01.12.2009 | Gebührenanrechnung
Keine Anrechnung auf ein Pauschalhonorar
von Dipl.-Rechtspfleger Joachim Volpert, Willich
Die Anrechnung einer Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG kommt nicht in Betracht, wenn zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten keine Geschäftsgebühr i.S. von Nr. 2300 VV RVG entstanden ist, sondern sie ihrem Prozessbevollmächtigten für dessen vorprozessuales Tätigwerden ein von einzelnen Aufträgen unabhängiges Pauschalhonorar schuldet (BGH 18.8.09, VIII ZB 17/09, Abruf-Nr. 093475). |
Sachverhalt
Nachdem das LG die Kosten dem Kläger auferlegt hatte, meldete die Beklagte u.a. eine 1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG zur Kostenfestsetzung gegen den Kläger an. Zwar war der Prozessbevollmächtigte der Beklagten für diese vorgerichtlich tätig geworden. Eine hälftige Anrechnung einer Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr war nach Auffassung der Beklagten nicht vorzunehmen. Sie trug vor, dass keine Geschäftsgebühr i.S. der Anrechnungsvorschrift entstanden ist, weil sie mit ihrem Prozessbevollmächtigten für sein vorprozessuales Tätigwerden ein von einzelnen Aufträgen unabhängiges Pauschalhonorar vereinbart hat, das nicht unter Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG fällt. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass auf die Verfahrens- die Geschäftsgebühr anzurechnen ist, die ungeachtet abweichender Vereinbarungen nach der gesetzlichen Regelung fiktiv entstanden wäre. Die Beschwerde der Beklagten gegen die vom LG vorgenommene Kürzung der Verfahrensgebühr auf eine 0,65 Gebühr war beim OLG erfolgreich. Die Rechtsbeschwerde des Klägers wies der BGH zurück.
Entscheidungsgründe
Eine vereinbarte Vergütung ist keine gesetzliche und nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnende Geschäftsgebühr nach Nr. 2300-2303 VV RVG. Auf die Verfahrensgebühr ist bei abweichenden Gebührenvereinbarungen keine fiktiv entstandene gesetzliche Geschäftsgebühr anzurechnen, um so eine Gleichbehandlung mit den Fällen zu erreichen, in denen eine erstattungsberechtigte Partei ihren Prozessbevollmächtigten bereits vorprozessual beauftragt hat. Bereits aus dem Wortlaut von Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG ergibt sich, dass nur nach Nr. 2300-2303 VV RVG entstandene Geschäftsgebühren auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sind. Eine für das vorprozessuale Tätigwerden vereinbarte Pauschalvergütung wird daher nicht erfasst.
Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG unterscheidet sich auch sachlich von der vereinbarten Pauschalvergütung. Sie entsteht nach Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags mit Erbringung der ersten Dienstleistung des Gebührentatbestandes. Im Gegensatz dazu kann eine vereinbarte Pauschalvergütung für die Entstehung der Vergütung sowie zu Art und Umfang der hierdurch zu vergütenden Tätigkeiten anders anknüpfen. Insbesondere kann die gebührenrechtliche Angelegenheit anders als in §§ 16 ff. RVG vorgesehen vereinbart werden. Darüber hinaus ist bei einem Dauerberatungsmandat die Vereinbarung einer Vergütung für die Erledigung einer bestimmten Anzahl oder sämtlicher Rechtssachen eines Mandanten nach unterschiedlich gestalteten Mengen- oder Zeitabschnittspauschalen möglich. Zudem kann bei einer vereinbarten Pauschalvergütung in der Regel kaum ermittelt werden, welcher Anteil einer anzurechnenden gesetzlichen Geschäftsgebühr entsprechen würde.
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