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  • 29.10.2009 | RVG kompakt

    7 häufige Abrechnungsfehler bei der Vergütungsberechnung in Zivilsachen 2009

    von Dipl.- Rechtspfleger Joachim Volpert, Düsseldorf

    Der Beitrag zeigt 7 häufige Fehler bei der Abrechnung in Zivilsachen auf. Anschließend werden Entwicklungen zu einigen der in RVGprof. 07, 199 vorgestellten Abrechnungsfehler dargestellt.  

     

    Checkliste: 7 häufige Fehler bei der Vergütungsberechnung 2009
    1. Keine Abrechnung nach dem Auftragswert mit dem Mandanten
    Nach der BGH-Rechtsprechung ist bei der Streitwertberechnung in Schadenssachen zwischen dem Innenverhältnis (Rechtsanwalt - Mandant) und dem Außenverhältnis (Geschädigter - Schädiger) zu unterscheiden (BGH NJW 08, 1888 = AGS 08, 107; BGH RVGprof. 05, 137; BGH NJW 70, 1122). Im Innenverhältnis ist der Mandant verpflichtet, seinem Anwalt die nach dem Auftragswert geschuldete gesetzliche RVG-Vergütung zu zahlen. Der Auftragswert wird dabei durch das ursprüngliche Ersatzverlangen des Mandanten gebildet. Im Gegensatz dazu hat der Schädiger dem Geschädigten aufgrund des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nur die nach dem Erledigungswert berechneten Kosten zu ersetzen. Der Erledigungswert wird durch die sachlich berechtigte Schadensersatzforderung gebildet. Es muss daher zwischen dem Vergütungsanspruch gegenüber dem Mandanten/Auftraggeber und dem materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch des Mandanten/Auftraggebers gegenüber dem Versicherer unterschieden werden. Ergibt sich eine Differenz zwischen dem Auftrags- und Erledigungswert, ergeben sich weitergehende Vergütungsansprüche gegen den Mandanten bzw. dessen Rechtsschutzversicherung. Zur Verdeutlichung der Abrechnung bei unterschiedlichen Auftrags- und Erledigungswerten vgl. Volpert RVGprof. 09, 43; Zorn RVGprof. 05, 43 und 07, 154.

    Praxishinweis: Die Differenzierung zwischen Auftrags- und Erledigungswert gilt auch nach den Abrechnungsgrundsätzen in KFZ-Haftpflichtsachen (OLG Düsseldorf AGS 05, 372 = NJW-RR 05, 1155; N. Schneider, Fälle und Lösungen zum RVG, 2. Aufl., Rn. 18 und 26).

     

    2. Keine Erhöhung der Verfahrensgebühr bei mehreren Auftraggebern
    Im Fall des Übergangs von der außergerichtlichen zur gerichtlichen Vertretung entsteht bei Vertretung mehrerer Auftraggeber sowohl eine nach Nr. 1008 VV RVG erhöhte Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG als auch eine erhöhte Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG (KG JurBüro 08, 585 = AGS 09, 4; LG Düsseldorf MDR 07, 1164; LG Saarbrücken RVGprof. 09, 162). Es ist somit aufgrund der Benutzung des Worts „oder“ von der RSV nicht nur eine der beiden Gebühren mit Erhöhung zu erstatten (so aber AG Düsseldorf AGS 06, 593). Hierfür sprechen folgende Argumente:

     

    • Die in Nr. 1008 VV RVG benutzte Verknüpfung „oder“ stellt nur klar, welche Gebühren überhaupt erhöhungsfähig sind, nämlich die Gebühren, die im RVG als Geschäfts- oder Verfahrensgebühr bezeichnet werden. Nicht erhöhungsfähig ist daher z.B. die Einigungsgebühr.
    • Nr. 1008 VV RVG regelt nicht, welche Gebührenerhöhungen andere Gebührenerhöhungen ausschließen. Hierfür spricht der in Satz 2 der Anm. zu Nr. 3308 VV RVG geregelte Ausschluss der Erhöhung der Verfahrensgebühr Nr. 3308 VV RVG, wenn sich bereits die Mahnverfahrensgebühr Nr. 3305 VV RVG erhöht. Hätte der Gesetzgeber daher die Gebührenerhöhung bei der Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG und der nachfolgenden gerichtlichen Verfahrensgebühr ausschließen wollen, hätte er dies ausdrücklich in Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG geregelt.
    • Die Erhöhung sowohl der Geschäfts- als auch der Verfahrensgebühr ergibt sich daraus, dass Nr. 1008 VV RVG den Mehraufwand des Anwalts vergüten soll, den dieser durch die Vertretung mehrerer Auftraggeber in derselben Angelegenheit hat. Vertritt der Anwalt daher in verschiedenen Angelegenheiten jeweils mehrere Auftraggeber, entsteht die Gebührenerhöhung in jeder der Angelegenheiten. Die durch die Geschäftsgebühr abgegoltene außergerichtliche und die durch die Verfahrensgebühr abgegoltene gerichtliche Vertretung bilden für den Anwalt verschiedene Angelegenheiten (LG Düsseldorf, a.a.O.; OLG München Rpfleger 05, 571).

     

    3. Falsche Anrechnung der erhöhten Geschäftsgebühr bei mehreren Auftraggebern
    Teilweise wird vertreten, dass die Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG bei der Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG nicht unberücksichtigt bzw. anrechnungsfrei verbleiben darf, sodass daher auch die Erhöhung Nr. 1008 VV RVG analog Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG zur Hälfte anzurechnen ist (vgl. Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 14. Aufl., Vorbem. 3 VV Rn. 51 f.). Nach dieser Auffassung erhöht sich die Anrechnungsgrenze nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG für jeden weiteren Auftraggeber um 0,15. Zutreffend ist jedoch, der in Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG geregelten Anrechnung die nach Nr. 1008 VV RVG erhöhte einheitliche Geschäftsgebühr zugrunde zu legen. Deshalb ist die Hälfte der erhöhten Geschäftsgebühr, höchstens aber eine 0,75 Geschäftsgebühr anzurechnen (vgl. KG, a.a.O.; LG Saarbrücken, a.a.O.; LG Düsseldorf, a.a.O.). Die Anrechnungsregelung in Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG unterscheidet nicht zwischen der Vertretung eines oder mehrerer Auftraggeber. Nach Nr. 1008 VV RVG entsteht keine besondere „Erhöhungsgebühr“, sondern eine einheitliche erhöhte und anzurechnende Geschäftsgebühr. In Nr. 1008 VV RVG ist trotz Vorbem. 1 VV RVG kein eigenständiger Gebührentatbestand geregelt.

     

    4. Anrechnung der Geschäftsgebühr erst nach der Gebührenkürzung gemäß § 15 Abs. 3 RVG
    Insbesondere im Scheidungsverbund bei Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung ist darauf zu achten, dass eine Anrechnung der Geschäftsgebühr nur insoweit stattfindet, als der Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit auch Gegenstand des Verbundverfahrens ist bzw. wird, die Gegenstände der außergerichtlichen und der gerichtlichen Tätigkeit somit identisch sind, vgl. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 3 VV RVG.

    Beispiel 1 zur Anrechnung vor § 15 Abs. 3 RVG: Rechtsanwalt R fordert den Ehemann auftragsgemäß außergerichtlich zur Zahlung eines Zugewinnausgleichsanspruchs i.H. von 10.000 EUR auf und mahnt die Zahlung später an. Im Scheidungstermin kommt es nach Erörterung zur Einigung über den bislang nicht rechtshängigen Zugewinnausgleichsanspruch (Wert der Scheidung: 13.000 EUR; Wert des Zugewinnausgleichs: 10.000 EUR).

    Lösung:

    1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 10.000 EUR)  

    631,80 EUR  

    1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 13.000 EUR)  

    683,80 EUR  

    0,8 Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG (Wert: 10.000 EUR)  

    388,80 EUR  

    hierauf anzurechnen:  

     

    0,65 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 10.000 EUR)  

    - 315,90 EUR  

    verbleibende Verfahrensgebühr Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG  

    72,90 EUR  

     

     

    Summe der Verfahrensgebühren zu 2 und 3:  

    756,70 EUR  

    zu 2. u. 3. nach § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,3 Verfahrensgebühr (Wert: 23.000 EUR) mit  

     

    891,80 EUR  

    Die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG ist nur auf die nach dem Wert des Zugewinnausgleichsanspruchs (10.000 EUR) entstandene 0,8 Verfahrensgebühr Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG anzurechnen. Es findet somit eine Anrechnung auf die korrespondierende Verfahrensgebühr statt.

    Die Anrechnung auf die zugehörige Verfahrensgebühr muss vor der Kontrollrechnung nach § 15 Abs. 3 RVG vorgenommen werden, da bei der Anrechnung nach der Kürzung der Summe der Einzelgebühren gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr gewährleistet ist, dass nur auf die 0,8 Verfahrensgebühr Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG angerechnet wird (vgl. Horndasch/Viefhues/Volpert, Komm. zum Familienverfahrensrecht, Teil 3 Abschnitt 1 Anwaltsvergütung Rn. 114; OLG Stuttgart RVGprof. 09, 94; a. A: LG Bonn AGS 08, 484 Krause FamRZ 04, 148, 150). Dies verdeutlicht folgende Beispielrechnung (Geschäftsgebühr wie oben):

    Beispiel 2 zur Anrechnung nach § 15 Abs. 3 RVG:

    1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 10.000 EUR)  

    631,80 EUR  

    1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 13.000 EUR)  

    683,80 EUR  

    0,8 Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG (Wert: 10.000 EUR)  

    388,80 EUR  

    zu 1. u. 2. nach § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als eine 1,3 Verfahrensgebühr (Wert: 23.000 EUR)  

     

    891,80 EUR  

     

     

    hierauf anzurechnen:  

     

    0,65 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 10.000 EUR)  

    - 315,90 EUR  

    verbleibende Verfahrensgebühr  

    575,90 EUR  


    Lösung: Statt 756,70 EUR wie in Beispiel 1 beträgt die Verfahrensgebühr nur 575,90 EUR.

     

    5. Hinweispflicht gemäß § 49b Abs. 5 BRAO bei Wertgebühren vergessen
    Beim Übergang von der Beratung zur außergerichtlichen oder gerichtlichen Vertretung ist Vorsicht geboten, weil im Gegensatz zur Beratung (§ 34 RVG) für die außergerichtliche oder gerichtliche Vertretung Wertgebühren entstehen (vgl. Nrn. 2300 ff. VV RVG, Nrn. 3100 ff. VV RVG). Denn der Rechtsanwalt muss nach § 49b Abs. 5 BRAO vor Übernahme des Auftrags zur außergerichtlichen oder gerichtlichen Vertretung darauf hinweisen, dass sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten (OLG Hamm AGS 09, 428). § 49b Abs. 5 BRAO soll verhindern, dass der Mandant vor allem bei hohen Gegenstandswerten von der Abrechnung überrascht wird.

    Beispiel 3 (Beratung und außergerichtliche Vertretung): Für die auftragsgemäße Beratung über die Durchsetzung einer Unterhaltsforderung über 2.000 EUR mtl. haben Rechtsanwalt R und Mandant M ein Beratungshonorar i.H. von 500 EUR zzgl. Auslagen und Umsatzsteuer und den Ausschluss der Anrechnung der Beratungsgebühr vereinbart. R wirkt auftragsgemäß am Zustandekommen einer Vereinbarung über die Zahlung eines monatlichen Unterhalts i.H. von 1.500 EUR zwischen M und dem Unterhaltspflichtigen mit. Eine Honorarvereinbarung wird insoweit nicht getroffen. R rechnet gegenüber M neben dem Beratungshonorar über 500 EUR auch eine nach einem Wert i.H. von 48.000 EUR (§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG, § 42 Abs. 1 GKG bzw. § 51 Abs. 1 FamGKG) berechnete 1,3 Geschäftsgebühr (1.359,80 EUR; BGH RVGprof. 09, 55) sowie eine 1,5 Einigungsgebühr (1.569 EUR) ab. M ist damit nicht einverstanden.

    Lösung: Evtl. hat M gegen R einen Schadenersatzanspruch wegen pVV (Verletzung der Hinweispflicht) aus § 49b BRAO. M muss aber einen Schaden darlegen. Der BGH hat entschieden, dass der Rechtsanwalt, der den Mandanten vor Übernahme des Auftrags schuldhaft nicht darauf hinweist, dass sich die für seine Tätigkeit zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, dem Mandanten zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens verpflichtet ist (RVGprof. 07, 133, Abruf-Nr. 072146). Nach Auffassung des BGH führt der Verstoß gegen diese Hinweispflicht zwar nicht zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrags und zum Erlöschen des Vergütungsanspruchs, kann aber einen zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch (§ 280 Abs. 1 BGB, § 311 Abs. 2 BGB) des Mandanten gegen den Rechtsanwalt begründen. Der Auftraggeber ist nach § 249 BGB so zu stellen, wie er ohne das schädigende Verhalten des Rechtsanwalts gestanden hätte. Der Auftraggeber muss darlegen und beweisen, dass ihm durch die Verletzung der Hinweispflicht ein Schaden entstanden ist. Er muss somit vortragen, wie er auf den allgemeinen Hinweis, dass sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, reagiert hätte. Wenn in Beispiel 3 unterstellt wird, dass M auch nach Hinweiserteilung und ggf. Mitteilung der konkreten Höhe der Vergütung den außergerichtlichen Vertretungsauftrag erteilt hätte, ist durch den unterlassenen Hinweis kein Schaden entstanden.

    Der Anwalt sollte sich hierauf nicht verlassen. Aufgrund des Hinweises kann der Mandant nach der Vergütungshöhe fragen und für sich entscheiden, ob das Mandat fortgesetzt werden soll.

    Beispiel 4 (Unterlassener Hinweis): Der vom Rechtsanwalt betriebene Prozess geht verloren. Der Rechtsanwalt hat die Hinweispflicht nicht beachtet. Der Auftraggeber macht geltend, dass er den Rechtsanwalt bei erteiltem Hinweis nach § 49b Abs. 5 BRAO nach der genauen Höhe der Vergütung für den Prozess gefragt hätte. Bei Kenntnis über die Höhe der Vergütung (Forderung 2.000 EUR, Vergütung 1.000 EUR) hätte er von der gerichtlichen Durchsetzung der Forderung Abstand genommen, weil ihm dies unwirtschaftlich erscheint.

    Lösung: Der Schadenersatzanspruch des Mandanten kann hier begründet sein. Der Schaden besteht in der Vergütung seines eigenen, in der Vergütung des gegnerischen Prozessbevollmächtigten (vgl. § 91 ZPO) als auch in den vom Mandanten zu zahlenden Gerichtskosten.

    Die Hinweispflicht besteht auch, wenn sich der Streitwert etwa durch eine Klageerweiterung oder eine Widerklage ändert und sich dadurch die Vergütung erhöht (vgl. AnwKomm-RVG/N. Schneider/Rick, 4. Aufl., § 2 Rn. 47). Der Anwalt muss dann erneut auf die Abrechnung von Wertgebühren hinweisen.

    Beispiel 5 (Änderung des Gegenstandswerts): Rechtsanwalt R wird von M mit der Durchführung eines Prozesses über 5.000 EUR beauftragt. R erteilt den nach § 49b Abs. 5 BRAO erforderlichen Hinweis. R wird danach mit der Erweiterung der Klage über 10.000 EUR beauftragt. Der Gegner reicht Widerklage über 2.000 EUR ein. R wird mit der Verteidigung gegen die Widerklage beauftragt.

    Praxishinweis: Zur Erfüllung der Hinweispflicht reicht die kurze Erklärung aus, dass sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten.

     

    6. Einigungsgebühr - Übernahme der Kosten der Ratenzahlungsvereinbarung vergessen

    Wirkt der Rechtsanwalt in der Zwangsvollstreckung am Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung mit, ist der Schuldner nur zur Zahlung der Einigungsgebühr verpflichtet, wenn er die Kosten in der Ratenzahlungsvereinbarung übernommen hat. Denn die Kosten des Vergleichs sind dann als Zwangsvollstreckungskosten i.S. des § 788 ZPO anzusehen und damit vom Schuldner zu erstatten (BGH RVGprof. 07, 2; BGH VE 07, 64 und 76 = NJW 07, 1213).

    Praxishinweis: Es kommt für die Erstattung somit entscheidend darauf an, dass der Schuldner die Kosten der Einigung ausdrücklich in der Ratenzahlungsvereinbarung übernimmt. Denn nach der Rechtsprechung des BGH sind die Einigungskosten in entsprechender Anwendung von § 98 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn die Parteien keine Kostenübernahme durch den Schuldner vereinbart haben (BGH RVGprof. 07, 2; BGH NJW 06, 1598).

    Damit die in der Zwangsvollstreckung in Zusammenhang mit der Ratenzahlungsvereinbarung entfaltete Tätigkeit honoriert wird, empfiehlt sich folgende Musterformulierung:

    „1. Der Vollstreckungsschuldner verpflichtet sich, die Forderung in Höhe von ... EUR nebst ... Zinsen seit dem... in monatlichen Raten von ...EUR spätestens bis zum 10. eines jeden Monats an den Gläubiger zu zahlen.
    2. Kommt der Beklagte mit einer Rate mehr als 10 Tage in Verzug, wird der gesamte offene Restbetrag sofort fällig und vollstreckbar.
    3. Der Schuldner übernimmt die Vollstreckungskosten und verpflichtet sich, an den Prozessbevollmächtigten des Gläubigers, Rechtsanwalt ... (Name und Anschrift), für seine Mitwirkung an dieser Vereinbarung am.... einen Pauschalbetrag i.H. von... EUR zzgl. 19 Prozent Umsatzsteuer nebst Zinsen in Höhe von...EUR seit dem...zu zahlen.“

    Im Verhältnis zum eigenen Auftraggeber empfiehlt sich der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung gemäß § 4 RVG. Denn teilweise wird die Entstehung der Einigungsgebühr verneint, weil es an dem Merkmal „streitiges oder unsicheres Rechtsverhältnis“ fehlt (KG JurBüro 06, 530 = Rpfleger 06, 610; OLG Hamm RVGreport 05, 224).

    Diese Musterformulierung könnte für die Einigungsgebühr wie folgt lauten:

    „Der Rechtsanwalt ist berechtigt, für die Mitwirkung beim Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen eine Einigungsgebühr Nr. 1000 VV RVG auch dann zu berechnen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für diese Gebühr nicht erfüllt sind.“

     

    7. PKH: Keine weiteren Vergütungsansprüche bei Teil-PKH gegen Mandanten geltend gemacht
    Das Verfahren über die PKH zählt nach § 16 Nr. 2 RVG zum Rechtszug und bildet keine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit. Die Tätigkeit im PKH-Verfahren wird daher mit den im Prozess verdienten Gebühren abgegolten. Abs. 2 der Anm. zu Nr. 3335 VV RVG stellt darüber hinaus klar, dass die Werte der unterschiedlichen Gegenstände des PKH- und des Prozessverfahrens nicht zusammenzurechnen sind. Wird die beantragte PKH aber nur teilweise bewilligt und der Prozess nur im Umfang der PKH- Bewilligung betrieben, kommt neben dem aufgrund der Beiordnung im Wege der PKH erwachsenden Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ein weitergehender Anspruch gegen den Mandanten in Betracht. Die Forderungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO steht diesem Anspruch nicht entgegen, weil die Sperrwirkung nur im Umfang der PKH- Bewilligung greift (OLG Düsseldorf JurBüro 05, 321).

    Beispiel 6 (Klage im Umfang der teilweisen PKH-Bewilligung): Für die beabsichtigte Klage über 10.000 EUR wird PKH nur für einen Teilbetrag i.H. von 7.000 EUR bewilligt und die Klage erhoben.

    Lösung: Der Rechtsanwalt erhält aus der Staatskasse die nach einem Wert von 7.000 EUR berechneten und aus der PKH-Gebührentabelle (§ 49 RVG) abgelesenen Gebühren nach Nrn. 3100 bis 3105 VV RVG.

    Beim Mandanten kann der Anwalt folgende weitergehenden Gebühren geltend machen, die sich nach Nrn. 3335 VV RVG und der Wahlanwaltsgebührentabelle zu § 13 RVG richten:

     

    • Gebühren nach Nr. 3335 VV RVG nach einem Wert von 10.000 EUR
    • abzgl. Gebühren nach Nr. 3335 VV RVG nach einem Wert von 7.000 EUR

      Die Differenz kann beim Mandanten geltend gemacht werden.

     

    Praxishinweis: Ist PKH nur teilweise bewilligt worden, wird die Klage jedoch in vollem Umfang erhoben, darf der Rechtsanwalt lediglich die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung nach dem Gesamtstreitwert und der Wahlanwaltsvergütung nach dem Wert, für den er beigeordnet worden ist, verlangen (OLG Düsseldorf, a.a.O.).

    Beispiel 7 (Volle Klage bei teilweiser PKH-Bewilligung): Für die beabsichtigte Klage über 10.000 EUR wird PKH nur für einen Teilbetrag i.H. von 7.000 EUR bewilligt. Klage wird i.H. von 10.000 EUR erhoben.

    Lösung: PKH- Vergütung wie Beispiel 6
    Beim Mandanten kann der Rechtsanwalt folgende weitergehenden Gebührenansprüche geltend machen, die sich nach Nrn. 3100 ff VV RVG und der Wahlanwaltsgebührentabelle zu § 13 RVG richten:
    • Gebühren nach Nr. 3100 ff. VV RVG nach einem Wert von 10.000 EUR
    • abzgl. Gebühren nach Nr. 3100 ff. VV RVG nach einem Wert von 7.000 EUR

      Die Differenz kann beim Mandanten geltend gemacht werden.
     

    Nachgehakt: Aktuelle Entwicklungen

    Zu einigen der in RVGprof. 07, 199 vorgestellten Abrechnungsfehler (Checkliste „7 folgenschwere Abrechnungsfehler bei der Vergütungsberechnung in Zivilsachen“ im Online-Service) sind aktuelle Entwicklungen zu beachten:  

     

    Checkliste: Aktuelle Entwicklungen 2009

    Vereinbarung einer Zeittaktklausel (zu Ziffer 3 Checkliste aus 2007): Der BGH (AnwBl 09, 554) hat die gegen die Entscheidung des OLG Düsseldorf (AGS 06, 530) eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig bzw. unbegründet zurückgewiesen. Die vom OLG Düsseldorf bejahte missbräuchliche Ausnutzung des Viertelstundentakts sei eine Frage des Einzelfalls und der grds. Klärung durch den BGH nicht zugänglich. Das OLG Schleswig (AnwBl 09, 554) hält die Vereinbarung der Stundenabrechnung pro angefangener Viertelstunde dagegen für wirksam, zumal § 13 StBGebVO eine Abrechnung nach einem halbstündigen Zeittakt vorsieht.  

     

    Praxishinweis: Es empfiehlt sich weiterhin, von der Vereinbarung von Zeittaktklauseln abzusehen und eine minutengenaue Abrechnung zu vereinbaren.  

     

    Passivseite und Anrechnung der Geschäftsgebühr (zu Ziffer 5 Checkliste aus 2007): Der Gesetzgeber hat durch den am 5.8.09 in Kraft getretenen § 15a RVG klargestellt, dass die Anrechnung der Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §§ 103 ff. ZPO nur unter den in § 15a Abs. 2 RVG aufgeführten Voraussetzungen zu beachten ist. Für den obsiegenden Beklagten ist daher auch bei außergerichtlicher Inanspruchnahme eines Anwalts zur Forderungsabwehr regelmäßig eine volle Verfahrensgebühr gegen den erstattungspflichtigen Kläger festzusetzen.  

     

    Volle Terminsgebühr bei Endurteil im schriftlichen Verfahren (§ 495a ZPO) ohne Beteiligung des Beklagten (zu Ziffer 6 Checkliste aus 2007): Zu der Problematik liegt die erste obergerichtliche Entscheidung vor. Das OLG Düsseldorf hat festgestellt, dass sich die Terminsgebühr nicht nach Nr. 3105 VV RVG auf 0,5 ermäßigt, wenn das Gericht im Verfahren nach § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung anstelle eines möglichen Versäumnisurteils ein streitiges Endurteil erlassen hat (RVGprof. 09, 96). Entscheidend für die Entstehung der vollen Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG im Verfahren nach § 495a ZPO ist aber nicht, ob ein streitiges Endurteil oder ein Versäumnisurteil erlassen wird, sondern ob der Rechtsanwalt des Klägers bei Säumnis lediglich einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils bzw. zur Prozess- oder Sachleitung gestellt hat bzw. ob eine Entscheidung von Amts wegen zur Prozess- und Sachleitung getroffen wurde.  

     

    Praxishinweis: Es bleibt dabei, dass § 495a ZPO nur einschlägig ist in Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung. Das ist z.B. bei der Verwerfung des Einspruchs gegen einen Vollstreckungsbescheid oder bei einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO nicht der Fall (Volpert RVGprof. 09, 199, 202).  

     

    Vorsicht bei der Abtretung von Vergütungsforderungen an Verrechnungsstellen (zu Ziffer 7 Checkliste aus 2007): Nach dem am 18.12.07 in Kraft getretenen § 49b Abs. 4 BRAO sind Abtretung oder Übertragung einer Vergütungsforderung an Nicht-Rechtsanwälte (Verrechnungsstelle) nur zulässig, wenn eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. Einwilligung bedeutet gemäß § 183 BGB, dass zum Zeitpunkt der Abtretung die ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Mandanten vorliegen muss (Hansens RVGreport 08, 81). Ohne Einverständnis des Mandanten kann der Anwalt an die Verrechnungsstelle das Billigkeitsermessen zur Bestimmung einer Rahmengebühr (§ 14 RVG) nicht delegieren (BGH NJW-RR 09, 490).  

     

    Praxishinweis: Der Anwalt kann auch eine gegen die Staatskasse gerichtete Vergütungsforderung (z.B. bei PKH, Beratungshilfe, Pflichtverteidigung) unter den in § 49b Abs. 4 BRAO genannten Voraussetzungen an eine Verrechnungsstelle abtreten (OLG Düsseldorf JurBüro 08, 650). Allerdings muss die Verrechnungsstelle dann §§ 409, 410 BGB beachten (Abtretungsurkunde bzw. Abtretungsanzeige des Anwalts). Zudem muss der Mandant ausdrücklich der Abtretung der gegen die Staatskasse gerichteten Vergütungsforderung zugestimmt haben (OLG Düsseldorf, a.a.O. und NJW 09, 1614).