02.03.2010 | Mahnverfahren
Tipps zur Gebührenabrechnung im Mahnverfahren
von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn
Der folgende Beitrag zeigt anhand verschiedener Fallgestaltungen, wie Sie die Gebühren bei einer Vertretung im Mahnverfahren richtig abrechnen.
Verfahrensgebühr
Der Anwalt des Antragstellers erhält eine 1,0 Verfahrensgebühr (Nr. 3305 VV RVG), die sich bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags auf 0,5 ermäßigt (Nr. 3306 VV RVG). Mit dieser Gebühr werden alle Tätigkeiten pauschal abgegolten, die innerhalb des Mahnbescheidverfahrens erforderlich sind, also insbesondere Beratung über den Ablauf des Verfahrens, Formulierung des Antrags und Mitteilung eines eventuellen Widerspruchs an den Mandanten. Der Anwalt des Antragsgegners erhält eine 0,5 Verfahrensgebühr (Nr. 3307 VV RVG). Damit ist die gesamte Tätigkeit für die Vertretung des Schuldners im Mahnverfahren abgedeckt, also insbesondere Entgegennahme der Information, Prüfung der Erfolgsaussichten sowie Einlegung (und eventuelle Begründung) des Widerspruchs.
Wird der Anwalt des Antragstellers schon vor Einleitung des Mahnverfahrens tätig, hängt die Frage, ob er eine Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) oder eine Verfahrensgebühr (Nr. 3305 VV RVG) erhält, vom Inhalt seines Auftrags ab. Entscheidend ist, ob der Anwalt sofort mit einer Vertretung im Mahnverfahren oder mit einer Vertretung im außergerichtlichen Bereich beauftragt wurde.
Beispiel 1 |
A hat gegen B eine Forderung von 2.500 EUR. Er beauftragt Rechtsanwalt R, diese geltend zu machen. Sollte dies nicht zum Erfolg führen, möge R einen entsprechenden Mahnbescheid beantragen.
Lösung: In diesem Fall besteht ein Auftrag zur außergerichtlichen Tätigkeit, der eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöst. Erst für den Fall des Scheiterns der außergerichtlichen Bemühungen hat R einen (bedingten) Auftrag zur Einleitung eines Mahnverfahrens. |
Beispiel 2 |
A hat gegen B eine Forderung von 2.500 EUR. Er beauftragt Rechtsanwalt R, ein Mahnverfahren einzuleiten. R schickt B ein letztes Aufforderungsschreiben und droht mit gerichtlichen Schritten. Daraufhin zahlt B.
Lösung: Hier wurde ein Auftrag zur Vertretung im Mahnverfahren erteilt, auch wenn es letztlich bei einer rein außergerichtlichen Tätigkeit geblieben ist. R kann daher nur die Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV RVG geltend machen, die aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Auftrags lediglich in Höhe von 0,5 entstanden ist (Nr. 3306 VV RVG). |
Für den Anwalt des Antragsgegners wird eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG eher selten entstehen. Zumeist wird der Anwalt erst beauftragt, wenn dem Schuldner bereits der Mahnbescheid zugestellt wurde und dieser nun rechtlichen Rat sucht. In diesem Verfahrensstadium bezieht sich ein Auftrag jedoch immer auf eine Tätigkeit im Mahnverfahren und nicht auf eine außergerichtliche Vertretung.
Hat der Anwalt vor Einleitung des Mahnverfahrens bereits eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG für eine außergerichtliche Tätigkeit verdient, wird diese nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens angerechnet, wenn und soweit Gegenstandsidentität vorliegt.
Beispiel 3 | |||||||||||||||||||||||||||||||||
R macht für A eine Forderung in Höhe von 7.500 EUR außergerichtlich geltend (insgesamt durchschnittliche Tätigkeit). Als der Schuldner die Zahlung verweigert, leitet R auftragsgemäß hinsichtlich eines Betrages von 5.000 EUR ein Mahnverfahren ein. R kann folgende Gebühren abrechnen:
I. Außergerichtliche Tätigkeit (Wert: 7.500 EUR)
II. Mahnverfahren (Wert: 5.000 EUR)
|
Kommt es nach dem Mahnverfahren zum streitigen Verfahren, wird die Verfahrensgebühr gemäß der Anm. zu Nr. 3305 bzw. 3307 VV RVG auf die des Rechtsstreits angerechnet, wenn und soweit Gegenstandsidentität vorliegt.
Beispiel 4 | ||||||||||||||||||||||||
R macht für seinen Mandanten im Mahnverfahren 9.000 EUR geltend. Nach Widerspruch des Antragsgegners wird das streitige Verfahren (mit mündlicher Verhandlung) nur wegen eines Betrags von 5.000 EUR durchgeführt. Folgende Gebühren sind entstanden:
I. Mahnverfahren (Wert: 9.000 EUR)
|
Terminsgebühr
Im Mahnverfahren kann auch eine Terminsgebühr entstehen. Zwar sind hier keine gerichtlichen Termine vorgesehen. In Betracht kommt aber eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG, wenn der Anwalt eine Besprechung durchführt, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Mahnverfahrens oder des nachfolgenden streitigen Verfahrens gerichtet ist.
Beispiel 5 | ||||||||||||
Nach Zustellung des Mahnbescheides über 8.000 EUR meldet sich der Antragsgegner telefonisch beim Anwalt des Antragstellers und bietet diesem eine Ratenzahlung an, wenn der Mahnbescheidsantrag zurückgenommen wird. Die Einigungsversuche scheitern jedoch. Für den Anwalt des Antragstellers sind folgende Gebühren aus einem Wert von 8.000 EUR entstanden:
|
Erforderlich ist für die Entstehung einer solchen Terminsgebühr, dass der Anwalt bereits einen Verfahrensauftrag hat und dass eine Besprechung durchgeführt wird. Allein der Austausch von Schriftsätzen im Vorfeld oder anlässlich eines Mahnverfahrens reicht nicht aus, da der Begriff „Besprechung“ nur eine unmittelbare oder telefonische Kommunikation erfasst.
Eine im Mahnverfahren entstandene Terminsgebühr wird nach Abs. 4 zu Nr. 3104 VV RVG auf die Terminsgebühr eines nachfolgenden Rechtsstreits angerechnet, wenn der Auftrag für das streitige Verfahren nach dem 30.12.06 (Inkrafttreten der maßgeblichen Gesetzesänderung) erteilt wurde. Kommt es also im streitigen Verfahren zur mündlichen Verhandlung oder einer weiteren Besprechung i.S. von Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG, kann die Terminsgebühr im Ergebnis nur einmal abgerechnet werden.
Einigungsgebühr
Im Mahnverfahren kann der Anwalt auch eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 ff. VV RVG verdienen, wenn er an einem Einigungsvertrag der Parteien mitwirkt. Die Höhe der Einigungsgebühr hängt davon ab, ob sich die Einigung nur auf den Gegenstand des Mahnverfahrens oder auch auf weitere Forderungen bezieht.
Beispiel 6 | |||||||||||||||||||||
R macht im Auftrag des A 7.500 EUR im Mahnverfahren geltend. Bei einer telefonischen Besprechung einigen sich die Parteien, dass ein Betrag von 6.000 EUR gezahlt und der Mahnbescheid zurückgenommen wird. Hier haben sich die Parteien nur über den Gegenstand des Mahnverfahrens geeinigt, sodass R Gebühren aus einem Wert von 7.500 EUR abrechnen kann:
|
Beispiel 7 | |||||||||||||||||||||||||||
Wie im Beispiel 6; die Parteien einigen sich jedoch auch über weitergehende Ansprüche des A von 2.500 EUR, die nicht anhängig sind, hinsichtlich derer R aber bereits Klageauftrag hat. Hier kann R folgende Gebühren abrechnen:
|