01.04.2006 | Mietrecht
Geschäftsgebühr für Kündigung wird bei nachfolgendem Rechtsstreit nicht angerechnet
1. Ist der Anwalt vorgerichtlich beauftragt worden, die Kündigung des Mietverhältnisses auszusprechen und erhält er später einen neuen Auftrag, auf Räumung zu klagen, wird die Geschäftsgebühr für die Kündigung nicht angerechnet, da Kündigung und Räumungsrechtsstreit verschiedene Gegenstände zu Grunde liegen. |
2. Jedenfalls bei Abrechnung nach dem RVG kommt eine Anrechnung nicht (mehr) in Betracht, da Vorbem. 3 Abs. 4 VV – anders als noch § 118 Abs. 2 BRAGO („anschließendes Verfahren“) – denselben Gegenstand voraussetzt, es aber gerade daran fehlt. |
(LG Mönchengladbach 30.9.05, 2 S 83/05, AGS 06, 6, Abruf-Nr. 060723) |
3. Der Gegenstandswert einer außergerichtlichen Kündigung bemisst sich nicht gemäß § 23 Abs. 1 S. 3, S. 1 i.V. mit § 41 Abs. 2 GKG nach dem Jahresmietwert, sondern gemäß § 23 Abs. 3 RVG i.V. mit § 25 KostO nach dem Dreijahresmietwert, sofern die streitige Zeit nicht kürzer ist. |
(LG Karlsruhe 14.10.05, 9 S 177/05, n.v., Abruf-Nr. 060724) |
Sachverhalt
In beiden Fällen erhielt der Anwalt zunächst den Auftrag, die Kündigung eines Mietverhältnisses auszusprechen. Später wurde er mit der Räumungsklage beauftragt. Für die außergerichtliche Kündigung rechnete er eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG ab, die im Räumungsrechtsstreit als gesonderte Schadensposition mit eingeklagt wurde. Im Fall des LG Mönchengladbach hatte der Anwalt als Gegenstandswert den Jahresmietwert zu Grunde gelegt, im Fall des LG Karlsruhe den Dreijahresmietwert.
Praxishinweis
Beide Gerichte lehnen die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des Räumungsprozesses ab. Nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV ist die Geschäftsgebühr für eine vorprozessuale Tätigkeit auf eine im Rechtsstreit nachfolgende Verfahrensgebühr nur (zur Hälfte) anzurechnen, wenn beide Tätigkeiten des Anwalts „denselben Gegenstand“ betreffen. Dieser Wortlaut ist gegenüber der BRAGO enger gefasst. Denn bei § 118 Abs. 2 BRAGO reichte ein innerer und zeitlicher Zusammenhang zwischen der vorprozessualen und der prozessualen Tätigkeit des Anwalts für eine Anrechnung. Eindeutig liegen aber verschiedene Gegenstände vor. Mit dem Ausspruch der Kündigung wird das Mietverhältnis und die Tätigkeit des Anwalts beendet. Der Räumungsanspruch entsteht erst auf Grund der Beendigung des Mietverhältnisses. Der Auftrag, ihn durchzusetzen, ist somit ein neuer Auftrag (OLG Köln AGS 04, 17; a.A. AG München JurBüro 03, 638).
Das LG Karlsruhe hat klargestellt, dass für die außergerichtliche Tätigkeit nicht der Jahresmietwert nach § 41 Abs. 2 GKG (§ 16 Abs. 2 GKG a.F.)gilt, sondern der Dreijahresmietwert nach § 25 KostO (so auch Onderka, RVG prof. 02, 45). Eine Kündigung selbst kann nicht (Streit-)Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sein und sich nicht nach § 23 Abs. 1 S. 3 RVG an einer entsprechenden gerichtlichen Anwaltstätigkeit orientieren. Eine Verweisung auf das GKG kommt nicht in Betracht. Auch Gegenstand einer Feststellungsklage kann nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein (§ 256 Abs. 1und 2 ZPO), damit also der Fortbestand oder der Wegfall eines Mietverhältnisses infolge einer Kündigung, nicht aber die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Kündigung selbst (BGH NJW 00, 354, m.w.N.).
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