02.04.2009 | Straf- und Bußgeldverfahren
Rechtsschutzversicherung muss auch über die Festsetzung hinausgehende Kosten tragen
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
Kann ein Verteidiger von seinem Auftraggeber, der freigesprochen worden ist, innerhalb des gesetzlichen Gebührenrahmens des § 14 RVG eine höhere Vergütung verlangen als im Verfahren nach § 464b StPO gegenüber der erstattungspflichtigen Staatskasse festgesetzt worden ist, muss der Rechtsschutzversicherer des Auftraggebers den Unterschiedsbetrag übernehmen (AG Wiesbaden 22.9.08, 93 C 6107/07-17, n.v., Abruf-Nr. 083593). |
Sachverhalt
Die Rechtsschutzversicherung zahlte dem Rechtsanwalt für die Verteidigung des Angeklagten einen Vorschuss von 1.090,40 EUR. Der Angeklagte wurde freigesprochen. Der Verteidiger machte gegenüber der Staatskasse seine Kosten geltend, welche in Höhe von 771,40 EUR festgesetzt wurden. Die Rechtsschutzversicherung (RSV) verlangte Rückzahlung des gesamten Vorschusses. Die Klage hatte nur in Höhe von 771,40 EUR Erfolg.
Entscheidungsgründe
Ein über 771,40 EUR hinaus gehender Zahlungsanspruch der Rechtsschutzversicherung ist zu verneinen. Das AG hat zwar im Kostenfestsetzungsbeschluss des Strafverfahrens den Kostenerstattungsanspruch gemäß § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO auf lediglich 771,40 EUR festgesetzt. Diese gerichtliche Kostenfestsetzung ist für die Höhe der Kostenübernahmepflicht der Rechtsschutzversicherung im Verhältnis zu ihrem Versicherungsnehmer jedoch nicht bindend. Die Rechtsschutzversicherung muss den Differenzbetrag zahlen, wenn ein Verteidiger von seinem Mandanten, für den er einen Freispruch erzielt hat, innerhalb des gesetzlichen Gebührenrahmens eine höhere Vergütung verlangen kann, als im Verfahren nach § 464b StPO gegenüber der erstattungspflichtigen Staatskasse festgesetzt worden ist. Derjenige Versicherungsnehmer, der einen Freispruch erzielt, kann nicht schlechter gestellt sein, als derjenige, der verurteilt wird. Da im Falle der Verurteilung kein Dritter für die Kosten erstattungspflichtig ist, trägt der Rechtsschutzversicherer die Kosten in vollem Umfang. Dies muss erst recht bei einem Freispruch gelten, wenn die notwendigen Auslagen von der Staatskasse nicht vollständig zu erstatten sind.
Praxishinweis
Zur Begründung seiner zutreffenden Auffassung bezieht sich das AG auf die Entscheidung des BGH vom 14.7.72 (MDR 73, 308). Danach muss sich der Verteidiger im Verhältnis zu seinem Mandanten nicht auf die ggf. im Erstattungsverfahren festgesetzte geringere Gebühr verweisen lassen, sondern kann (für seinen Mandanten) von der Rechtsschutzversicherung den Unterschiedsbetrag zur höheren Vergütung fordern.
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