zu haben. Da darin eine Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG über 343 EUR netto enthalten war, kürzte das AG die Verfahrensgebühr um den gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnenden Betrag der Geschäftsgebühr. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Anwältin führte zur antragsgemäßen Festsetzung der Vergütung.
Entscheidungsgründe
Die Kürzung der PKH-Vergütung muss hier nicht deswegen unterbleiben, weil der Anwalt auch den Teil der auf die Verfahrensgebühr anzurechnenden Geschäftsgebühr zunächst nach § 58 Abs. 2 RVG verrechnen kann (so u.a. OLG Frankfurt AGS 07, 313; Enders, JurBüro 05, 281). Nach dieser Ansicht gilt Folgendes: Der Anwalt muss erhaltene Vorschüsse und Zahlungen gemäß § 58 Abs. 2 RVG erst auf seinen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse verrechnen, wenn die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der PKH-Vergütung größer ist als der nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnende Teil der Geschäftsgebühr. In dieser Allgemeinheit ist diese Auffassung aber nicht haltbar. Denn nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG erfolgt die Anrechnung der Geschäftsgebühr nur auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens und nicht wie bei § 58 Abs. 2 RVG auf sämtliche Gebühren des gerichtlichen Verfahrens.
Das RVG regelt nicht ausdrücklich, ob und in welchem Umfang Vorschüsse und Zahlungen auf eine Geschäftsgebühr Nr. 2300 RVG verrechnet werden müssen, wenn diese auf eine im nachfolgenden Verfahren entstehende Verfahrensgebühr zur Hälfte anzurechnen ist. Grund der Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr: Der Aufwand des Anwalts im Rechtsstreit ist ungleich geringer, wenn er bereits vorgerichtlich mit der Angelegenheit befasst war. Zudem soll die Anrechnung eine außergerichtliche Erledigung fördern. Die Anrechnungsvorschrift des § 58 Abs. 2 RVG soll dagegen eine Ungleichbehandlung des beigeordneten Anwalts gegenüber dem Wahlanwalt vermeiden, wenn er für seine Tätigkeit von anderer Seite als von der Staatskasse Zahlungen/Vorschüsse erhält.
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