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  • 30.07.2009 | Gebührenanrechnung

    Zur Anrechnung der Geschäftsgebühr

    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn

    1. Die Entstehung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG hat auf die Entstehung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG im nachfolgenden, denselben Gegenstand betreffenden Rechtsstreit keinen Einfluss. Die im Rechtsstreit entstandene Verfahrensgebühr gehört in vollem Umfang zu den Kosten des Rechtsstreits.  
    2. Die in Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG vorgeschriebene Anrechnung der Geschäftsgebühr mindert nicht die nach §§ 91, 104 ZPO festzusetzenden Kosten des Rechtsstreits. Sie betrifft den Vergütungsanspruch des bereits außergerichtlich mandatierten und tätig gewordenen Anwalts sowie einen hierauf bezogenen Erstattungsanspruch und kann gegenüber der Festsetzung des prozessualen Erstattungsanspruchs nach § 91 ZPO nur eingewandt werden, wenn wegen der Titulierung oder unstreitiger Erfüllung des materiellen Erstattungsanspruchs - insoweit - kein Anspruch auf Festsetzung nach § 103 ff. ZPO besteht (gegen BGH RVGprof. 08, 55, Abruf-Nr. 080865).  
    (KG 4.11.08, 1 W 395/08, Abruf-Nr. 092293)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Die Antragstellerin hat mit anwaltlichem Abmahnschreiben einen Unterlassungsanspruch wegen unlauterem Wettbewerb geltend gemacht. Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat das LG zurückgewiesen und der Antragstellerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat das LG gegen die Antragstellerin u.a. eine 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG (Verfahrenswert: 50.000 EUR) festgesetzt. Die Antragstellerin macht dagegen geltend, unter Beachtung der BGH-Rechtsprechung sei die bei den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin entstandene Geschäftsgebühr (Wert: 50.000 EUR) i.H. von 0,65 auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.  

     

    Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Das LG hat zutreffend die 1,3 Verfahrensgebühr festgesetzt. Unstreitig ist den Bevollmächtigten der Antragsgegnerin zwar eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG entstanden, die nach Maßgabe der Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen ist. Die Anrechnung als solche bewirkt jedoch nicht, dass die Verfahrensgebühr von vornherein nur in der um den Anrechnungsbetrag geminderten Höhe entstanden ist.  

     

    Praxishinweis

    Vorliegend hat der 1. Zivilsenat des KG seine ablehnende Haltung hinsichtlich der BGH-Rechtsprechung zur Anrechnung der Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr nochmals bekräftigt. Aufgrund der bisherigen Praxis des BGH, lediglich auf eine „inzwischen gefestigte Rechtsprechung“ zu verweisen und auf die geäußerten Argumente nicht mehr einzugehen, ist abzuwarten, bis die kommende Gesetzesänderung greift. Die Neuregelung des § 15a RVG wird kommen und am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten (vgl. RVG prof. 09, 104).