01.05.2007 | Selbstständiges Beweisverfahren
Teilidentität des Streitgegenstands mit dem Hauptsacheverfahren
1. Die Kosten eines vorausgegangenen selbstständigen Beweisverfahrens gehören auch dann zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens, wenn dessen Streitgegenstand und der Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens nur teilweise identisch sind. |
2. Dabei bleibt es auch dann, wenn die Hauptsacheklage zurückgenommen wurde. Die fehlende Kostengrundentscheidung im Hauptsacheverfahren kann nicht durch eine Entscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO ersetzt werden. |
(BGH 10.1.07, XII ZB 231/05, n.v., Abruf-Nr. 070618). |
Sachverhalt
Nach Beendigung eines Mietvertrags hat die Mieterin ein selbstständiges Beweisverfahren gegen die Vermieterin u.a. zur Feststellung der Schäden in der Wohnung durchgeführt. Das LG hat der Mieterin die der Vermieterin in diesem Verfahren entstandenen Kosten auferlegt, ohne ihr zuvor die von der Vermieterin beantragte Frist zur Klageerhebung gesetzt zu haben. Nach Aufhebung dieses Beschlusses durch das OLG hat das LG der Mieterin eine Frist zur Klageerhebung gesetzt und ihr erneut die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens auferlegt, da der Streitgegenstand der inzwischen erhobenen Klage nicht identisch mit dem des selbstständigen Beweisverfahrens sei. Beantragt war mit der Klage festzustellen, dass sie nach Rückgabe der Mieträume nicht verpflichtet sei, diese instandzusetzen. Die sofortige Beschwerde der Mieterin dagegen war erfolgreich. Dagegen richtet sich erfolglos die Rechtsbeschwerde der Vermieterin.
Entscheidungsgründe
Die gesamten Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens gehören auch dann zu den Kosten des Klageverfahrens, wenn nur Teile des Streitgegenstands zum Gegenstand der anschließenden Klage gemacht werden (ständige Rechtsprechung des BGH NJW 04, 3121; 05, 294; NJW-RR 06, 810). Die Klagerücknahme ändert nichts an der Zugehörigkeit der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens zu denen des Hauptsacheverfahrens. Sie werden von der Kostenentscheidung der Hauptsache nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO umfasst, wenn bei beiden Verfahren Parteien und Streitgegenstand identisch sind. Grundsatz: Über die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens ist stets im Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Ausnahme: Wurde trotz Fristsetzung keine Klage erhoben, darf eine Kostenentscheidung gemäß § 494a ZPO ergehen (BGH NJW 04, 3121). § 494a ZPO ist aber weder direkt noch analog anwendbar, wenn die Klage zurückgenommen wird und die Parteien und der Streitgegenstand beider Verfahren identisch sind.
Auch § 269 Abs. 3 ZPO, wonach der Rechtsstreit bei Klagerücknahme als nicht anhängig geworden gilt, ändert daran nichts. Denn er bleibt wegen der Kosten anhängig, § 269 Abs. 3 S. 2, Abs. 4, Abs. 5 ZPO). Die entstandenen Kosten werden von der Kostenentscheidung umfasst (BGH NJW 04, 2309). Daher gehören hier die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens zu den Kosten der Hauptsache. Die Parteien und der Gegenstand des selbstständigen Beweis- und des Hauptsacheverfahrens sind identisch. Die Antragstellerin hat sich in der Klage auch auf Tatsachen berufen, über die im selbstständigen Beweisverfahren Beweis erhoben wurde (§ 493 ZPO), und hat auf das dort erstattete Gutachten Bezug genommen.
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