30.04.2008 | Mehrere Auftraggeber
Richtig abrechnen bei mehreren Auftraggebern und deren Gesamtschuldnerhaftung
Bei Vertretung mehrerer Mandanten ist im Rahmen der Gesamtschuldnerhaftung § 7 Abs. 2 RVG zu beachten. Danach schuldet jeder Auftraggeber die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn der Anwalt nur in seinem Auftrag tätig geworden wäre. Dies wird selten beachtet. Vielmehr werden beiden Mandanten die Gesamtkosten in Rechnung gestellt. Die folgenden Beispiele zeigen, wie Sie richtig abrechnen.
Beispiel 1: Mehrere Auftraggeber (eine Angelegenheit, ein Gegenstand) | ||||||||||||||||||||||||||
Rechtsanwalt R ist beauftragt, für die Mandanten A und B eine diesen gemeinschaftlich zustehende Forderung in Höhe von 2.000 EUR geltend zu machen. Angefallen sind die Verfahrens- und Terminsgebühr.
Übliche, aber unzutreffende Abrechnung:
Korrekterweise sind jedoch zunächst die Gebühren zu berechnen, die der Anwalt gegenüber dem einzelnen Auftraggeber geltend machen kann, und zwar
R kann von jedem Auftraggeber 419,48 EUR verlangen, jedoch gemäß § 7 Abs. 2 RVG nicht mehr als insgesamt 466,96 EUR. |
Vielfach wird die Auffassung vertreten, die gesamtschuldnerische Haftung bestehe in der 1,3 Verfahrens- und 1,2 Terminsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, also in Höhe von 419,48 EUR. Damit ist aber das Schicksal der 0,3 Erhöhungsgebühr nicht geklärt. Denn bei Zahlung eines Mandanten in Höhe des Betrags von 419,48 EUR wird der andere Auftraggeber gemäß § 422 Abs. 1 BGB entlastet. Folge: Der Anwalt kann von keinem Auftraggeber die Erhöhungsgebühr verlangen. Dies kann jedoch nicht zutreffend sein. Vielmehr ist folgende Berechnungsmethode anzuwenden:
Abwandlung: Aufteilung der Erhöhungsgebühr | ||||||||||||||||||||||||||
Die Einzelhaftungen sind zu addieren und nach Abzug der Gesamtvergütung ergibt sich der verbleibende Betrag, für den beide Auftraggeber allein haften:
Insgesamt kann der Anwalt jetzt beanspruchen
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Die gleiche Methodik ist auch anzuwenden, wenn mehrere Auftraggeber den Anwalt in derselben Sache, jedoch mit verschiedenen Gegenständen beauftragt haben. In diesem Fall sind die Gebühren aus dem zusammengerechneten Wert gemäß § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG zu berechnen. Dies hat zugleich zur Folge, dass keine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG in Ansatz gebracht werden kann.
Beispiel 2: Mehrere Auftraggeber (eine Angelegenheit, verschiedene Gegenstände) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Unfallsache: R vertritt den Fahrzeughalter H wegen dessen Schadenersatzansprüchen von 5.000 EUR und den Fahrzeugführer F wegen dessen Schmerzensgeldansprüchen von 2.000 EUR. Die Vergütung des R errechnet sich aus den addierten Werten von 7.000 EUR wie folgt:
Der Aufteilungsmaßstab folgt aus § 7 Abs. 2 S. 1 RVG. Danach entfällt auf H aus einem Streitwert von 5.000 EUR folgender Betrag:
Auf F entfällt aus einem Streitwert von 2.000 EUR der Betrag von 419,48 EUR, s.o.
Die gesamtschuldnerische Haftung ergibt sich somit aus der
Hieraus errechnet sich nunmehr die jeweilige alleinige Haftung des
Insgesamt kann der Anwalt somit beanspruchen
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Praxishinweis: Zu der obigen Berechnungsmethode wird verwiesen auf AnwK-RVG N. Schneider, 3. Aufl., § 11 Rn. 188 ff. Die Berechnungsarten sind jedoch umstritten. Die vom OLG Koblenz in JurBüro 88, 1662 favorisierte Berechnungsmethode kann somit nicht zutreffend sein. Das Gericht ist der Ansicht, dass sich die Gesamtschuld nach dem Betrag richtet, den der Anwalt gleichmäßig von jedem einzelnen Auftraggeber fordern kann. Auch der Darstellung von Gerold/Schmitt/v.Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., zu Nr. 1008 VV Rn. 266 kann nicht gefolgt werden, da dort gänzlich die Erhöhungsgebühr außer Acht gelassen wird.