01.07.2006 | Sozialrecht
Sozialgerichtliche Verfahren richtig abrechnen
Der folgende Beitrag erläutert, worauf Sie bei der Abrechnung des einstweiligen Rechtsschutzes und der sozialgerichtlichen Verfahren erster Instanz besonders achten müssen (zur Abrechnung sozialrechtlicher Mandate auch Schäfer, RVG prof. 06, 71, 88 und 106, neue Abonnenten können die Beiträge kostenlos anfordern: Fax: 02596 922-80, kein Fax-Abruf!).
Abrechnung des einstweiligen Rechtsschutzes
Im Hinblick auf den einstweiligen Rechtsschutz im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren sind § 16 Nr. 1 und § 17 Nr. 1 RVG zu beachten. § 16 Nr. 1 RVG betrifft die Verfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie jedes Verwaltungsverfahrens auf die entsprechende Abänderung oder Aufhebung. Konkret regelt § 86a Abs. 3 SGG die Aussetzung der Vollziehung durch die Verwaltung in Sozialrechtsfällen. Diese Fälle gelten gesetzlich als dieselbe Angelegenheit.
Merke: Aus § 16 Nr. 1 RVG folgt, dass auch im RVG keine gesonderte Abrechnung des Aussetzungsantrags etc. neben der Vergütung für das eigentliche Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren i.S. des SGG vorgesehen ist.
Klageverfahren vor dem Sozialgericht mit Betragsrahmengebühren
Für den ersten Rechtszug, regelmäßig die Klage vor dem Sozialgericht (SG), erhält der Anwalt folgende Gebühren:
- Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG: Sie fällt in Höhe von 40 bis 460 EUR (Mittelgebühr 250 EUR) an.
- Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG: Sie fällt nur einmal an, auch wenn mehrere Termine vor dem SG stattfinden. Der Rahmen der Terminsgebühr in erster Instanz beträgt gemäß Nr. 3106 VV RVG 20 bis 380 EUR, Mittelgebühr 200 EUR.
Wesentliche Fälle der fiktiven Terminsgebühr |
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- Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr Nrn. 1005, 1006 VV RVG: Wird in erster Instanz eine Einigung erzielt bzw. durch anwaltliche Mitwirkung eine Erledigung der Rechtssache erreicht, entsteht die Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr i.H. von 30 bis 350 EUR (Mittelgebühr: 190 EUR).
Beispiel: Gebührenberechnung im Verfahren erster Instanz (SG) | ||||||||||||||
Rechtsanwalt R vertritt den Kläger K im Streit um eine Schwerbehindertenfeststellung nach dem SGB IX erstmals im Prozess. Nach einem medizinischem Gutachten gibt die beklagte Versorgungsverwaltung ein Teilanerkenntnis zur Grad-der-Behinderung-Höhe ab. Nach dessen Besprechung nimmt R das Teilanerkenntnis schriftlich an und die Klage im Übrigen zurück. Es liegt eine durchschnittliche Angelegenheit mit durchschnittlichem Haftungsrisiko vor. Welche Gebühren kann R abrechnen?
Lösung: R kann folgende Gebühren abrechnen:
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Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung
Prozessual ist die Nichtzulassung der Berufung im Urteil, insbesondere aus den Gründen der Berufungsbeschränkung gemäß § 144 SGG, durch Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 SGG an das Landessozialgericht (LSG) anfechtbar. Eine Abhilfeentscheidung des SG ist nicht mehr vorgesehen. Vielmehr entscheidet das LSG durch Beschluss über die Zulassung der Berufung bzw. Ablehnung der Beschwerde, § 145 Abs. 4 S. 1, S. 2 SGG.
Vergütungsrechtlich greift die Verfahrensgebühr nach Nr. 3511 VV RVG von 50 bis 570 EUR (Mittelgebühr: 310 EUR) ein. Wird die Berufung auf die Beschwerde hin zugelassen und das Berufungsverfahren durchgeführt (§ 145 Abs. 5 SGG), wird die Gebühr nach Nr. 3511 VV RVG auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 VV RVG nach der Anm. zu Nr. 3511 VV RVG angerechnet.
Soweit mit ehrenamtlichen Richtern auf Grund mündlicher Verhandlung entschieden wird, ist eine Terminsgebühr für das Nichtzulassungsverfahren gemäß Nr. 3517 VV RVG i.H. von 12,50 bis 215 EUR (Mittelgebühr: 113,75 EUR) vorgesehen, die im nachfolgenden Berufungsverfahren nicht angerechnet werden soll (Klier, NZS 04, 469).