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  • 04.10.2010 | Kopierkosten

    Kosten eines zweiten Aktenauszugs

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    1. Grundsätzlich muss die Staatskasse nachweisen, dass die von dem Verteidiger geltend gemachten Auslagen zur sachgemäßen Wahrnehmung der Verteidigungsinteressen nicht erforderlich waren.  
    2. Zur Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten für einen kompletten zweiten - für den Beschuldigten vorgesehenen - Aktenauszug.  
    3. In BtM-Verfahren sind Auslagen für die doppelte Ablichtung von Telefonüberwachungsprotokollen i.d. Regel erstattungsfähig.  
    (LG Bad Kreuznach 27.7.10, 1043 Js 5548/08, Abruf-Nr. 103037)

     

    Sachverhalt

    Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger des Angeklagten, dem gemeinsam mit zwei weiteren Angeklagten Verstöße gegen das BtM-Gesetz zur Last gelegt wurden. Der Verteidiger hatte einen zweiten vollständigen Aktenauszug gefertigt und diesen dem Angeklagten zur Verfügung gestellt. Die Kosten für diesen Aktenauszug sind von der Rechtspflegerin nicht festgesetzt worden. Sie war der Ansicht, dass diese Kosten nicht zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit erforderlich waren (§ 46 Abs. 1 RVG). Auch bei einer umfangreichen und komplexen Sache sei es dem Verteidiger zuzumuten, die Angelegenheit anhand seines eigenen Aktenauszugs mit dem Mandanten zu erörtern. Die dagegen gerichtete Erinnerung des Verteidigers hatte beim LG teilweise Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das Verfahren war komplex. Drei Angeklagten wurden insgesamt 103 rechtlich selbstständige Handlungen zur Last gelegt. Beweismittel waren 21 Zeugen und zahlreiche Schriftstücke. Zudem waren im Ermittlungsverfahren umfangreiche Telefonüberwachungen durchgeführt worden. Ein Zeuge, der in seinem eigenen Strafverfahren auf eine Strafmilderung gemäß § 31 BtMG hoffte, hatte die Angeklagten stark belastet.  

     

    Die Notwendigkeit der Kopierkosten ist im Zweifel anzuerkennen, da die Staatskasse dem Verteidiger nachweisen muss, dass sie zur sachgemäßen Verteidigung nicht nötig waren. Das gilt nicht, wenn gewichtige Gründe ersichtlich sind, dass einzelne Auslagen unnötig verursacht wurden. Der Verteidiger muss dann die Erforderlichkeit belegen, wobei ihm ein gewisser Ermessensspielraum zusteht. Der Pflichtverteidiger ist gegenüber der Staatskasse aber stets zur kostensparenden Prozessführung verpflichtet. Nach diesen Maßstäben waren hier lediglich die Auslagen für die doppelten Kopien der Telefonüberwachungsprotokolle erforderlich und damit erstattungsfähig. Täter, die sich in größerem Umfang an Betäubungsmittelgeschäften beteiligen, rechnen mit Telefonüberwachungen und stellen ihr Verhalten darauf ein. In Telefonaten sprechen sie so gut wie nie offen. Für relevante Informationen, etwa Art und Menge der Drogen, andere Beteiligte und Treffpunkte, haben sie individuelle Codes entwickeln, die nur den Gesprächspartnern bzw. der jeweiligen Tätergruppe bekannt sind. Dies macht es dem Verteidiger ungewöhnlich schwer, seine Aufgabe sachgerecht zu erfüllen. Denn er verfügt i.d. Regel nicht über die notwendigen Hintergrundinformationen, um die volle Bedeutung solcher Telefonate zu erfassen und beurteilen zu können. Da es gerade auf einzelne Worte bzw. Verklausulierungen entscheidend ankommt, ist eine Zusammenfassung derart, dass der volle Inhalt erhalten bleibt, oft nicht möglich.