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  • Geschäftsgebühr
    Außergerichtliche Vertretung in Zivilsachen
    von Dipl.-Rechtspfleger Joachim Volpert, Düsseldorf
    Teil 2 VV RVG regelt die Gebühren für außergerichtliche Tätigkeiten des Anwalts. Der Beitrag erläutert die Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung in Zivilsachen nach Nr. 2400 bzw. Nr. 2402 VV RVG.
    Entstehung der Geschäftsgebühr
    Aus den Überschriften zu Teil 2, dort Abschnitt 4 ergibt sich, dass die Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG nur für die außergerichtliche Vertretung des Mandanten anfällt. Dagegen entsteht die Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO für alle sonstigen Tätigkeiten des Anwalts, die nicht in den Abschnitten 3 bis 11 BRAGO geregelt sind. Im isolierten Sorgerechtsverfahren fällt z.B. nach der BRAGO die Geschäftsgebühr an, § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Nach dem RVG entsteht dafür keine Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV, weil der Anwalt den Mandanten nicht außergerichtlich vertritt. Die Gebühren richten sich nach Teil 3 VV RVG.
    Praxishinweis: Die außergerichtliche Vertretung in Straf- und Bußgeldsachen sowie in Sonstigen Verfahren wird nach Vorbemerkung 2 Abs. 3 VV RVG nicht nach Nr. 2400 VV RVG abgerechnet. Vielmehr entstehen die in den Teilen 4 bis 6 VV RVG geregelten Gebühren (Burhoff, RVG prof. 04, 48). Für die außergerichtliche Vertretung in bestimmten sozialrechtlichen Angelegenheiten gelten Nr. 2500 und Nr. 2501 VV RVG. Die Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG entsteht nur, wenn der Mandant dem Anwalt einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung erteilt.
    Beispiel 1: Klageauftrag
    Mandant M beauftragt Rechtsanwalt R, 5.000 EUR einzuklagen. R fordert den Gegner aber zunächst außergerichtlich zur Zahlung auf. Dieser zahlt. Welche Gebühren kann R abrechnen?
    Lösung:
    R erhält eine 0,8 Verfahrensgebühr (Nr. 3101 Ziff. 1 VV RVG), da der Auftrag beendet war, bevor er die Klage bei Gericht eingereicht hat. Eine Geschäftsgebühr (Nr. 2400 VV RVG) ist nicht entstanden, weil R nur einen Prozessauftrag hatte. Dieser führt zur Entstehung der Gebühren nach Teil 3 VV RVG. R kann daher insgesamt 240,80 EUR netto ohne Auslagenpauschale abrechnen.
    Abgeltungsbereich der Geschäftsgebühr
    Nach Vorbemerkung 2.4 Abs. 3 VV RVG entsteht die Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Vertragsgestaltung. Umfasst sind Beratung und Information des Auftraggebers, mündliche oder schriftliche Auseinandersetzungen bzw. Besprechungen mit diesem, dem Gegner oder Dritten. Anders als bei § 118 BRAGO entsteht für die Teilnahme an Besprechungen mit dem Gegner oder Dritten keine Besprechungsgebühr mehr.
    Beispiel 2: Besprechung mit dem Gegener
    R macht einen Anspruch über 5.000 EUR für M außergerichtlich geltend. Nach einer Besprechung mit dem gegnerischen Anwalt zahlt der Schuldner. Welche Gebühren sind angefallen?
    Lösung:
    R erhält eine Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG, weil er beauftragt war, den Anspruch außergerichtlich geltend zu machen. Eine Terminsgebühr ist für die Besprechung mit dem gegnerischen Anwalt nach Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alt., Nr. 3104 VV RVG nicht entstanden, weil R keinen Prozessauftrag hatte. Dieser ist Voraussetzung für die Gebühren nach Teil 3 VV RVG.
    Höhe der Geschäftsgebühr
    Die Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG ist eine Satzrahmengebühr, die sich nach dem Gegenstandswert richtet. Der Anwalt bestimmt sie aus dem Rahmen von 0,5 bis 2,5 gemäß der Tabelle zu § 13 RVG (Onderka, RVG prof. 04, 42). Die Mittelgebühr beträgt 1,5 ([0,5 + 2,5] : 2). Nach der Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG beträgt der Schwellenwert aber nur 1,3.
    Bemessung der Geschäftsgebühr richtet sich nach § 14 RVG
    Der konkrete Gebührensatz bestimmt sich nach § 14 Abs. 1 S. 1 und 2 RVG (Onderka, RVG prof. 04, 56; Ergebnis der 48. Tagung der Gebührenreferenten der RA-Kammern in Freiburg am 20.3.04, dazu unten S. 116). Bei der Bemessung der Gebühr sind alle Umstände zu berücksichtigen. Ist der Umfang oder die Schwierigkeit der Tätigkeit überdurchschnittlich, kann der Schwellenwert von 1,3 überschritten werden, auch wenn die übrigen Kriterien (Bedeutung der Angelegenheit sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers) nur unterdurchschnittlich erfüllt sind (Burhoff/Kindermann, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz 2004, Rn. 123). Es ist keine Überschreitung der Schwellengebühr von 1,3 möglich, wenn alle oder einige der übrigen Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 und 2 RVG überdurchschnittlich erfüllt sind, Umfang und Schwierigkeit der Anwaltstätigkeit aber nur (unter-)durchschnittlich sind.
    Nur Umfang oder Schwierigkeit der Anwaltstätigkeit sind maßgeblich
    Für die Überschreitung des Schwellenwerts von 1,3 sind somit bei der Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG nur der Umfang oder die Schwierigkeit der Anwaltstätigkeit zu berücksichtigen. Die Rangfolge der in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG aufgeführten Kriterien ist gegenüber § 12 Abs. 1 BRAGO geändert worden. Der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind dort an die erste Stelle gerückt. Hierdurch wird dem mit dem RVG verfolgten Anliegen Rechnung getragen, den Zeitaufwand des Anwalts angemessen zu honorieren (Onderka, RVG prof. 04, 56).
    Praxishinweis: Auf Grund ihres erweiterten Abgeltungsbereichs kann die Teilnahme an Besprechungen zur Erhöhung der 1,3 Geschäftsgebühr führen. Denn diese können mehrmals stattfinden, lange dauern oder schwierig sein. Der Anwalt kann den überdurchschnittlichen Umfang oder die Schwierigkeit seiner Tätigkeit belegen, indem er den Zeitaufwand in der Handakte dokumentiert (Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, ABC-Teil: Rahmengebühren § 14 Rn. 10). Durch eine Vergütungsvereinbarung (§ 4 RVG) kann die Anwendung der Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG ausgeschlossen werden.
    Beispiel 3: Überdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse
    R fordert den Gegner nach Prüfung der Sach- und Rechtslage auftragsgemäß mit kurzem Schreiben zur Zahlung von 50.000 EUR auf. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des M sind überdurchschnittlich. Welche Gebühren sind dafür angefallen?
    Lösung:
    R kann nur eine 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG abrechnen, weil Umfang und Schwierigkeit seiner Tätigkeit durchschnittlich waren. Die überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des M sind für die Erhöhung der Regelgebühr (1,3) unerheblich.
    Schreiben einfacher Art
    Beschränkt sich der Auftrag auf ein Schreiben einfacher Art, entsteht die Geschäftsgebühr Nr. 2402 VV RVG (früher § 120 BRAGO) nur zu 0,3. Es kommt für die Anwendung von Nr. 2402 VV RVG nur auf den Inhalt des Auftrags, nicht auf die tatsächliche Tätigkeit an (BGH NJW 83, 2451). Das äußere Erscheinungsbild des Schreibens ist unerheblich (Burhoff/Kindermann, a.a.O., Rn. 132). Die Geschäftsgebühr entsteht daher, wenn dem Schreiben umfangreiche Prüfungen vorausgegangen sind (BT-Drucksache 15/1971, 207). Ein Schreiben einfacher Art liegt nach der Anmerkung zu Nr. 2402 VV RVG vor, wenn das Schreiben weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthält (z.B. Mahnungen, Kündigungen, einfache Zahlungsaufforderungen).
    Praxishinweis: Bezieht man die BGH-Entscheidung zu § 120 BRAGO (Abruf-Nr. 040324) auf das RVG, kann für eine Einwohnermeldeamtsanfrage eine besondere Geschäftsgebühr Nr. 2402 VV RVG nur anfallen, wenn die Anwaltstätigkeit nicht mit der Verfahrensgebühr nach Teil 3 VV RVG abgegolten ist.
    Beispiel 4: Schreiben einfacher Art
    Wegen des beim Verkehrsunfall entstandenen Schadens von 5.000 EUR prüft R die Sach- und Rechtslage und fordert die gegnerische Haftpflichtversicherung im kurzen Schreiben zur Zahlung auf. Nach kurzer telefonischer Rückfrage bei R zahlt sie. Welche Gebühren sind angefallen?
    Lösung:
    R kann eine 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG verlangen, weil sich der Auftrag nicht nur auf ein einfaches Schreiben, sondern auch auf die Prüfung der Sach- und Rechtslage erstreckte. Nach der Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG kann ein höherer Gebührensatz als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Zwar kann auf Grund des erweiterten Abgeltungsbereichs der Geschäftsgebühr die Durchführung von Besprechungen eine höhere Gebühr als 1,3 rechtfertigen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers fällt aber ein kurzes Telefongespräch für eine Erhöhung nicht ins Gewicht (BT-Drucksache 15/1971, 207).
    Mehrere Personen als Auftraggeber
    Die Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG erhöht sich nach Nr. 1008 VV RVG, wenn der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist, Anmerkung Abs. 1 zu Nr. 1008 VV RVG. Die Erhöhung richtet sich nach dem Betrag der gemeinschaftlichen Beteiligung, Anmerkung Abs. 2 zu Nr. 1008 VV RVG. Mehrere Erhöhungen dürfen nach Abs. 3 der Anmerkung zu Nr. 1008 VV RVG den Satz von 2,0 nicht übersteigen.
    Erhöhung der Geschäftsgebühr
    Zunächst wird die Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG innerhalb des vorgesehenen Gebührenrahmens von 0,5 bis 2,5 bestimmt. Die so ermittelte Gebühr erhöht sich für jede weitere Person um 0,3. Die in der Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG geregelte Kappung der Geschäftsgebühr auf 1,3 gilt nicht für die Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG. Beträgt der Gebührensatz der Geschäftsgebühr 1,3, kann der Anwalt somit zusätzlich die Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG berechnen. Es wird vertreten, dass mangels gesetzlicher Regelung der Erhöhung der Satzrahmengebühr in Nr. 1008 VV RVG eine Erhöhung des Mindest- und des Höchstbetrags für jede weitere Person um 0,3 vorzunehmen ist, so dass sich ein Gebührenrahmen von 0,8 bis 2,8 ergibt (Mittelgebühr 1,8, Schneider/Mock, Das neue Gebührenrecht für Anwälte, Rn. 44). Gegen diese Ansicht spricht, dass es sich bei der Satzrahmengebühr nach Bestimmung der Gebühr innerhalb ihres Rahmens um eine Wertgebühr handelt, deren Erhöhung in Nr. 1008 VV RVG gesetzlich geregelt ist.
    Beispiel 5: Vertretung mehrer Personen
    A, B und C beauftragen R mit der außergerichtlichen Geltendmachung einer Forderung über 5.000 EUR. Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage fordert R den Schuldner zur Zahlung auf. Die Tätigkeit des R war insgesamt durchschnittlich. Wie hoch ist die Geschäftsgebühr?
    Lösung:
    Die Geschäftsgebühr entsteht nach der Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG zunächst mit einem Gebührensatz von 1,3, da die Tätigkeit des R durchschnittlich umfangreich und schwierig war. Nach Nr. 1008 VV RVG erhöht sich die Geschäftsgebühr um insgesamt 0,6, weil R von insgesamt drei Personen wegen desselben Gegenstands beauftragt worden ist. Es entsteht also eine einheitliche Geschäftsgebühr mit einem Gebührensatz von 1,9. Der Schwellenwert von 1,3 gilt nur für eine Person als Auftraggeber. Eine Erhöhung bei Vertretung mehrerer Personen als Auftraggeber wird durch die Regelung des Schwellenwerts in der Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG nicht ausgeschlossen. R kann also bei einem Streitwert vom 5.000 EUR bei einer einheitlichen Geschäftsgebühr von 1,9 insgesamt 571,90 EUR abrechnen.
    Ist der Anwalt mit der Fertigung eines einfachen Schreibens beauftragt, ist bei mehreren Auftraggebern wie folgt abzurechnen:
    Beispiel 6: Einfaches Schreiben bei Vertretung mehrerer Person
    Die aus vier Personen bestehende Erbengemeinschaft beauftragt R, ein Kündigungsschreiben zu verfassen (Gegenstandswert 2.500 EUR). Wie hoch ist die Geschäftsgebühr?
    Lösung:
    Die Geschäftsgebühr entsteht zunächst mit einem Gebührensatz von 0,3. Da er von insgesamt vier Personen hinsichtlich desselben Gegenstands bauftragt worden ist, erhöht sich die Geschäftsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG für drei weitere Personen um insgesamt 0,9. Es entsteht eine einheitliche Geschäftsgebühr mit einem Gebührensatz von 1,2 in Höhe von 193,20 EUR.
    Quelle: RVG professionell - Ausgabe 07/2004, Seite 111
    Quelle: Ausgabe 07 / 2004 | Seite 111 | ID 106640