01.03.2006 | PKH
Terminsreisekosten in Familien- und Zivilsachen
Der Beitrag erläutert, ob und in welchen Fällen die Beiordnung „zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwaltes“ nach § 46 RVG noch möglich ist und was insoweit im Festsetzungsverfahren für die Erstattung der Reisekosten nach Nr. 7003 bis 7006 aus der Staatskasse zu beachten ist.
Verhältnis zwischen § 126 BRAGO / § 46 RVG und § 121 Abs. 3 ZPO
§ 126 Abs. 1 S. 2 HS. 1 BRAGO schloss die Erstattung von Terminsreisekosten des beim Prozessgericht zugelassenen, dort aber nicht wohnenden bzw. residierenden beigeordneten Anwalts aus. Der beim Prozessgericht nicht zugelassene beigeordnete auswärtige Anwalt hatte dagegen nach § 126 Abs. 1 S. 2 HS. 2 BRAGO Anspruch auf Erstattung der Terminsreisekosten aus der Staatskasse. Somit stand HS. 2 im Widerspruch zu § 121 Abs. 3 ZPO, der regelt, dass der beim Prozessgericht nicht zugelassene Anwalt nur beigeordnet werden kann, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen. Weitere Kosten i.S. von § 121 Abs. 3 ZPO sind dabei z.B. die Kosten eines Terminsvertreters oder die Terminsreisekosten des auswärtigen Anwalts. Zur Auflösung des Widerspruchs wurde § 126 Abs. 1 S. 2 BRAGO nicht in § 46 RVG übernommen (BT-Drucks. 15/1971, 200). Ziel des § 121 Abs. 3 ZPO ist, möglichst nur beim Prozessgericht zugelassene Anwälte beizuordnen und dadurch Reisekosten zu vermeiden (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 121 Rn. 13). Die Frage der Reisekostenerstattung soll bereits im Rahmen der Beiordnung entschieden werden (Anw.Komm. RVG/Schnapp, 2. Aufl., § 46 Rn. 2).
BGH: Prüfung nach § 121 Abs. 3und 4 ZPO
In der Praxis erfolgt die Beiordnung häufig ohne nähere Prüfung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts. Der BGH hat diese Praxis im Scheidungsverbundverfahren beanstandet (NJW 04, 2749): Eine Beiordnung „zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts“ ist nur möglich, wenn auch sonst nur Kosten eines am Prozessgericht niedergelassenen Anwalts entstehen können. Bei der Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht zugelassenen Anwalts ist daher stets zu prüfen, ob besondere Umstände für die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwalts i.S. von § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen. Nur wenn keine besonderen Umstände vorliegen, darf der auswärtige Anwalt „zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts“ beigeordnet werden. Besondere Umstände sind z.B.
- rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten des Rechtsstreits,
- subjektive Fähigkeiten der Partei, z.B. Schreibungewandtheit, Unzumutbarkeit einer Informationsreise (Zöller/Philippi, a.a.O., § 121 Rn. 20),
- Unzumutbarkeit schriftlicher Information wegen des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung der Sache,
- Vergleich der Reisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten mit den Kosten eines Verkehrsanwalts.
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