01.06.2007 | Gebührenanrechnung
BGH: Geltendmachung der vollen Geschäftsgebühr im Prozess sinnvoll
1. Ist nach der Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, so vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr. |
2. Hierdurch kann die volle Geschäftsgebühr gegen den Gegner im Prozess mit der Hauptforderung eingeklagt werden. |
(BGH 7.3.07, VIII ZR 86/06, n.v. Abruf-Nr. 071415) |
Sachverhalt
Der Kläger hatte auch die volle, durch die außergerichtliche Tätigkeit seines Anwalts entstandene Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer eingeklagt. Die Vorinstanzen hatten dem Kläger jedoch nur den sog. anrechnungsfrei verbleibenden Teil der Geschäftsgebühr zugesprochen. Die dagegen gerichtete Revision hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe und Praxishinweis
Nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG gilt: Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV RVG entsteht, wird diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Das bedeutet, dass eine bereits entstandene Geschäftsgebühr unangetastet bleibt. Durch die hälftige Anrechnung verringert sich eine (später) nach Nr. 3100 VV RVG angefallene Verfahrensgebühr. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Verfahrensgebühr zu mindern, nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr (so auch BGH 14.3.07, VIII ZR 184/06, Abruf-Nr. 071516; BayVGH NJW 06, 1990; Schönemann, RVG prof. 04, 97; Volpert, RVG prof. 04, 132; Hauskötter, RVG prof. 05, 32).
Der BGH folgt nicht der Rechtsprechung, die eine hälftige Anrechnung der Verfahrensgebühr auf die Geschäftsgebühr befürwortet hat (KG JurBüro 06, 202; OVG NRW NJW 06, 1991). Zwar mögen prozessökonomische Gründe für diese Ansicht sprechen, da bei einer Anrechnung auf die Verfahrensgebühr die obsiegende Partei darauf verwiesen ist, die volle Geschäftsgebühr gegen die unterlegene Partei – ggf. gerichtlich – geltend zu machen, weil die Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht berücksichtigt werden kann. Allerdings gestatten Gründe der Prozessökonomie es nicht, ein Gesetz gegen seinen Wortlaut anzuwenden.
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